Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

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B AU ZEITUNG 
Nr. 16 
Red Pine. Das Angebot war indessen im allgemeinen 
andauernd schwach, weil eben größere Zufuhren auch in 
letzter Zeit fehlten. Die rheinischen Importeure be 
schränken angesichts der überaus hohen Preislage den 
Einkauf in diesen Hölzern auf das alleniotwendigste 
Maß. Die Forderungen für den Quadratmeter gehobelter 
24/25 mm starker Pitch Pine-Riemen prima Qualität be 
tragen beute 2.55 — 2.60 M. ab oberrheinischen Werken. 
Pitch Pine-Bohlen sind ebenfalls knapp am Markte ver 
treten. Einzelne Dimensionen sind sogar auf den größeren 
Lagerplätzen schon ausgegangen. In ßed Pine sind die 
zum Ausgebot kommenden Quantitäten sehr schwach. 
Nordische Weißhölzer stehen im Preis ebenfalls sehr hoch, 
weshalb die Werke des Rheins dafür gleichfalls hohe 
Preise verlangen. 
Zu den Streikbewegungen im Baugewerbe 
geht uns folgende Zuschrift zu; 
Kaum ist der Winter vergangen, kaum fängt die 
Natur zu grünen und zu blühen an, so regt sich schon in 
der Brust des zielbewußten Arbeiterführers der Frühlings 
drang, die Gemüter der sonst zufriedenen Genossen tüchtig 
zu bearbeiten und ihre Seelen mit Zuversicht und Hoffnung 
auf das Gelingen eines frischen fröhlichen Streiks zu er 
füllen. Ganz besonders bei den Bauarbeitern regen sich 
zurzeit die Geister; wir lesen jeden Tag von neuen 
Arbeitseinstellungen u. s. w. allerorts. 
Auch in unserm engeren Vaterland ziehen die Bau 
arbeiter mit fliegenden Fahnen in den Kampf mit der 
Meisterschaft. Eigentlich wohl dabei ist es nur den be 
zahlten Agitatoren, welche ja bei der Affäre im 
schlimmsten Pall nichts zu verlieren haben. 
In Stuttgart streiken zurzeit die Bauschreiner, 
in Eßlingen die Zimmerer und in Nürtingen die 
Maurer und die Zimmerer. 
Die Forderungen der Schreinergesellen gehen auf 
9V 2 stündige Arbeitszeit, eine aufsteigende Lohnregu 
lierung sowie eine Regelung der Arbeitsbedingungen 
nach ihrem eignen Rezept. Eine Einigung über die bei 
den ersteren Punkte dürfte sich erzielen lassen, weil der 
größte Teil der Bauschreinermeister bereits die 9 x / 2 stün 
dige Arbeitszeit eingeführt hat und eine grundsätzliche 
Ablehnung einer entsprechenden Lohnerhöhung nicht an 
zunehmen ist. Dagegen aber sind die Meister nicht ge 
willt, sich Arbeitsbedingungen vorschreiben zu lassen, 
welche im Interesse eines übersichtlichen Geschäfts 
betriebs ein für allemal abgelehnt werden müssen. 
In Eßlingen und in Nürtingen streiken die Ar 
beiter nicht zwecks Erreichung kürzerer Arbeitszeit 
und eines entsprechenden Lohnzuschlags — denn an bei 
den Orten zeigte sich die Meisterschaft einer ganz wesent 
lichen Lohnaufbesserung nicht abgeneigt —, sondern 
zur E r z w i n g u n g solcher Arbeitsbedingungen, welche von 
den Arbeitgebern nur mit Aufgabe ihrer Autorität 
als Meister bewilligt werden könnten, und mußten 
deshalb die von den streiklustigen Führern zusammen 
gestellten Arbeitsbedingungen abgelehnt werden. 
Die Meister verlangten dagegen nichts mehr und 
nichts weniger als die Annahme der im Mai 
1905 zwischen dem Baugewerbe-Verein Stutt 
gart und den Zentralverbänden der Maurer 
und Zimmerer Deutschlands vereinbarten Ar 
beitsbedingungen, welche noch bis Mai 1907 Gül 
tigkeit haben. Der Umstand, daß der Abschluß des 
Stuttgarter Vertrags unter der Mitwirkung der Ham 
burger Zentralvorstände zustande kam, scheint den Gerne 
großen der schwäbischen Gewerkschaftsleitung längst ein 
Dorn im Auge. 
