FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL-
SASS-LOTHRINGEN-
STUTTGART, 33. JUNI 1906
Inhalt; Das Sammelschulhaus an der Heusteigstraße in Stuttgart. — Volksbäder in mittelgroßen Städten.
— Beton in Mauersteinformat. — Yom rheinischen Holzmarkt. — Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe.
— Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher.
E
Alle Rechte Vorbehalten
Das Sammelsdmlhaus an der Hensteigstraße in Stuttgart
(Fortsetzung) Entwurf; Prof. Th. Fischer, Stuttgart. Ausführung: Stadt. Bauinspektor Pantle, Stuttgart
Das Gebäude, das mit über 20 Klassen von der neu
organisierten Bürgerschule II, mit 4 Klassen von der
Elementarschule und 3 Klassen von der Mädchenmittel
schule bezogen wurde, enthält 34 Schul-, Zeichen- und
Physiksäle neben den sonstigen Nebenräumen. Als selb
ständiger Bau schließt sich die Turnhalle an das Schul
haus an.
Neben der künstlerischen Durchbildung verdient auch
die Ausführung und die Ausstat
tung des Gebäudes für den Be
trieb, insbesondere auch in hy-
gienischerBeziehungBeachtung.
Erwähnt seien hier kurz:
Die Niederdruckdampf
heizung, welche aus zwei
Systemen besteht, der Vor
wärmung der frischen, von außen
zugeleiteten V entilationsluft, die
im Untergeschoß vor sich geht,
von wo die Luft durch zwei
Ventilatoren nach den Bäumen
getrieben wird, und der lokalen
Heizung durch, in den Fenster
nischen der Räume aufgestellte
Radiatoren. Jeder Raum ist
zudem mit einem Abluftkanal
versehen, der die verbrauchte
Luft teils unter, teils über das
Dach abführt. Zweckmäßige
Oberlichtfensterverschlüsse und
besondere Lüftungsiiügel er
leichtern die direkte Lüftung.
Das Schülerbad mit An-
kleideraum, welche durch ihre
Sauberkeit, erzielt durch aus
gedehnte Verkleidung der Böden
und Decken mit Steinzeug- und
glasierten Platten, und die
reichliche Raumbemessung ein Schmuckstück bilden.
Die Einrichtungen des Physiksaals und be
sonders des Experimentiertiscbes, welche den weitestgehen
den Anforderungen entsprechen.
Auch die mit Wasserspülung versehenen Aborte,
die sich im Gebäude selbst auf den einzelnen Stockwerken
befinden, sind so ausgestattet, daß größte Reinlichkeit
möglich ist. Die Spülung ist intermittierend; das Ab
wasser wird durch eine ausgedehnte Kläranlage nach
dem biologischen System vor der Einleitung in die Kanäle
gereinigt. Die mit Wasser berieselten Pissoirwände sind
mit Terrazzo verkleidet. Das ganze Gebäude ist massiv
ausgeführt, unter Benutzung verschiedener neuer Hilfs
mittel. Die Sockel und die ümfriedigungsmauern sind
betoniert und an den sichtbaren Flächen mit einer ge
stockten Betonschale aus Weißjurazartschotter verkleidet;
in derselben Weise sind die Brunnenschalen in den
Hallen und auf der Terrasse
hergestellt. Im übrigen sind
die Außenwände in Backstein
gemauert, die Fensterstürze
betoniert, die Wandflächen mit
Weißkalkmörtel verputzt. Die
Decken sind teils als Beton
eisendecken (über der offenen
Halle), teils als Securadecken
zwischen Differdinger-Trägern,
mit besonderer Unterdecke zur
Schalldämpfung, ausgeführt.
Sämtliche Säle haben Lino
leumbelag auf Terranovaglatt-
strich, unter dem noch eine
Sandschicht eingebracht ist.
Die Hallen- und Korridor
böden sind mit mattroten, die
Aborte und das Bad mit weißen
Steinzeugplatten belegt. Die
Terrasse vor dem Gebäude
hat einen Belag von Berliner
Mosaik. Die Treppen wurden
einschließlich der Kreuzgewölbe
und der Pfeiler in Betoneisen
ausgeführt, die Tritte bis zum
Erdgeschoß sind Granit, in den
oberen Stockwerken haben sie
Eichenholzbelag.
Die zweckmäßig konstruier
ten großen Dachstühle sind in Holz ausgeführt, die Dächer
mit Biberschwänzen eingedeckt; zu allen Flaschnerarbeiten
am Dach, insbesondere zu den Türmen auf den Pavillon
dächern, fand Kupfer Verwendung.
Zur besseren Isolierung wurde die mit Brettern ver-
täferte Decke der Turnhalle über der Täferung mit Kunst
tuffsteinen belegt.
Die Beleuchtung erfolgt mit elektrischem Licht; ver
wendet sind in den Hallen und im Physiksaal Osmium-