8
In dem ersten provisorischen Statut der neugeschaffenen Stelle vom
7. August 1848 (Rgbl. S. 361) wurde in § 2 Z. 13 als eine ihrer mannig
faltigen Aufgaben »die Erwerbung von vorzüglichen Mustern, Werkzeugen
und Verfahrensarten und entsprechende Verwendung derselben für den
vaterländischen Gewerbestand« bezeichnet und darin das Samenkorn für
die Entstehung des Musterlagers niedergelegt. Damit war zugleich einer
solchen Sammlung, schon ehe sie in die Wirklichkeit trat, das Gepräge
aufgedrückt, dass sie ganz vorzugsweise dazu ausersehen sein solle, bei der
Erfüllung der der neuen Zentralstelle gesteckten allgemeinen Aufgaben, der
Pflege von Gewerbe und Handel, und insbesondere bei der Aufgabe, »den
Gewerbe- und Handelsstand mit ihrem Rate zu unterstützen«, als Mittel zu
dienen.
Noch ehe die Errichtung einer besonderen Sammlung ausdrücklich
beschlossen war, wurde schon auf die Erfüllung der in der genannten Z. 13
gestellten Aufgabe, vorzügliche Muster zu erwerben, Bedacht genommen.
Die ersten Erwerbungen, welche den unscheinbaren Anfang für ein künftiges
Musterlager bildeten, sind Muster für die Weberei gewesen. Durch
Herbeischaffung der neuesten Gewebemuster aus Paris sollten die kleineren
Gewerbetreibenden in den Stand gesetzt werden, ihre Fabrikation von Kleider
stoffen immer rechtzeitig der jeweiligen Mode anzupassen und so die Vorteile
zu gewinnen, mit welcher die Fabrikation nach den neuesten Dessins ver
bunden ist. Die erste Mustersendung dieser Art war vom Mittwoch dem
4. April 1849 an täglich von 10—12 Uhr vormittags in dem Gebäude des
K. Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten, Gymnasiumsstrasse Nr. 2,
im ersten Stocke, wo sich damals die Kanzlei der K. Zentralstelle befand,
zur öffentlichen Ansicht ausgelegt. Mit diesen von Jahr zu Jahr regelmässig
einlaufenden Mustersendungen ist der Grund für unsere grossartige Gewebe
mustersammlung von heute gelegt worden. Dabei wurde in der Person
eines Dessinateurs (Tanner), welcher mit Staatsunterstützung für diesen
Zweig der gewerblichen Zeichenkunst in Paris ausgebildet worden war, ein
Mann aufgestellt, welcher, ausgerüstet mit speziellen Kenntnissen in der
Weberei, den Gewerbetreibenden weiter beratend und unterstützend an die
Hand zu gehen, ihnen die durch die Muster gegebenen Motive weiter aus
zuführen und der Eigentümlichkeit der einzelnen Fabrikationsartikel sowie
dem Geschmack der Abnehmer anzupassen vermochte.
Bald folgten Ankäufe weiterer mustergültiger Produkte auf der fran
zösischen Industrieausstellung in Paris 1849 durch den technischen Rat der
K. Zentralstelle, Dr. Steinbeis, und den Beirat derselben, Fabrikant Weigle
von Ludwigsburg.
Um dieselbe Zeit war es, als das Kollegium der K. Zentralstelle in
seiner Sitzung vom IO. Oktober 1849 einstimmig die Anlegung einer
Sammlung ausgezeichneter Gewerbe-Erzeugnisse des In- und
Auslandes beschloss und die Genehmigung dieses Beschlusses von dem
K. Ministerium des Innern erbat. Hiebei ging das Kollegium von folgenden