Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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für grössere Gebiete, nicht nur als Ergänzung der jetzigen 
Tachymetrie, selbständig ebenso gute Resultate wie die letztere 
zu liefern. 
Daß dann die bis jetzt mühsame Arbeit im Zimmer, die 
der kurzen Feldausnahme folgt, wesentlich verringert wird, liegt 
auf der Hand, und statt der bis jetzt billigeren Meßtisch- oder 
Theodolitaufnahme wird umgekehrt später das photographische 
Verfahren gestatten, mit geringeren Kosten zu arbeiten. 
Wasserwerks-Anlage bei Wala am Tesfin 
Mitteilung von Stadtbaurat Kölle in der Versammlung am 14. Januar 1899. 
Einige Stunden unterhalb des Ausflusses des Tessins aus dem 
Lago maggiore ist seit längerer Zeit ein Wehr in den Tessin einge 
baut, um das Wasser dem Kanal Vittoresi, dem Hauptbewässerungs 
kanal der lombardischen Ebene, zuzuführen. Um das weiter verfügbare 
Wasser des Tessins zu industriellen Zwecken auszunützen, hat sich in 
Mailand eine Gesellschaft gebildet, welche an dieser Stelle unter Be 
nützung eines verfügbaren Gefälls von 28 tn eine große Wasserwerks- 
Anlage von 16 000 PS. erstellen will. Die Wasserkraft soll durch 
10 Spiralturbinen in elektrische Energie umgesetzt und sowohl in der 
nächsten Umgebung wie auch in größerer Entfernung abgesetzt werden. 
Die Anlage ist derart geplant, daß das bisherige Wehr nebst 
Ueberlauf bestehen bleiben und neben dem alten Kanal ein neuer 
6 Um langer Kanal mit 0,15 °/vo Gefälle, 11,5 m Sohlen-, 18 m 
Wasserspiegelbreite und 3,5 m Tiefe angelegt wird. Die mittlere 
Durchflußmenge im Kanal soll 60 cbm in der Sekunde betragen, 
auch soll derselbe mit Schiffen befahren werden können. 
In seinem Lauf durchschneidet der projektierte Kanal den Berg 
rücken zwischen Vizzola und Castel novate und überschreitet hierauf 
das Thal mittelst eines 200 m langen Aquäduktes. Der letztere 
wird 10—11 m hoch über die Thalsohle zu liegen kommen und 
soll behufs Verringerung des Durchflußquerschnittes mit dem 10 fachen 
Gefälle des Werkkanals, d. i. mit 1,5°/»o Gefälle angelegt werden. 
Durch die Gefällsvermehrung kann der Kanalquerschnitt von 50 c^m 
auf 28 czm ermäßigt werden und demselben eine mittlere Breite von 
7,5 m und eine Wassertiefe von 3,9 m gegeben werden. Der Aquädukt 
soll in 2 durch Jsolationsfugen getrennten Teilen (dem tragenden 
Unterbau und dem wasserführenden Troge) erstellt werden. Letzterer 
soll aus Holz zusammengesetzt, durch eiserne Träger kräftig ver 
spannt und mit Thonschlag hinterfüllt werden. (Herr Stadtbaurat Kölle, 
welchem das Projekt zur Begutachtung zugestellt war, empfahl statt 
der Ueberführung die Unterführung des Kanals in der Sohle des 
Thales, ev eine Dücker-Anlage mit 2 großen Monier-Rohren, 
bei welchen sich die Kosten bedeutend vermindert haben würden und 
man unabhängig von den Temperaturschwankungen gewesen wäre. Da 
jedoch mit der Herstellung des Aquäduktes schon begonnen war, so 
konnte der als sehr zweckmäßig anerkannte Vorschlag keine Berück 
sichtigung mehr finden.) 
Der Schiffskanal besitzt 4 gekuppelte Schiffsschleusen von je 7 m 
Gefälle, 38 m Kammerlänge und 5,5 m oberer und 6,5 m unterer 
Breite. Die Thore sind von Holz ohne Schützenzüge. Um an Hohe 
bei den unteren Schleusenthoren zu sparen, ist beim Durchgang in 
die zweite Schleuse nur die für die Schiffe erforderliche Durchfahrts 
höhe freigelassen, das übrige ist durch Quermauern abgesperrt. Eine 
weitere Eigentümlichkeit ist die Unterwölbung des Drempels, wodurch 
an Bauerwerk gespart und ein freier Raum für den Einlauf des 
Füllwassers vor und hinter den Schiffen erzielt wird. 
Die Umläufe sind einseitig mit Regulierkammer am Oberhaupt 
der oberen Schleuse und Vorkammer vor dem Schleusenhaupt mit 
Wechselschieber in Ventilform versehen. 
Verschiedenes. 
