Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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Arotokoss der vierte« ordentlichen Versammlung 
am 25. März 1899. 
Vorsitzender: v. Euting. Schriftführer: Laistner. 
Anwesend: 37 Mitglieder und 1 Gast. 
Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung mit dem Anfügen, 
daß er, da der Vereinsvvrstand erkrankt und dessen Stellvertreter 
gleichfalls am Erscheinen verhindert sei, die Leitung der heutigen 
Verhandlungen übernehme, und begrüßt sodann als Gast den Herrn 
Oberkonsistorialrat Merz. 
Eingelaufen sind: 
1) ein Schreiben von Fräulein Egle, worin sie dem Vereine und 
insbesondere Herrn v. Euting für die ihr anläßlich des 
Todes ihres Vaters bekundete Teilnahme und die dem Ver 
storbenen erwiesene letzte Ehrung dankt; 
2) eine Austrittserklärunng von Oberinspektor Ritter; 
3) vom Verband die Anzeige der Verlegung seines Geschäfts 
hauses; 
4) der Geschäftsbericht der Renten- und Pensionsanstalt für deutsche 
bildende Künstler in Weimar und 
5) eine Anzahl Prospekte der süddeutschen Versicherungsbank für 
Militärdienst und Töchterausstener in Karlsruhe. 
Nachdem der Vorsitzende noch das Protokoll der Versammlung 
vom 11. Februar in Umlauf gesetzt, erteilt er das Wort an Baurat 
Dolmetsch zu den auf der Tagesordnung stehenden „Mitteilungen 
über Kirchenrestaurationen". 
Redner giebt zunächst einleitend näheren Einblick in die Schwierig 
keiten, mit denen der Architekt bei Wiederherstellungs- und Erweite- 
rnngsarbeiten an Kirchen zu kämpfen hat, worunter gewöhnlich der 
Mangel an Mitteln obenan steht. In den Bauten selbst aber ergeben 
sich aus der ursprünglichen Anlage oder weit häufiger noch aus 
späteren wenig sachverständigen Urn- und Einbauten die mannig 
fachsten Unannehmlichkeiten. Redner, der im Verlaufe von zwei 
Jahrzehnten sich mit etwa 60 Kirchenrestaurationen befaßt hat, geht 
nun an der Hand überaus zahlreicher Pläne in eine Einzclerörterung 
seines Gegenstandes ein und führt dabei der Versammlung ein sehr 
reichhaltiges, ansprechendes Material vor, wofür diese am Schluffe 
ihren Dank durch lebhaften Beifall bekundet. 
Der Vorsitzende nimmt noch Anlaß, dem Redner für seinen lehr 
reichen Vortrag zu danken, und giebt der Hoffnung Ausdruck, es 
möge dem Verein im Laufe des Jahres noch ermöglicht werden, 
eine der hauptsächlichsten Restaurationen des Vortragenden — die 
jenige der Marienkirche in Reutlingen — unter dessen persönlicher 
Führung zu besichtigen. 
Ueber die Nersinkuiig der Domunmsser Wischen Immendingen und Möhringen 
im Grohherwgtnm Baden. 
Aus dem von Bauinspektor Gugeuhan am 11. März 1899 gehaltenen Vortrag. 
(Mit 1 Figurentafel.) 
Die Brig' und die Breg 
Bring'n die Donau z'weg! 
so lautet das alte Sprichwort. 
Diese beiden Quellbäche entspringen, wie dies die Figuren 2 
und 3 zeigen, im Urgebirge des Schwarzwalds oberhalb Villingen 
bezw. Furtwangen in einer Meereshöhe von etwa 1000 m auf 
badischem Gebiet; in kurzem Laufe durchbrechen sie die Buntsandstein- 
und Muschelkalkformation. In der Nähe des Vereinigungspunkts 
beider Bäche liegt Donaueschingen, dessen Umgebung sehr reich ist an 
den herrlichsten Quellen, die die dort anstehende Lettenkohle zu Tage 
fördert. Die größte dieser Quellen, die in dem fürstlich-fürstenberg'- 
schen Schloßgarten in der Nähe des Schlosses entspringt, ist wahr 
haft fürstlich gefaßt und trägt die Inschrift: 
„Donauquelle. Ueber dem Meere 672 m 
Bis zum Meere 2840 km.“ 
Die Bevölkerung, die keinem der beiden muntern Schwarzwald 
flüsse den Vorzug geben wollte, hat trotz der umfangreichen gelehrten 
Gegenschriften des vorigen Jahrhunderts den Donauursprung hieher 
gelegt. 
