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Ueber das unabweisbare Bedürfnis einer Aenderung dieses Zustandes
wurden immer mehr Stimmen laut. Wir erwähnen z. B. eine hierauf ge
richtete, bei der Kammer der Abgeordneten eingelaufene und von dieser
durch Beschluss vom 21. Mai 1885 der K. Staatsregierung zur Kenntnis
nahme mitgeteilte Petition der acht Handels- und Gewerbekammern des
Landes. Insbesondere.war es aber auch das Gesamtkollegium der K. Zentral
stelle selbst, welches kräftig hiefür eintrat und auf Grund einer Beratung in
seiner Sitzung vom 21. März 1885 in einem eingehenden Berichte das Be
dürfnis für »Beschaffung eines grossen, massiven, würdig, wenn auch nicht
luxuriös ausgestatteten Gebäudes« überzeugend nachwies.
Die K. Staatsregierung brachte denn auch unterm 25. April 1887 bei
der Kammer der Abgeordneten eine Exigenz von 222000 jtl. aus dem Ver
mögen der Restverwaltung als erste Rate zur Herstellung eines — ohne
Grunderwerb- und Mobiliarkosten — auf 2074000 Jl. veranschlagten Neu
baues für die Sammlungen der Institute der gewerblichen Zentralstelle und
für verwandte Zwecke ein. Die erstgenannte Summe setzte sich zusammen
aus den Kosten für die Veranstaltung einer allgemeinen Konkurrenz unter den
deutschen Architekten, behufs Erlangung von Bauplänen und aus den Kosten
der Arrondierung des Bauplatzes.
Die Wahl des letzteren bildete vor allem den Gegenstand der Er
wägungen. Für den Neubau kamen in jener Zeit, in welcher die Frage
über den Neubau eines Rathauses für Stuttgart die Gemüter gewaltig auf
regte, zwei Baustellen in Betracht:
1. der Platz der Legionskaserne, in welcher schon seither die K. Zentral
stelle für Gewerbe und Handel untergebracht war,
2. der Platz der vormaligen Gardekaserne unter Zuziehung der alten
Garnisonskirche und des Hofwaschgebäudes, also das ganze Viereck zwischen
Kanzlei-, Linden-, Schloss- und Hospitalstrasse.
Für den ersteren Platz hatte sich nach den eingehendsten Erwägungen
der Verwaltungsausschuss der K. Zentralstelle einstimmig ausgesprochen
mit der Begründung, dass derselbe bei seiner Lage im Zentrum der Stadt,
am Endpunkt der Königsstrasse und beim Zusammentreffen der bedeutendsten
Verkehrsstrassen für ein Gewerbemuseum geradezu prädestiniert erscheine
und das Publikum die »Zentralstelle« dort zu suchen seit vielen Jahrzehnten
gewohnt sei.
Die Regierungs-Exigenz ging aber von der Wahl des Gardekasernen
platzes aus mit der Begründung, dass derselbe ringsum auf allen vier Seiten
von breiten Strassen begrenzt sei (während der Legionskasernenplatz mit
130 m seiner Begrenzungslinie an nachbarliche Gebäude und Grundstücke
anstosse), dass seine Lage in der Nähe des Bahnhofes und Schlossplatzes
als wesentlich weniger günstig als diejenige des Legionskasernenplatzes nicht
bezeichnet werden könne, und dass seine verfügbare Bebauungsfläche wesent
lich grösser sei.