9. Juni 1906
BAUZEITUNG
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genügender Grund nicht angesehen werden, den Umbau
bezw. die in Rede stehende Decke zu betreten. Selbst
die Ausrede des Bauherrn, der Unfall habe sich ereignet,
als er mit dem Zimmerpolier in das Zimmer
gegangen sei, um mit diesem die darin vor
zunehmenden Zimmerarbeiten zu besprechen,
war nicht zutreffend, und es ist auch die Rich
tigkeit dieser Angabe nicht erwiesen worden.
Es fehlt also in vorliegendem
Falle jeder Beweis darüber, ob
es „erforderlich“ war, daß der
Hausbesitzer den umzubauenden
Raum betreten „mußte“, und wenn
dies der Fall, ob nicht ein andrer
Zutritt zu dem Zimmer offen stand.
„Wenn also Bauherren aus
purer Neugierde Bauplätze be
treten und hierbei Schaden er
leiden, haben sie Ansprüche an
den Bauunternehmer nicht zu
stellen.“ W. S.
Kloster auf dem Kapuziner
berg in Salzburg. Reiseskizze
von Arohit. Röckle-Stuttgart
Y ereinsmitteilimgen
AVürttembergiscber Baubeamteu-Verein. Jubi
läum. Nächstdem sind es 40 Jahre, daß ein Mit
begründer unsers Vereins den Dienst eines Bahnmeisters
bei der Kgl. Württ. Eisenbahnverwaltung bekleidet, näm
lich unser treues verehrtes Mitglied Funk in Hall,
Bahnmeister seit 1866. Wir wünschen unserm Kollegen
von Herzen Glück zu seinem Jubiläum, möge er noch
viele Jahre in Gesundheit verleben dürfen. Bei diesem
Anlaß dürfte auf die merkwürdige Tatsache hingewiesen
werden, daß dieser Beamte 40 Jahre lang den
selben Amtstitel führt. Ursache: Die Laufbahn der
mittleren Techniker als Beamte ist noch nicht ausgebaut
und dadurch auch deren Tätigkeit nicht entsprechend
gewürdigt. Wir werden später Gelegenheit nehmen,
hierauf ausführlicher zurückzukommen.
Württembergischer Verein für Baukunde. An
die Vereinsmitglieder! Wie in der 3. ordentlichen
Versammlung am 10. Februar d. J. bekanntgegeben worden
ist, findet vom 16. bis 21. Juli 1906 der VII. Inter
nationale Architekten-Kongreß in London statt.
Nach einer Mitteilung des Vorstands des Verbandes
deutscher Architekten- und Ingenieur - Vereine vom
30. Mai bewilligt die Französische Nordbahngesellschaft
den Teilnehmern des Kongresses für die Reise über ihre
Linien — mit und ohne Berührung von Paris — Preis
ermäßigungen. Nähere Auskunft hierüber zu geben ist
der Unterzeichnete, bei dem noch Programme für den
Kongreß zu haben sind, bereit.
Stuttgart, den 4. Juni 1906.
Zügel, stellv. Vorsitzender.
Wettbewerbe
Kunstgewerbliches Preisausschreiben. In dem
Wettbewerb der Firma C. W. Just & Co. für die Ein
richtung eines Zigarrenladens im Hause Calwerstraße 16
in Stuttgart (siehe Nr. 17 der „Bauztg.“) veröffentlichen
die Preisrichter: Architekt J. Früh, Regierungsbaumeister
CarlHeim, Prof. P.Schmohl jetzt das Ergebnis. Den I. Preis
erhielt E. Körner, Schubartstr. 4 A, den II. Preis O. Maigier,
Friedenstr. 2, den III. Preis H. Maier, Senefelderstr. 45,
sämtlich in Stuttgart. Es waren 24 Entwürfe eingelaufen.
Zur Erlangung von Plänen für die bauliche
und gärtnerische Ausstattung eines städtischen
Geländes (6,6 ha groß) in Biebrich a. Rh. wird ein
Wettbewerb mit Frist bis zum 15. September d. J. aus
geschrieben. Vier Preise von 1000, 800, 600 und 400 M.
sind ausgesetzt. Die Unterlagen sind für 3 M. vom Stadt
bauamt in Biebrich zu beziehen.
Kleine Mitteilungen
Württembergischer Kunstverein Stuttgart. Neu
ausgestellt; 2 Porträte von E. Weißer; Isarniederungen
bei Tölz von P. v. Ravenstein; 5 Landschaften von Felix
Hollenberg; Hinter dem Vorhang, Variete, Komödianten,
9 Blumenstücke von Amandus Faure; Der Darwinist von
J. Marx; Genrebilder und Landschaften von W. Waentig;
Interieurs von H. Lessing; Blumen und Stilleben von
M. Grosche, J. Franck, H. Grünzweig; Heidedorf von
A. Pfitzner; Spaziergang von Theod. Winter; Farbstift-
zeichnuugen von Franz Degen; Farbige Radierungen
französischer Künstler (II. Serie) u. s. w.
Stuttgart. Der Gemeinderat hat sich in seiner
Sitzung vom 31. Mai für ein wichtiges Projekt ent
schieden, dessen Ausführung 2271000 M., ungerechnet
die erheblichen Ausgaben für nötige Grunderwerbungen,
kosten wird. Es handelt sich um die Verlängerung
des Hauptsammelkanals und den Bau einer Klär
anlage bei Hofen. Es sollen dadurch Mißstände, die
durch die jetzige Art der Ableitung des Schmutzwassers
in den Neckar hervorgerufen werden, beseitigt werden.
Das Projekt zerfällt in drei Teile: 1. Hauptablaßkanal
von der König-Karls-Brücke ab durch die Wilhelms
vorstadt in Cannstatt an Münster vorbei entlang dem
Vizinalsträßchen zwischen Münster und Hofen nach einem
Grundstück bei Hofen. Dieser Kanal gilt als Fortsetzung
des jetzigen Schmutzkanals, der bei Cannstatt in den
Neckar mündet; 2. eine Schmutzwasserkläranlage im Ge
wand Hofen; 3. ein Schmutzwasserkanal von der König-
Karls-Brücke ab, der für das Baugebiet am linken Neckar
ufer dienen soll. Dieser Kanal führt der Gasfabrik entlang
am künftigen Schlachthaus vorbei sowie entlang der
Wangener Straße nach Gaisburg. Seine Fortsetzung nach
Wangen ist in Aussicht genommen, in dem vorliegenden
Projekt jedoch noch nicht vorgesehen. In dem letzt
genannten Gebiet soll das Regenwasser gesondert ab
geleitet werden. Die ganze Kläranlage ist so einzurichten,
daß sie für 470000 Seelen und eine Wassermenge von
4,134 chm in der Sekunde genügen kann.
Ebingen. Der Streik der Zimmerleute ist beendet.
Berlin. Es werden jetzt noch nach San Francisco
viele Offerten deutscher Firmen, namentlich in Bau
material aller Art, in der Hoffnung gesandt, angesichts
des großen Bedarfs mit Leichtigkeit Bestellungen zu er
halten. Diesen Bemühungen ist indessen, wie eine
offiziöse Mitteilung in der „Nordd. Allg. Ztg.“ besagt,
nur dann Erfolg zu versprechen, wenn die deutschen
Firmen, sofern sie nicht in San Francisco schon gut ein
geführt sind, fachgewandte Vertreter nach dort