28. April 1906
BAUZEITUNG
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den Tagen der spanischen Okkupation. Sie wird sorg
sam unterhalten, obwohl sie nicht einen einzigen der an
ziehenden Punkte besitzt, welche viele der Kirchen hatten,
die die Mönche erbauten. Es gibt 47 Hospitäler,
zum Teil öffentliche, zum Teil private, die meistens nach
neuester Konstruktion errichtet sind, ferner 98 öffentliche
Schulen, darunter 4 Hoch schulen, die im Jahre 1903
von 57 603 Schülern besucht wurden. Von Theatern,
die nach einem Telegramm jetzt alle zerstört sein sollen,
sind besonders das Columbia-, das California-, Alcazar- und
das Grand Opera-House zu erwähnen.
Das Orpheum und das Fischersche Theater dienen
dem Vaudeville. Das Tivoli-Theater führt jahraus, jahr
ein Opern auf. Die bekannte Erholungsstätte Cliffhouse,
die in das Meer gestürzt ist, war ein besonders beliebter
Aufenthaltsort. Von seinen Terrassen aus konnte man
Hunderte von Segeln beobachten, und Tausende von
Besuchern besuchten den Ort an jedem freien Tag. —r.
Grabmal der Familie Scheufelen
Architekt Uberbaurat Professor Gustav Halmhuber-Stuttgart
Das Familiengrab des f Kommerzienrats Karl Scheufeien
in Oberlenningen, von dem wir heute einige Abbildungen
(Bildbeilage und bildliche Darstellung der Mosaiken) ver
öffentlichen, ist in grauem Kalksandstein von Rothen
burg o. T. ausgeführt und mit Mosaiken geschmückt.
Das Grab ist für 8 Personen berechnet und mißt 4,60 zu
5,50 Metern. Die Figur des segnenden Christus wurde
nach einem Modell des Hofbildhauers Karl Federlein in
Ulm ausgeführt und in hohlgalvanischer Reproduktion
durch die Metallwarenfabrik Geislingen a. St. hergestellt.
Sie hat eine Höhe von 2,10 Metern. Die Ausführung
der übrigen Arbeiten wurde von folgenden Firmen be
sorgt: Kalksteinarbeit; Emil Keller-Stuttgart; Mosaik
arbeit nach den Kartons von Oberbaurat Halmhuber
durch Odorico-Berlin und Frankfurt a. M.; Bronzegitter:
Hugo Pelargus-Stuttgart; Verglasungen in Opaleszent
glas : Atelier für Kunstverglasungen von V. Saile-Stuttgart.
Die Gesamtkosten betrugen — einschließlich Figur und
Bildhauerhonorar — rund 10 000 Mark.
Aus Ludwigsburg und Tübingen
Die Bautätigkeit im Lande hat, wenn sie auch selbst
verständlich mit der raschen Ausbreitung und Entwicklung
der Residenz nicht gleichen Schritt halten kann, in den
letzten Jahren merkliche Fortschritte aufzuweisen. Es
gibt sich dabei das erfreuliche Bestreben kund, in der
Bautechnik und Baukunst die Errungenschaften der Neu
zeit zu verwenden und die Formen in einfachem, geschmack
vollem Stil zu halten. Aus unsrer Nachbarstadt Ludwigs
burg und von der Landesuniversität geben wir heute einige
Beispiele. Dieselben sind den Heften über Baukunst der
„ Stuttgarter M itteilungenüber Kunst undGewerbe“, heraus
gegeben im Auftrag des Württembergischen Kunstgewerbe-
Vereins von Dr. Franck-Oberaspach, entnommen. Die
Ludwigsburger Bauten stellen eine Einfamilienhäuser
gruppe und das „Bismarckeck“, erbaut von Architekt
Fr. Haußer in Ludwigsburg, dar. Tübingen ist durch ein
Studentenhaus, dasHeim der Burschenschaft „Dcrendingia“,
Architekten Hummel &Förstner-Stuttgart, vertreten, durch
welches die große Reihe der Korps- und Verbindungs
häuser um einen markanten Bau bereichert wird.
Zum Unglück in Nagold
Nachstehend bringen wir 1. eine Abbildung des Gast-
bofes zum Hirsch in Nagold nach einer während der
Hebung kurz vor dem Zusammenbruch erfolgten photo
graphischen Aufnahme, 2. zwei Zeichnungen von dem
Gebäude; die eine gibt die Längenansicht gegen die
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Marktstraße nach erfolgter Hebung wieder, die andre
enthält einen Querschnitt. Um das Stück a—b (1,40 m)
sollte das Gebäude gehoben werden. Tatsächlich war
es bekanntlich im Augenblick des Zusammensturzes höher
(etwa 1,50 m) gehoben worden. Die Linie c—d bezeichnet
den kleineren, im Jahr 1869 erstellten Anbau. Im Erd
geschoß, das seither als Keller und Remise diente, sollte
ein großer Wirtschaftssaal eingerichtet werden. Zu diesem
Zwecke war auf der Eckseite des älteren Gebäudeteils
das Kellergewölbe vor der Hebung abgesenkt worden.
Während der Hebung befanden sich die Gäste in den
beiden seitherigen, unmittelbar und rechts über dem
Eingang gelegenen Wirtschaftsziramern. Ueber diesen
war der alte Wirtschaftssaal, in welchem sich im Augen
blick des Zusammensturzes sieben Sänger aufhielten.
Noch mögen einige Angaben über die Art der Rost
anlage folgen: Das Stockgebälk in dem Anbau und über
dem Eingang lief längs, in dem übrigen Teil quer zur
Marktstraße. Unter dem Stockgebälk waren- quer zur
Marktstraße teils Eisenschienen teils Holzbalken eingezogen,