24. MARZ 1906
BAUZEITUNG
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stets Gelegenheit geboten, sich mit den neuesten Er
rungenschaften auf dem laufenden zu erhalten. Viel
schwieriger jedoch gestaltet sich die Sache, wenn die
innere Ausstattung in Betracht kommt. Die Häuser sind,
wenn der innere Ausbau so weit vorgeschritten ist, daß
eine Besichtigung von Nutzen wäre, meist ohne per
sönliche Empfehlung nicht mehr zugänglich.
Diesem Uebelstande soll nun durch die Einrichtung der
baugewerblichen Ausstellung abgeholfen werden. Der
Besucher soll hier alles finden, was für ihn von beson
derem Interesse sein könnte, und zwar von den ersten
Anfängen des Rohbaues an bis zu den letzten Feinheiten
des inneren Ausbaues. Die Ausstelluugsleitung — die
Beratungsstelle für das Baugewerbe — wird stets dafür
besorgt sein, daß alle neuen Errungenschaften auf dem
Gebiete des Hausbaues hier vertreten sind, wie sie auch
immer bereit ist, neue Verfahren zu begutachten und
eventuelle Versuche über deren Brauchbarkeit anzustellen.
An dieser Stelle soll noch besonders darauf hingewiesen
sein, daß es jederzeit erwünscht ist, wenn ohne besondere
Aufforderung Gegenstände, die irgendwelches Interesse
erregen könnten, zur Ausstellung zur Verfügung gestellt
werden, wobei übrigens betont werden muß, daß die Aus
stellungsleitung nur solche Stücke zulassen wird, die
sowohl vom praktischen als auch vom künstlerischen
Standpunkt aus als empfehlenswert gelten können. Neben
der Vorführung von Neuheiten sollen auch baugewerb
liche Arbeiten aller Art ausgestellt werden, die durch
ihre mustergültige Ausführung und geschickte Verwendung
des Materials einen erzieherischen Einfluß auf den Be
sucher ausüben.
Gehen wir nun zur Besichtigung der Ausstellung selbst
über. Der zur Verfügung stehende Saal, der allerdings
nur bescheidene Abmessungen zeigt, ist in drei Haupt
abteilungen getrennt:
Die eine Abteilung ist für die Vorführung von Kon
struktionen, soweit sie im Rohbau zur Verwendung
kommen, bestimmt.
In der zweiten Abteilung werden Konstruktionen und
Ausführungen des inneren Ausbaues in ihrer Anwendung
gezeigt.
Die dritte Abteilung zeigt uns eine Auswahl von Ma
terialien, die in der Hauptsache für den inneren Ausbau
in Betracht kommen.
Wenden wir uns nun bei unserm Rundgang zunächst zu
den Konstruktionen des Rohbaues. Hier ist zunächst
eine Treppe in Eisenbetonkonstruktion von der Firma
Meeß & Nees, Filiale Stuttgart, ausgeführt, die unser
Interesse in Anspruch nimmt. In Verbindung mit dieser
sind auch die die Decke tragenden Pfosten in derselben
Konstruktionsart erstellt.
Die Decke, auf welche die Treppe ausmündet, bot Ge
legenheit zur Vorführung einer frei ausladenden Beton
eisenplatte sowie einer Koenensehen Plandecke. Diese
hat sich in den letzten Jahren besonders gut eingeführt;
die Vorzüge, die sie besitzt, sind auch derart, daß ihr
jedenfalls noch eine ausgedehnte Verwendung bevorsteht.
Die Koenensche Plandecke ist eine mit Rippen bezw.
Hohlräumen versehene Betoneisenplatte, die' mit einer
unterhalb der Träger durchgehenden ebenen Decke ver-
bunden ist. Unter den Rippen sind freitragende oder
aufgehängte Holzbalken oder Latten angeordnet, die eine
verschiedene Höhe haben können, und da auch die Kon
struktionsstärke der Platten — je nach Spannweite und
Belastung — wechselt, läßt sich die Decke allen Träger
höhen anpassen. Die Latten ermöglichen sowohl eine leichte
Lagerhaus Stuttgart-Ostheim. Architekt; Prof. Th. Fischer. Eisenbetonkonstruktionen und Bauausführung: Ltjipold & SchneidER-Stuttgart