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BAUZEITUNG
Nr. 16
Besigheim: Ein malerischer Winkel
Militärverwaltung die vollständige Erneuerung der Tro
phäen auszuführen. Eine wichtige Fi’age war die, welcher
Stein für die Gruppen verwendet werden sollte. Nachdem
man sich Proben aus verschiedenen Steinbrüchen hatte
vorlegen lassen, entschied man sich für den Heilbronner
Werkstein. Die Herstellung der zwei kleineren Eiguren
gruppen wurde probeweise dem Bildhauer Gackle in
Stuttgart übertragen, welcher seinerzeit die Figuren
gruppe am östlichen Giebel der Stadtkirche in Ludwigs
burg mit feinem Verständnis renovierte. Bildhauer Gäckle
hat nun die zwei neuen Gruppen ganz in dem Geist aus
geführt, wie solche von dem Schöpfer selbst in den als
Modell benutzten Gruppen zum Ausdruck gebracht wurden.
Die freie Bewegung der Körper sowie die mannigfache
Gestaltung der übrigen Embleme ist in trefflicher Weise
durchgeführt. Die Farbe und das Korn des Heilbronner
Werksteins tragen wesentlich zur Hebung des Ganzen bei.
Wenn im Frühjahr 1907 die Aufstellung dieser neuen
Trophäen erfolgt, wird sich zeigen, welche Zierde der
Arseualplatz dadurch erhalten hat. J. M.
Durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn
Gäckle waren wir in der Lage, von den Trophäen Ab
bildungen hersteilen zu lassen, die wir nebenstehend ver
öffentlichen. Dieselben gehen ein anschauliches Bild von
der edeln Plastik der Gruppen. Auf Kanonenrohren und
Fahnen erheben sich die kraftvoll geformten Leiber, teils
im Schuppenpanzer, teils offen die Muskulatur zeigend.
Als Bekrönung dienen Helme, von denen der eine mit
einem Adler, der andre mit Federn geziert ist. Charak
teristisch sind bei der einen Figur die an Stelle der
Arme angebrachten Löwenköpfe.
Es dürfte bei dieser Gelegenheit von Interesse sein,
über den Schöpfer der Originale, den Bildhauer und Pro
fessor an der Hohen Karlsschule, Pierre Francois Le-
jeune, etwas Näheres zu erfahren. Lejeune, geboren
am 10. März 1721 in Brüssel, verbrachte dort seine
Jugend. Seine Lernhegier führte ihn nach Eom, wo er
zwölf Jahre lang Studien oblag und unter anderm das
Mausoleum des Kardinals de la Tremouille in der Kirche
des heiligen Ludwig sowie die Büsten von Papst Bene
dikt XIV. und von Kardinal Laute im Palais Laute
schuf. 1753 als „Premier sculpteur“ in Stuttgart an
gestellt, wurde er 1761 zum Professor au der Academie
des Arts in Stuttgart und 1773 zum Professor an der
Militärakademie in Stuttgart ernannt. Im Jahre 1778
trat er aus württembergiscben Diensten und kehrte in
seine Geburtsstadt Brüssel zurück, wo er sich bis zu
seinem Tode (30. Dezember 1790) aufhielt. Zu seinen
berühmtesten Schülern zählten die Bildhauer Johann
Heinrich Dannecker (f 1841) und Philipp Jakob Scheff-
auer (f 1808). Werke von Lejeune hetinden sich 1. im
Stuttgarter Schloß: die beiden Kolossalstatuen von Her
kules und Minerva (1759) am Portikus des Stuttgarter
Schlosses; die beiden Hochreliefs „Stillschweigen“ und
„Nachdenken“; einige Büsten und Basreliefs von Herzog
Karl Eugen; 2. im Schloß zu Ludwigshurg: die Apollostatue
in der Gemäldegalerie (1772), früher im Bibliotheksaal
in Hohenheim aufgestellt; Trophäen am Haupteingang
zum Schloßgarten; in der Stadt selbst; die Trophäen
am Arsenalplatz (1762—1766); die Bekrönungen am Stutt
garter Tor (1760); 3. Schloß Monrepos: Die vier Jahres
zeiten in den Ecknischen, die Kindergruppen auf der um
das erste Stockwerk herumführenden Galerie, die über
den Fenstern in Medaillons aufgestellten Büsten.
Kolil enförderanl age der städtischen
Elektrizitätswerke Stuttgart
In den städtischen Elektrizitätswerken in Stuttgart
(Marienstraße) ist seit einiger Zeit eine Kohlenförder
anlage im Betrieb, welche von allgemeinem Interesse ist.
Es handelt sich um die Aufgabe, die für die Kessel be
nötigte Kohle auf mechanischem Wege vom Lagerplatz
in die Feuerungen zu transportieren, eine Arbeit, die bisher
durch Heizer so ausgeführt wurde, daß diese auf dem Hof
platz die Kohle in geeignete Kohlenkarren schaufelten und
solche in das Kesselhaus vor die Verwendungsstelle
führten. Um diese Arbeit mechanisch ausführen zu können,
wurde auf dem Hofplatz ein trichterförmiger Kohlen
bunker ausgemauert, an welchen die Frachtwagen mit
der Kohle, später Automobile, heranfahren und die Kohle
in diesen entleeren. Unter dem Trichter befinden sich
eine schmiedeiserne Füllmaschine mit einem Schieber,
der, geöffnet, ein gewisses Quantum Kohle herausfallen
läßt, welches in darunter vorüberfahrende Becher fällt;
eine starke Feder schließt den Schieber wieder. Von
diesen Bechern sind 190 Stück hintereinander gereiht
als Kette ohne Ende von 162 m Länge und durch schmied
eiserne mit Scharnieren und Verbindungsstangen ver
sehene Bahmen untereinander verbunden. Die Becher
sind aus Schmiedeisen hergestellt für einen Inhalt von
ca. 12 kg Kohle und sind um eine Achse schwingend
aufgehängt, an deren Ende sich je eine Laufrolle be
findet.
Fangen wir mit der Antriebsmaschiue an, so steht
dieselbe in einem Wellblechhäuschen vor dem oben
genannten Einwurftrichter; sie besteht aus einem Elektro
motor, der mit Schnecken und Zahnradübersetzung zwei
große Scheiben mit Einkerbungen langsam in Drehung
versetzt. Die Einkerbungen greifen in die Laufräder der
Becher und setzen dadurch den ganzen Becherstrang in
Bewegung. Vor der Antriebsmaschine geht der Strang
unter den Einwurftrichter mit der Füllmaschine, dort
werden die Becher einzeln gefüllt, gehen auf der andern
Seite des Trichters hoch, und zwar auf ein schraied-
eisernes Gerüst von 5 m Höhe, wo eine horizontale
Kurve beginnt, die das Becherwerk nach dem Kessel
haus führt.
Vorher gehen alle Becher über eine Wagenhrücke,
wo automatisch die Inhalte derselben resp. das Gewicht
der Kohle festgestellt werden. Die Wage selbst steht
zu ebener Erde und ist nur mit einer Zugstange und
einer Gallschen Kette mit der oberen Wagenbrücke ver-