BAUZEETUN
FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN ELr
SASS - LOTHRINGEN*
Inhalt: Der Yolkssohulbau in Württemberg. -—Doppcbvolmhaus in Pforzheim. — Wohnhaus am Haspel
turm in Vaihingen a. E. — Zur Vorbildungsfrage der Bauwerkmeister. — Der Zusammensturz des Gast
hofes zum Hirsch in Nagold. — Vereinsmjtteilungen. — Kleine Mitteilungen. — Personalien
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Alle Rechte Vorbehalten
Der Yolkssclmlbau in Württemberg*
(Schluß)
Zwei der wichtigsten Einrichtungen des Schulhauses
sind die Heizung und Lüftung. Die Schulzimmer
sollen bei jeder Außentemperatur in kürzester Zeit eine
möglichst gleichmäßig verteilte Wärme von 17—19° C.
erhalten. Die Heizanlagen müssen leicht zu bedienen
und zu regeln sein, auch keine Verunreinigung der Zimmer
herbeiführen. Die Erwärmung der Schulzimmer soll
hauptsächlich durch Wärmeleitung, nicht durch Wärme
strahlung erfolgen, damit die Kinder nicht belästigt
werden. Durch lokale Heizung mittels Oefen aus
Kacheln oder Eisen oder aus einer Verbindung beider
sind die vorerwähnten Forderungen nicht zu erfüllen,
auch dann nicht, wenn dieselben mit Ummantelungen
und Einrichtungen zur Einführung frischer Luft ver
sehen sind. Eine Ausnahme hiervon macht die Gas
heizung, welcher Reinlichkeit, bequeme Bedienung,
sichere Erzielung jedes gewünschten Temperaturgrades,
Möglichkeit einer ausgiebigen Lüftung nachgerühmt wer
den. Für Landschulen läßt sich indes dieses System kaum
durchführen, auch in den Städten hat es nur wenig Ver
wendung gefunden. Es ist daher wenn irgend tunlich
auf die Anlage einer Zentralheizung Bedacht zu nehmen.
Hierfür kommen namentlich die Luftheizung, Warmwasser
heizung und die Niederdruckdampfheizung in Betracht.
Die Luftheizung nimmt insofern eine bevorzugte
Stellung ein, als dieselbe einen unmittelbaren Zusammen
hang von Lüftung und Heizung gewährleistet, d. h. die
Ventilationsluft ist zugleich der Wärmeträger. Darin
liegt aber auch ein Nachteil der Luftheizung gegenüber
den andern Heizsystemen, denn da das Lüftungsbedürfnis
bei Schulen fast immer nahezu gleichmäßig ist, während
die Heizung je nach der herrschenden Außentemperatur
verschieden stark betrieben werden muß, so folgt daraus
die Forderung, in alle Klassen gleichmäßig dieselbe Luft
menge mit wechselndem Temperatur grade einzuführen.
Das gibt zu Unzuträglichkeiten in der Bedienung Ver
anlassung. Die Luftbeschaffenheit dieses Heizsystems gab
sodann zu mancherlei Klagen Anlaß, weshalb man von dessen
Verwendung fast ganz abgekommen ist. Man führt heut
zutage zum größten Teile Niederdruckdampfhei
zungen aus. Diese ermöglichen die schnelle Regelung der
Wärmeabgabe der Heizkörper, was bei einer Schulheizung bei
ihren außerordentlichen Schwankungen des Wärmebedarfs
(Einfluß der Sonnenwärme u. s. w.) von großem Wert ist.
Diese Heizung hat aber noch den Vorteil, daß sie eine
bedeutend intensivere und bequemere Lüftung durch vor
gewärmte Luft ermöglicht,.
Warmwasserheizungen sind in der Anlage teurer,
im Betrieb billiger; sie ergeben eine gewisse Wärme
reservation, die namentlich dann von Wert ist, wenn die
Schulräume auch des Abends benutzt werden, lassen sich
aber weniger rasch an die Schwankungen der Außen
temperatur anpassen. Sie werden im übrigen angenehm
empfunden, und es läßt sich die Wärmeabgabe von einem
Zentralpunkt aus leicht regeln.
Von Fall zu Fall wird also reiflich zu überlegen sein,
welches dieser beiden Systeme am zweckmäßigsten an
zuwenden ist.
Noch ist zu bemerken, daß neuerdings die Luft
heizungen nach amerikanischem System in vielen Einzel
häusern in zufriedenstellender Weise ausgeführt wurden.
Die Konstruktion des Kalorifers wie die Warmluft
zuführung sind wesentlich verbessert, die Kosten sind
nicht hoch. In württembergischen Schulen ist noch keine
solche Heizung ausgeführt, dagegen kommt sie bei der
Chinainlandmission in Liebenzell zur Verwendung.
Jedes Schulzimmer ist neben einer guten Heizung in
ausgiebigster Weise mit Lüftungseinrichtungen zu
versehen. Die Luftentnahmestellen sind möglichst staub
frei anzulegen, die Luft ist, wenn nötig, zu reinigen, zu
befeuchten und vorzuwärmen. Luftkammern und Luft
zuführungskanäle sollen leicht gereinigt werden können.
Letztere wie auch die Abluftkanäle sind in den Mittel
mauern anzuordnen. Die Ventilationskanäle sind am
besten auf dem Dachboden zusammenzuziehen und an
einen mit einer Saughaube zu versehenden Abzugsschlot
anzuschließen. Für die wärmere Jahreszeit empfiehlt
sich eine besondere Drucklüftungsanlage. In Deutsch
land ist in der Stunde eine zweieinhalb- bis dreimalige Luft
erneuerung des Schulzimmers üblich, höchstens kommt
fünfmaliger Luftwechsel vor, während in Amerika ein
achtmaliger stündlicher Luftwechsel durchgeführt ist.
Zuglufterscheinungen werden dort nicht beklagt.
Es wäre hier noch das Ventilationssystem von
Ingenieur Goll in Frankfurt anzuführen; dieser bringt in
den Ecken der Säle offene Röhren an, um die oberen und
unteren Luftschichten bezw. deren Spannungen auszu
gleichen. Er hält die durch die Porenventilation sowie
durch die Fensterritzen eindringende frische Luft für
ausreichend. Dieses einfache System hat er u. a. in dem
Hotel Marquardt in Stuttgart in den Speisesälen, der
Küche u. s. w. zur vollen Zufriedenheit durchgeführt.
Bekannter ist das System Schreider, welches
in verschiedenen Fabriken Heidenheims, in Göppingen,