Grundsätze für das Verfahren bei Wettbewerben im Gebiete 
der Architektur und des Bauingenieurwesens. Zur Regelung des 
Verfahrens bei Wettbewerben im Gebiete der Architektur und des 
Bauingenieurwesens hat der Verband deutscher Architekten- und In 
genieur-Vereine Grundsätze aufgestellt, welche sich auf die Vorbereitung 
des (öffentlichen und beschränkten) Wettbewerbs, die Aufstellung des 
Programms, die Prüfung und Preisverteilung, die Preisbemessung 
und daS Eigentumsrecht, sowie auf die Ausstellung der Arbeiten be 
ziehen. Der Verband empfiehlt seinen Mitgliedern, weder das Preis 
richteramt zu übernehmen, noch sich an den Wettbewerben zu be 
teiligen, falls gegen diese Grundsätze verstoßen wird. Das im 
Kommissionsverlag von Ernst Toeche in Berlin erschienene Schrift- 
chen enthält einen Anhang, betreffend Regeln für das Verfahren 
des Preisgerichts bei öffentlichen Wettbewerben, em 
pfohlen vom Verbände. 
Ergebnisse der Preisbewerbung der K. Technischen Hochschule 
in Stuttgart vom Jahr 1898. Von den Aufgaben der sechs Fach 
abteilungen haben diejenigen der Abteilung für Bauingenieurwesen 
eine und der Abteilung für allgemeine bildende Fächer vier Bear 
beitungen gefunden. Von der erstgenannten Abteilung war folgende 
Aufgabe gestellt: 
Es soll ein Hauptträger von Oeffnung IV der neuen Cannstatter 
Neckarbrücke (IV. Oeffnung von Berg aus) für den Fall berechnet werden, 
daß ohne Aenderung der allgemeinen Anordnung behufs Herstellung eines 
Bogenfachwerks zwischen den Vertikalen Diagonalen eingefügt wären. Die 
Vertikalen mögen für die Berechnung von der Trägermitte aus in Abständen 
von 2,4 in liegen. Nach Bestimmung der Querschnitte sind die Vertikal 
bewegungen des Bogenscheitels durch Belastungen, Temperaturänderungen 
und kleine Aenderungen der Spannweite (infolge von Pfeilerbewegungen) 
für die neue Anordnung zu ermitteln und mit den für die Ausführung er 
haltenen (S. 287 der zweiten unten erwähnten Schrift) zu vergleichen. Zur 
Vereinfachung der Berechnung kann von allen Ermittelungen, welche für die 
Bestimmung der Querschnitte und Scheitelbewegungen des Hauptträgers 
nicht nötig sind, abgesehen werden. Auch soll gestattet sein, für die Dimen 
sionierung, neben dem ursprünglich angenommenen Eigengewicht von 2100 kg 
per Meter Träger und dem Einfluß der Straßenwalze nur folgende Ber 
kehrsbelastungen von 1400 kg per Meter belasteter Strecke in Betracht zu 
ziehen: a) Vollbelastung des Bogens; b) Belastung der ersten Bogenhälfte; 
o) Belastung der zweiten Bogenhälte; ä) Belastung der mittleren Hälfte der 
Spannweite. Sowohl der Untergurt als der Obergurt soll aus einer Vertikal 
platte von konstanter Höhe und Stärke und Winkeleisen von konstantem 
Querschnitt bestehen, während die Veränderlichkeit der Gurtungsquerschnitte, 
soweit mit der Einfachheit der Konstruktion verträglich, durch Horizontal 
platten zu bewirken ist. Bon künstlicher Ueberhöhung der Bogen kann ab 
gesehen werden. Im übrigen sollen alle Bedingungen den für die Ausführung 
maßgebend gewesenen entsprechen, worüber Aufschluß geben: v. Leibbrand, 
Die König Karls-Brücke, Berlin 1895; Weyrauch, Die elastischen Bogen 
träger, München 1896, IV. Abschnitt. 
Dem Verfasser der eingegangenen Lösung, Wilhelm Frank 
von Stuttgart, Studierender der Hochschule, wurde der Preis zuerkannt. 
Dem Urteil über die Arbeit ist u. a. zu entnehmen: 
Die Aufgabe der Abteilung für allgemeine bildende Fächer 
lautete: 
Zwei nach der Natur in Wasserfarben künstlich ausgeführte Architektur 
studien (Außen- oder Innenansicht). Größe nicht unter 0,60 zu 0,45 m. 
Begleitschrist beizugeben. 
Der Preis wurde der Arbeit des Regierungsbauführers Hugo 
Eberhardt von Heilbronn zuerkannt, welcher auf einem Blatt mit 
dem „Sommerrefektorium des Klosters Maulbronn" das Zeichnerische 
und die Perspektive, auf dem andern Blatt mit dem „Wegereiterhaus 
im alten Spital zu Rothenburg" das rein Malerische zur Geltung 
brachte. 
Drei weiteren Arbeiten wurde je eine öffentliche Belobung 
zugesprochen; ihre Verfasser sind die Studierenden der Architektur: 
Martin Mayer von Stuttgart, Christian Schrade von Mehr 
stetten O.-A. Münsingen und Johannes Müller von Stuttgart. 
Äeranogegeden vom Württeml». Herrin für tSanknnde. Für denselben: Äauinspektor Neihling. — Druck voll Älfrei) Malier « tto. — Verlag von S. Weise 
Hofbuchhandlung, sämtlich in Stuttgart.
	        
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