Ganz besonders die Bestimmung des § 14 des Stutt 
garter Vertrags: „Das Rauchen, ebenso der Genuß 
geistiger Getränke während der Arbeitszeit ist 
verboten“ hat die tiefste Mißbilligung dieser Führer ge 
funden. Ja, es ist freilich unerhört, wie so eine protzige 
Meisterschaft es wagen darf, den ihres sittlichen Werts be 
wußten Maurern und Zimmerern eine solche, ihre Menschen 
würde verletzende grobe Zumutung zu machen. Uebrigens 
linden wir es recht löblich, daß die gewerkschaftlichen 
Agitatoren außer ihrer Tätigkeit für die materielle Besser 
stellung der Genossen auch noch für deren sittliche Hebung 
besorgt sind. Wenn ihnen dieses Experiment so gelingen 
möchte, daß von irgendwelchen Ordnungsbestimmungen 
künftig Umgang genommen werden könnte, so wäre das 
„des Schweißes der Edeln wert“ ; aber, sintemal die Arbeit 
geber von einem so wünschenswerten Einfluß bis heute 
noch nichts verspürt haben, so erlauben sie sich vorerst 
noch, ihren Arbeitern die Einhaltung solcher Vorschriften 
zur Pflicht zu machen, welche für die Aufrechterhaltung 
der Ordnung auf den Werkplätzen und Baustellen un 
umgänglich nötig sind und überdies die autoritative 
Stellung des Meisters als Herr in seinem eignen 
Betrieb gewährleisten. Daß dieser von ungeschickten 
Führern aufgerollten Macht frage ganz entschieden 
entgegengetreten werden muß und daß kein Jota von den 
Stuttgarter Arbeitsbedingungen — soweit sie die Ordnungs 
paragraphen betreffen — abgewichen werden kann, ist 
ganz selbstverständlich, denn unkluger und frivoler 
dürfte noch kein Streik vom Zaun gebrochen worden sein 
wie der in Eßlingen und Nürtingen. 
Ein deutliches Memento an die Adresse derjenigen 
Meister im Lande, welche es noch nicht für nötig ge 
funden haben, sich der Meisterorganisation — dem 
Deutschen Arbeitgeberbunde für das Bau 
gewerbe — anzuschließen. G. B. 
Y ereinsmitteilungen 
Württembergischer Ingenieur-Verein. In der 
Monatsversammlung am 5. April sprach Prof. Bantlin 
von der Technischen Hochschule über die Dampf 
turbine vonZoelly. Unter den zahlreichen Systemen 
der Dampfturbine, die in den letzten J ahren in lebhaftem, 
gegenseitigem Wettbewerb sich entwickelt haben, ver 
dient die Turbine des Schweizer Ingenieurs Zoelly Er 
wähnung. Der Wirkungsweise des Dampfes nach kenn 
zeichnet sich die Turbine als eine teilweise beaufschlagte, 
vielstufige Druckturbine. Ohne auf die technischen Einzel 
heiten dieses Turbinensystems näher einzugehen, soll hier 
nur so viel bemerkt werden, daß, wie bei all den ver 
breiteten großen Turbinen der Gegenwart, auch bei ihr 
von dem Mittel Gebrauch gemacht wird, das die moderne 
Dampfturbine überhaupt erst lebensfähig und ihren 
heutigen großartigen Erfolg möglich gemacht hat, von 
dem Mittel der stufenweisen Ausnutzung des durch den 
gespannten Dampf vorgestellten Gefälles. Die Spannung 
des Wasserdampfes wird nicht auf einmal in Geschwindig 
keit um gesetzt, sondern die Verwandlung des Druckes in 
Strömungsenergie findet in einzelnen Stufen zeitlich und 
räumlich nacheinander statt, wodurch es möglich wird, 
die Umlaufzahlen der Turbinenwelle innerhalb praktisch 
verwertbarer Grenzen zu halten. Es ist bekannt, daß die 
ersten Dampfturbinen, deren Erfindung bereits eine Reihe 
von Jahren zurückliegt, deshalb weiter keinen Eingang 
in die Industrie fanden, weil ihre Umlaufzahlen weit über 
die Grenzen hinausgingen, die technisch noch verwertet 
werden können. Eine Reihe namhafter Maschinenfabriken 
des In- und Auslandes: Escher, Wyß & Co., Nürnberger 
Maschinenbau-Aktiengesellschaft, Fr. Krupp u. a. in Ver 
bindung mit den Siemens-Schuckertwerken, haben den Bau 
der Zoelly-Turbine seit zwei Jahren aufgenommen und in 
dieser kurzer Zeit 82 Turbinen mit über 100 000 PS 
in Betrieb und Bau genommen. Gewiß ein Beweis 
dafür, wie stark das Bedürfnis nach einer brauchbaren 
Dampfturbine in der Industrie vorhanden ist, namentlich
	        

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