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Vorlagen das Hauptgewicht auf die ornamentalen Gebilde gelegt. Unter
dieser Auffassung entstand in der Werkstätte der K. Zentralstelle eine
Reihe von Ornamentmodell - Serien, welche auserlesene Motive aus den
verschiedensten Stilarten darstellen. Dieselben erfreuten sich rasch einer
wohlwollenden Aufnahme und eines Absatzes über die ganze Welt; waren
sie doch viele Jahre hindurch die einzigen Lehrmittel dieser Art. Wenn
dieselben heute noch in Benützung stehen, so ist dies ein Beweis, dass
ihrer Schaffung ein pädagogisch richtiger Gedanke zu Grunde lag.
Nun handelte es sich aber weiter darum, nicht bloss für vorgeschrittenere
Schüler Vorlagen höherer Stufen, sondern auch für die verschiedenen ge
werblichen Berufsklassen spezielle Vorbilder zu schaffen, um das ganze
Material in der Sammlung der Gipsabgüsse zu ordnen. Hiebei ging man
foUendermassen vor. Zunächst vereinigte man die ornamentalen Mo-
delle (Kapitale, Säulenschäfte, Säulenfüsse, Friese und verzierte Gesimse,
Konsolen, Rosetten, Füllungen, Baldachine, Krabben, Kreuzblumen etc.) in
einer Hauptgruppe, welche nach Stilarten geordnet teils in einem Saal des
ersten Obergeschosses der Legionskaserne in der Nähe des offenen Zeichen
saals, teils in letzterem selbst untergebracht waren. Diese sog. Bauornamente
sollten Architekten, Bautechnikern, Bildhauern, Modelleuren, Stukkatoren,
Dekorationsmalern, Schreinern u. dergl. zum Gebrauch dienen, gleichzeitig
aber auch den mit der dekorativen Kleinkunst zusammenhängenden Gebieten
Anregung geben.
Von.ganz besonderem Werte war auch die hier angereihte Sammlung
von über Natur geformten Pflanzenabgüssen, welche nicht bloss zu
vergleichenden Studien über die Beziehungen der Ornamentformen der ein
zelnen Stilperioden zu den Naturformen, sondern auch zu einem eingehenden
Studieren der letzteren selbst zu dienen geeignet sind.
In der vorerwähnten Gruppe ornamentaler Modelle waren naturgemäss
nur solche Gegenstände enthalten, welche einzelne Teile eines Ganzen bilden;
die nächste Gruppe, »Gefässe und Geräte« führte die Gegenstände in
ganzer Gestalt vor, wieder nach Stilarten geordnet. Derartige Ziergegen
stände sollten dem Auge des Kunstgewerbetreibenden zeigen, wie durch
massvolle Anwendung von Zierkunst ein sonst nüchterner Gebrauchsgegen
stand unter Berücksichtigung seines Zweckes und der Eigenschaften seines
Materials zu einem künstlerischen Gebilde erhoben werden kann.
Wenn durch diese Gruppe den Bedürfnissen der Gold- und Silber
schmiede, Graveure, Ziseleure, Bildhauer, Maler, Modelleure, Zeichner u. dergl.
besondere Rechnung getragen wurde, so galt es weiter, den mit dem figür-
lichen Gebiet sich beschäftigenden Bildhauern, Malern, Modelleuren, Stukka
toren, Photographen, Lithographen, Holzschneidern, Zeichnern u. dergl. ein
Vorbildermaterial vorzuführen, welches zwar nicht die hohe Kunst, aber das
dekorativ-figürliche Gebiet aus allen Kunstperioden im allgemeinen umfassen
soll. Dies führte zur Schaffung der Gruppe »Tiere« mit den Unterab
teilungen »einzelne Tiere, Gruppen, Köpfe und Teile von Tieren, Relief