Die fiktionale oder mimetische Gattung
betonte Stellungnahme des Referierenden zum Referierten klingt immer mit
an in der abhängigen Rede, wobei die Stellungnahme sich mehr auf den Ge
währsmann oder mehr auf den Inhalt von dessen Aussage beziehen kann.
Wie auch immer, so hat die indirekte Rede in der Wirklichkeitsaussage eine
(mindestens) dreifache Schichtung, bestehend aus dem primären Aussage
subjekt, dem sekundären Aussagesubjekt und dessen Aussageobjekt. Diese
Schichtung, d. h. die Anwesenheit des primären Aussagesubjekts, der realen
Ich-Origo, tritt in der mündlichen indirekten Rede deutlicher (oft emotio
nell) hervor als in der schriftlichen, so vor allem in sehr sachlichen Darstel
lungen. Aber sie ist auch dort vorhanden. Wir schieben hier zwei weitere
Beispiele ein, die nun den Unterschied der indirekten Rede in der Wirklich
keitsaussage und in der Fiktion zeigen sollen. Denn wir können zu einem
solchen Vergleiche nur ein gleichfalls schriftliches Dokument einer Wirk
lichkeitsaussage benutzen. Die Historikerin und Dichterin Ricarda Huch
bietet uns hier ein dienliches Vergleichsmaterial, das dann auch zur weiteren
Erhellung des obigen Beispiels 3 und allgemeiner von diesem Problem her
der fluktuierenden fiktionalen Erzählfunktion überhaupt dient.
In Ricarda Huchs rein historischer Studie ,Wallenstein“ heißt es:
Wallenstein tue das närrischste Stück von der Welt, daß er auch die Katholiken an
greife, sagte der sächsische Geheime Rat Schönberg: würde er nur die Evangelischen be
drücken, so hätte er damit ein leichtes Spiel; und er bewies damit, wie wenig Verständnis
er für Wallenstein hatte.
Daneben setzen wir ein Stück aus dem Anfang ihres Werkes >Der große
Krieg in Deutschland«, eins der schönsten Beispiele ‘dichterischer’ Ge
schichtsschreibung, das aber darum nicht als historisches Dokument benutzt
werden kann und will, weil das Dichterische eben in der Fiktionalisierung
der historischen Vorgänge besteht - einer besonderen, nicht im gewöhnli
chen Sinne ‘romanhaften’ Fiktionalisierung, die aber bereits als solche jen
seits der kategorialen Grenze steht, die die Fiktion von der Wirklichkeits
aussage trennt. Wir vernehmen dies an der Form der indirekten Rede, die
in diesem Werke das wesentliche sprachliche Mittel zur Erzeugung dieser
höchst kunstvollen Fiktionalisierung ist. Dies ist sofort schon an dem An
fang des Werkes erkennbar, der aber nur typisch für die Erzählweise des gan
zen ist:
Im Jahre 1583 wurde im Schlosse zu Düsseldorf die Hochzeit des jungen Herzogs Jan
Wilhelm mit Jakobe von Baden so pomphaft und majestätisch gefeiert, wie es dem An
sehen des reichen Jülicher Fürstenhauses entsprach. Nachdem die Festlichkeiten abgelau
fen waren, verabschiedete sich der Kurfürst von Köln, Emst von Wittelsbach .. . von der
Braut, die seine Nichte war, und sagte zu ihr, er scheide leichteren Mutes, als er gekommen
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