2, Juni 1906
BAUZEITUNG
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Waisenhaus Straßburg, II. Preis. Architekten Krämer & Herold, Mitarbeiter L. B. Müller, Düsseldorf
Verwendung findet, wären hier noch die Differdinger
Träger zu erwähnen, von welchen eine Zusammenstellung
der gangbarsten Profile von der Firma Hahn & Keller,
Stuttgart, in kleinen Musterabschnitteu Aufstellung ge
funden hat. Diese Träger unterscheiden sich von den
bisher üblichen dadurch, daß bei gleicher Tragfestigkeit
die Konstruktionshöhe geringer, der Flansch aber breiter
als bei den bisherigen ist. Diese Eigenschaft macht sie
für den Hochbau besonders wertvoll, denn wo es früher
nötig war, zwei Träger nebeneinander zu legen, um
die nötige Breite für das darüber liegende Mauerwerk
zu erreichen, genügt jetzt einer dieser breitflanschigen
Träger.
Heben den echten und künstlichen Steinmaterialien
interessiert uns ganz besonders eine Zusammenstellung
von Mustern wetterfesten Putzes (von der Firma Alfred
Hilliger, Bildhauer und Stukkateur in Stuttgart), der in
den letzten Jahren ausgedehnte Anwendung gefunden hat.
Es sind hier fünf verschiedene Ausführungsarten gezeigt,
die sich teils durch die Mischung des Materials und
damit auch in der Farbe oder aber durch verschiedene
Behandlung ihrer Oberflächen unterscheiden. Das erste
Muster links zeigt eine Münchner Manier, Schwarzkalk
mit dem Richtscheit abgezogen, das zweite einen Kellen
wurf aus Steinsand und Haarburger Kalk. Als drittes
Muster findet sich ein Kammputz, mit dem Besen ge
kämmt, aus Neresheimer Kalk und grobem Marmorstaub,
während ein viertes aus Haarhurger oder Neresheimer
Kalk in Münchner Manier ausgeführt ist. Das fünfte
und letzte endlich vergegenwärtigt uns eine Ausführung
in Terranova, fein und rauh, als 5—6 mm starker Auf
trag von Terranova auf Schwarzkalk.
Damit wären wir mit der
Besprechung derjenigen Aus
stellungsgegenstände zu Ende,
die bei dem Rohbau Verwen
dung finden, und gehen nun
dazu über, jene Gegenstände
und Materialien zu besprechen,
die für den Ausbau und zum
Schlüsse auch für die Aus
schmückung des Hauses in Be
tracht kommen.
Granitoidplatten
ATK. Kunststeinplatten fin
den als Bürgersteigpflaster jetzt
ziemlich schnelle Verbreitung.
Die mannigfachen Versuche, die
in früheren Jahren mit sehr
verschiedenartigen Kunststein
platten gemacht wurden, haben
zu einer steten Verbesserung
dieser Fabrikate geführt, und es darf schon als ein sehr
bedeutender Fortschritt angesehen werden, daß sogar
die Bürgersteige der Straße Unter den Linden in Berlin
mit sogenannten Granitoidplatten belegt wurden. Dieser
im Jahre 1902 ausgeführte Versuch ist recht günstig aus
gefallen; denn wenn die Platten auch erst drei Jahre
liegen, so darf man doch heute schon sagen, daß sie
sich gut bewährt haben. Trotz des überaus lebhaften
Fußgängerverkehrs zeigen die Platten keine auffällige
Abnutzung, keine Unebenheit.
Die Granitoidplatten gehören zur Klasse der Beton
platten. Das Bindemittel bildet Portlandzement, und
zwar ist die Deckschicht von andrer Beschaffenheit
als die Grundplatte. Der Beton der Deckschicht be
steht aus zahlreichen dichtgelagerten Steinstücken
von 5 bis 10 mm Größe, und zwar ist zerkleinerter
Naturstein verschiedener Färbung angewendet. Die in
Berlin verwendeten Platten sind scheinbar nach Fertig
stellung an der Oberfläche auch abgeschliffen worden;
in andern Fällen wird der Beton auf einer glatten
Unterlage geformt und gestampft, so daß sich auf diese
"Weise schon von selbst eine hinreichend ebene Fläche
Waisenhaus Straßburg,
II. Preis