23. Juni 1906
BAUZEITUNG
201
Weise konserviert, nicht restauriert werden, daß nur die
allernotwendigsten Arbeiten an den baufälligen und mit
Absturz drohenden Stellen voi’genommen werden. Die
Kosten dieser Konservierung sind auf 28000 M. be
rechnet, von denen der Besitzer des „Ritter“, Hotelier
F. O. Zeuner, 12 000 M., die Stadt 9000 M. und der Staat
7000 M. übernehmen. Die Arbeiten werden nach dem
Plan und unter Leitung des Regierungsbaumeisters Linde
aus Baden-Baden ausgeführt werden. Für die bauliche
Umgestaltung des v. Cheliusschen Hauses wird ein Kredit
von 60 500 M. gefordert. Nach der Durchführung dieser
Arbeiten wird das im Jahre 1709 im süddeutschen Barock
stil erbaute Patrizierhaus die sämtlichen städtischen Kunst-,
Prä- und allgemeinhistorischen Sammlungen, die bisher
im Otto Heinrichs - Bau und dem Apothekerturm des
Schlosses, im Rathaus und im Neuenheimer Schulhaus
untergebracht waren, in sich aufnehmen.
Freiburger Münster. Das herrliche Baudenkmal,
das die Stadt Freiburg in ihrem Münster besitzt, wird
demnächst eine Korrektur erfahren müssen. Nach einer
Mitteilung der „B. Baugew.-Ztg.“ hat der Oberbürger
meister der Stadt Freiburg eine Untersuchung des
schlanken Münsterturms vornehmen lassen, wobei fest
gestellt wurde, daß die obere Spitze, d. h. die oberen
15 na des Turms, eine verhängnisvolle Neigung nach Osten
zeigt. Es wurde die Freiburger Münsterbau-Lotterie
ins Leben gerufen, um die nötigen Mittel zu beschaffen,
die zur Korrektur des alten Wunderwerks der Baukunst
notwendig sind. Seit Jahren schon haben sich die
Techniker mit der Frage der billigsten und zugleich
vollkommensten Korrektur des Turmfehlers beschäftigt,
und schließlich scheint das Projekt von der Münster
kommission so gut wie angenommen zu sein. Das System,
um welches es sich hier handelt, ist amerikanischen Ur
sprungs; es kommt in der Neuen Welt bei Reparaturen
der sogenannten Wolkenkratzer zur Anwendung, wenn
die oberen Stockwerke sich nach einer Seite zu neigen
beginnen. Nach diesem Projekt wird es vollständig über
flüssig sein, wie ursprünglich geplant, die Münsterspitze
abzubrechen und die 15 m, welche eine Abweichung von
der perpendikulären Linie zeigen, wieder neu aufzubauen.
Der Plan, der ohne Zweifel verwirklicht wird, sieht den
Aufbau eines eisernen Gerüstes, das seine Basis 15 m
unterhalb der Turmspitze haben wird, vor, und das eben
soviel Meter über die Turmspitze hinausragen wird.
Durch elektrische Hebevorrichtungen von gewaltiger
Kraftleistung wird die ganze schiefe Spitze, die ein Gewicht
von nicht weniger als 80 000 Zentnern repräsentiert, ver
mittelst Stahltauen in die Höhe gehoben, nachdem sie
natürlicherweise vorher unten abgemeißelt worden. Die
nun freigelegten Flächen der Abbruchstelle werden dann
teils durch Bemeißelung, teils durch Anstückung wieder
völlig horizontal gemacht und dann durch langsames
Herablassen der Turmspitze miteinander verbunden. Diese
ziemlich schwierig scheinende Reparatur wird zwar infolge
der nötigen Vorbereitungen sehr kostspielig werden, aber
kaum mehr als sechs bis acht Wochen Zeit in Anspruch
nehmen.
Die Erbauung eines Pfälzischen Museums in
Speyer ist durch einen zu diesem Zweck gebildeten
Verein beschlossen worden. Die Entwürfe stammen von
Prof. Gabr. v. Seidl in München. Die Bausumme ist mit
585 000 M. berechnet.
Worms. Der zur Wiederherstellung des
Domes eingesetzte Kunstrat hat, wie die „Frkf. Ztg.“
meldet, alle Anträge der Bauleitung (Geh. Oberbaurat
Prof. Hofmann) gutgeheißen. Unter anderm wird das
Schieferdach der Ostkuppel durch ein Steindach ersetzt,
der Chor neu eingedeckt, an der Taufkapelle das Dach
in der früher bestandenen Form wieder aufgesetzt sowie
die ganze Ostpartie des Domes einer gründlichen Repa
ratur unterworfen werden.