Als Donau durchströmen die Wasser alsdann in wenigen Kilo 
metern Länge den ganzen Keuper, den schwarzen und braunen Jura 
und erreichen südlich von Geisingen in breitem Thale den weißen Jura. 
Dem Flußlauf nach gemessen, etwa 25 km unterhalb Donau 
eschingen und etwa 8 km oberhalb der Württembergischen Landes 
grenze bei Tuttlingen, nähert sich das Donaubett in den badischen 
Gemarkungen Jmmendingen und Möhringen dem rechtsseitigen Steil 
hang, der aus den Betakalken des Weißen Jura besteht, dessen 
Schichten mit etwa 20°/«« gegen Südosten fallen, und giebt ganz 
allmählig, auf etwa 5 km Flußlänge, ihr Wasser, wie allgemein 
bekannt, bei niederem Stande ganz, bei höheren Ständen in ent 
sprechender Menge, an die in den Untersee mündende Radolfzeller 
Aach und damit an den Rhein ab. 
Bevor die näheren Umstände der Versinkung geschildert werden, 
soll in Kürze ein Ueberblick über die geognostischen Verhältnisse und 
über die hydrographischen Veränderungen in der weiteren Umgebung 
an Hand der Forschungsergebnisse der Geologen Br anco, E. Fraas 
O. Fraas und Platz gegeben werden. 
Die Juraablagerungen, die sich uns heute als eine von Lyon 
bis Coburg in der Richtung von Südwest nach Nordost streichende 
Gebirgskette darstellen, sind reine Meeeresablagerungen; dieses süd 
deutsche Jurameer überflutete nicht nur die Lande der heutigen Alpen, 
die zu jener Zeit noch nicht vorhanden waren, sondern auch die 
höchsten Spitzen des heutigen Schwarzwalds und der Vogesen und 
hieng mit dem französischen und englischen Jurameer zusammen. 
Mit dem Schluffe der Juraperiode war ganz Süddeutschland — mit 
Ausnahme kleiner Teile des heutigen Allgäus — dem Meere ent 
hoben und blieb Festland während der ganzen Kreidezeit und während 
der ältesten (eocänen) Tertiärzeit. Zu jener Zeit haben wir uns 
daher die Stellen der heutigen Städte Stuttgart, Freudenstadt, Straß- 
burg viele hundert Meter hoch mit Lias, braunem und weißem Jura 
überlagert zu denken. 
Das ganze oder teilweise Verschwinden dieser Juraschichten und 
damit die Bildung der heutigen Oberflächengestaltung vollzog sich 
nun aber im heutigen Rhein-Neckar-Gebiet in vollständig anderer 
Weise, als im heutigen Oberschwaben und in den angrenzenden 
bayrischen Landesteilen. 
Der nördliche Teil des Jura wurde in der nun folgenden un 
geheuer langen, bis heute fortdauernden Festlandzeit erodiert, d. h. 
die meteorischen Wasser lösten die wenig wetterbeständigen Schichten 
nach und nach chemisch auf und führten sie in senkrechten Abschnitten 
auf mechanischem Wege fort. Derselbe Prozeß spielte sich mit den 
nach der Abführung des Jura zu Tage tretenden Keuper-Muschel- 
kalk- und Buntsandsteinschichten ab und legte schließlich sogar die 
Urgebirgsschkchten des Schwarzwalds, den Gneis, Granit und Porphyr 
in der Weise blos, wie wir sie heute an unserer Erdoberfläche sehen und 
wie dies der schematische Durchschnitt durch die Alb in Figur 4 zeigt. 
Dem südlichen Teile des Jura, der heutigen oberschwäbisch 
bayerischen Hochebene, war ein anderes Los beschicken. Dieser Teil 
sank allmählig in die Tiefe. Der Abbruch erfolgte jedoch nicht längs 
einer Spalte, sondern vielmehr stufen- oder treppenförmig, in der 
Art, daß die obersten Schichten des weißen Jura, dessen Zetabänke,
	        

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