FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN ELr
SASS- LOTHRINGEN*
STUTTGART, 3«. JUNI 1906
Inhalt: Ein neues Bahnhofsprojekt für Stuttgart. — Zum Entwurf des neuen bayr. Wassergesetzes. — Entwurf
zu einer Waldkapelle. — Zur Erhaltung der Laufenburger Stromschnelleu. — Gitterfüllung am Kgl. Schloß
in Ludwigsburg. — Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien.
Alle Rechte Vorbehalten
Ein neues Bahnhofsprojekt für Stuttgart
Von Dr.-Ing. Robert Weyraucb-Charlottenburg
I. Einleitung.
Die nachfolgende Abhandlung gibt eine Darstellung
des Projektes, welches die Eegierungsbaumeister Dr.-Ing.
R. Weyrauch und Architekt Martin Mayer-Hamburg für
einen Durchgangsbahnhof mit Ringbahn durch Groß-
Stuttgart aufgestellt haben.
Wie bekannt, hat die Kgl. Generaldirektion auf Grund
umfassender Vorarbeiten schließlich zwei Projekte für
einen Kopfbahnhof in Stuttgart aufgestellt, das „Schloß
straßenprojekt“ und das „Schillerstraßenprojekt“, wobei
die Generaldirektion selbst dem ersten Projekt den Vor
zug gibt.
Gegen dieses Projekt sind folgende Einrvände erhoben
worden (vergl. „Neues Taghlatt“ vom 14. und 15. Sep
tember 1905);
1. Zu kleiner Bahnhofsvorplatz im Verhältnis zu der
in andern Städten für notwendig erkannten Aus
dehnung (Leipzig, Frankfurt a. M., Straßhurg).
2. Ungenügende Zufahrtswege für den städtischen Ver
kehr und eingezwängte Lage.
3. üeherbrückung der Kronen- und Schillerstraße auf
die große Länge von 160—200 m bei geringer Höhe
der Ueberführung, daher:
4. Verhältnisse in der unteren Königstraße, Kronen
straße, Schillerstraße verschlechtert, statt verbessert.
5. Raum und Höhenverhältnisse auf dem Platz der
Zuckerfabrik und Reiterkaserne zu beschränkt für
einen Rangier- und Abstellbahnhof.
6. Die finanziellen Vorteile einer Verlegung bleiben
unausgenutzt,
Die hier und weiter in IT angeführten Einwände
erscheinen so schwerwiegend, daß der Schloßstraßen
entwurf so lange nicht als der einzig maßgebende be
trachtet werden sollte, als nicht die Unmöglichkeit aller
andern Lösungen erwiesen ist.
Unter den Vorprojekten der Generaldirektion ist er
wähnt die Herstellung eines Durchgangsbalmhofs. Diese
Frage ist nicht neu. Schon im Mai 1901 erschien ein
von Albert Sprickerhoff-Cannstatt verfaßtes Projekt für
einen Durchgangsbahnhof. Die lebhafte Diskussion, welche
die verdienstvolle Arbeit hervorrief, klärte auch über die
ihr anhaftenden, der Ausführung entgegenstehenden Mängel
auf. Der Haupteinwand gegen die von Sprickerhoff ver
suchte Lösung ist kurz folgender:
Die Binfahrtsgleise von Böblingen und Ludwigsburg
her wären unmittelbar vor ihrem Eintritt in den Haupt
hahnhof mit dem Gefälle 1:100 durch einen ca. 1000 m
langen, mit 360 m Halbmesser gekrümmten Tunnel zu
führen gewesen. Man hätte die Züge, die man nicht
sofort einfahren lassen konnte, vor dem Tunnel, also
1100—1200 m vor dem Bahnhof, zum Stehen bringen