Der Neubau des Kurhauses in Wiesbaden, den
Prof. F. v. Thiersch aus München errichtet, geht langsam
seiner Vollendung entgegen. Hinter dem von riesenhaften
Säulen getragenen Portikus erhebt sich das Kuppeldach
der Mittelhalle, von der nach rechts (südlich) der Flügel
mit dem großen Konzertsaal, den sonstigen Gesellschafts
räumen und dem Wintergarten, nach links (nördlich) der
Flügel mit dem kleinen Konzertsaal und den Wirtschafts
räumen sich ausdehnt.
Wittelsbacher-Brücke in München. Gegen Ende
des vorigen Jahres erfolgte die Eröffnung der Wittels-
bacher-Brücke, der achten und vorläufig letzten neuen
Brücke zu München, mit der das generelle Brücken
bauprogramm vom 18. Juli 1901 vollständig durchgeführt
ist. Die Wittelsbacher-Brücke, die aus vier Bogen be
steht, von denen 'der über den eigentlichen Flußlauf eine
lichte Weite von 44 m besitzt, ist 138,10 m lang und
20 m breit. Sie ist im Dreigelenkbogensystem aus Beton
erbaut mit einer Verkleidung von Muschelkalkstein. Die
beiden Widerlager sind 12 m, der große Strompfeiler
13 m unter der Fahrbahn fundiert. Die Brücke hat ge
schlossene Steinbrüstungen, die an den beiden kleineren
Pfeilern durch vier Erkeraufbauten unterbrochen sind
und auf den Widerlagern stromauf- und -abwärts durch
mächtige Flügelbauten mit Nischen flankiert und ab
geschlossen werden. Auf dem großen Strompfeiler ist
auf der Nordseite eine geräumige Kanzel in Form einer
halbrunden Plattform angebracht, gegenüber auf der Süd
seite ein 6 m über die Fahrbahn sich erhebender durch
brochener Aufbau, der zur Aufnahme eines 3,5 m hohen
Reiterstandbildes Ottos von Wittelsbach dienen soll, an
dem Bildhauer Wrba derzeit arbeitet. An Material
wurden zusammen 13 000 cbm Beton und 1580 cbm Stein
verwendet. Die Zahl der Walzgelenke mit Sicherheits
bolzen beträgt 96. Die architektonischen Entwürfe der
Wittelsbacher-Brücke sind wie jene der Max Josef-Brücke
von Prof. Th, Fischer in Stuttgart angefertigt worden,
die architektonischen Entwürfe zu allen übrigen neuen
Brücken stammen von Prof. Fr. v. Thiersch. Die Bauleitung
lag in den Händen des Stadtbauamts, während die Bau
ausführung durch die Firma Säger & Wörner vollzogen
wurde.
Der Paulanerbrunnen in München gelangt nach
dem Entwurf des Bildhauers Prof. J. Floßmann in
München an der Kreuzung der Ohlmüller- und Lilien
straße mit der Figur eines Paulanermönches als Erin
nerung an die älteste Niederlassung der Au, das Paulaner-
kloster, zur Aufstellung.
Eine Wiederherstellung der gotischen St.. Fakobs-
kirche in Rothenburg o. T. soll mit einem Aufwande
von 250 000 M. unter der Oberleitung des Prof. Jos.
Schmitz in Nürnberg und der örtlichen Bauleitung des
Architekten Höffner daselbst erfolgen.
Die Wiederherstellung des Rathaussaales in
Nürnberg dauerte drei Jahre und kostete rund 240 000 M.;
davon entfallen über 100000 M. auf die Neubemalung
und die Wiederherstellung der alten, teilweise Dürer-
schen Wandmalereien, die unter Leitung von Professor
Haggenmiller aus München durchgeführt wurden.
Eine allgemeine deutsche Geodätisch-kultur-
technische Ausstellung in Königsberg i. Pr. wird
vom 8. bis 25. Juli tagen. Die Klosterkammer in Han
nover, das Katasterbureau in München, das Stadt
vermessungsamt in Wiesbaden, die Kgl. Ansiedlungs
kommission für Westpreußen und Posen, das Ministerium
des Innern in Darmstadt, die Stadt Düsseldorf, Magistrat
Danzig, Generalkommission für die Provinzen Hannover
und Schleswig-Holstein in Hannover, Stadtbibliothek
Königsberg, Kgl. Kreishauptmannschaft in Dresden, Elsaß-
Lothringische Kataster Verwaltung in Straßburg i. E.,
Landeshauptmann der Provinz Ostpreußen, Tiefbauamt
Frankfurt a.M., Stadtbauamt Kottbus, Vermessungsbureau