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BAUZEITUNG
Nr. 27
Schaft Biberach zu einem Beitrag herangezogen werden.
Als Schulvorstand ist ein höher gebildeter Architekt, als
weiterer Lehrer ein tüchtiger Bauwerkmeister, außerdem
die nötigen Hilfslehrer vorgesehen. Die Forderung fand
allseitig Beifall, auch wurden Wünsche auf Errichtung
ähnlicher Schulen in andern Handwerkskammerbezirken
laut. Für die bewährte Einrichtung von staatlich unter
stützten Lehrlingswerkstätten, die weiter aus
gedehnt werden sollen, werden 3000 M. mehr gefordert.
Zur Ermöglichung stärkerer Heranziehung von sach
verständigen Meistern aus dem Land wurden für die
Landesausstellungen von Lehrlingsarbeiten 1500 M., bei
der Beratungsstelle für das Baugewerbe werden
11500 M. mehr notwendig. Die Beratungsstelle wird
sehr stark in Anspruch genommen. Der Mehraufwand
rührt hauptsächlich von der Herausgabe der Beilage zum
Gewerbeblatt „Für Bauplatz und Werkstatt“, von der
Vorbereitung der baugewerblichen Wettbewerbe u. a. her.
Die Veranstaltung von Meister- und Gesellen
kursen verursacht einen Mehraufwand von 7000 M.
infolge der geplanten Ausdehnung und Erweiterung dieser
Kurse. Aus den für sonstige Unterrrichts- und Fort
bildungszwecke bestimmten Mitteln sollen künftig ins
besondere auch Vorträge über Unfallverhütung und Ge
werbehygiene veranstaltet werden. In den nächsten
Jahren sollen mehrere größere Sonderausstellungen ver
anstaltet werden, weshalb hierfür 5000 M. gefordert
werden. Für Wettbewerbe zur Erlangung kunst
gewerblicher Entwürfe, die im Gewerbeblatt veröffentlicht
werden, und für Wettbewerbe zur Förderung meister
mäßiger, technischer Arbeitsausführung wurden zum
erstenmal 2000 M. verlangt.
Schutz bei Feuersgefahr in Theatergebäuden.
Laut einer Mitteilung des Süddeutschen Patentbureaus
von Karl Bosch in Stuttgart vom 18. Juni d. J. ist dem
Gravem-geschäftsinhaber Rud. Hoffmann in Stuttgart,
Kornbergstraße 18, eine „Einrichtung zum Schutz der
Menschen bei Feuersgefahr in Theatergebäuden“ durch
Erteilung des D. R. P. Nr. 174065 staatlich geschützt
worden. Die Erbauung eines Theaters nach dem System
des Erfinders bietet die größtmögliche Sicherheit für
Publikum und Bühnenpersonal. Ein Schadenfeuer, auf
der Spielbühne ausgebrochen, wird auf diese unbedingt
lokalisiert. Das Theater kann von allen im Hause An
wesenden, unbelästigt durch Feuer und Rauch, in wenigen
Sekunden verlassen und das Freie erreicht werden.
Schreckensszenen wie seither können sich nicht wieder
holen. Das Modell hat, wie man uns mitteilt, die un
geteilte Anerkennung der Kgl. Hoftheaterintendanz in
Stuttgart, der Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel,
der Finanzkommission des Landtags und andrer berufener
Personen gefunden. Auch die Frau Herzogin Wera be
sichtigte das Modell und äußerte sich sehr anerkennend
darüber. Wir werden auf die Einzelheiten später zurück
kommen.
Zur Heidelberger Schloß-Frage. Wie aus Karls
ruhe berichtet wird, hat die Budgetkommission der
Kammer am 4. Juli mit allen gegen eine Stimme die
Nachforderung der Regierung (erste Rate 100 000 M.)
für Fortführung der Wiederherstellungsarbeiten am Heidel
berger Schloß ab gelehnt und beschlossen, die Regierung
aufzufordern, Preisausschreiben zu erlassen zur Auf
findung von Mitteln zur Erhaltung der Ruine.
Mainz. Zur Ausführung einer Reihe bedeutender
Bauprojekte steht die Stadt Mainz vor der Aufnahme
einer Anleihe. Vorgesehen sind; Die Erbauung eines
neuen Wasserwerks, eines neuen Rathauses, die Anlage
eines neuen bezw. die Vergrößerung des seitherigen Floß
hafens, die Anlage eines Klärbassins zwecks Einleitung
der Latrinen in den Rhein, der Umbau des Stadttheaters,
die Erweiterung der Stadthalle u. s. w. Die Kosten für
sämtliche Anlagen sind auf 12 Millionen Mark veranschlagt.
III. Deutsche Kullstgewerbeausstellung• Dres
den 1906, Das Preisrichterkollegium trat am 15. Juni
zusammen. Es besteht u. a. aus folgenden Architekten;
Stadtbauamtmann W. Bertsch, München, Architekt H.
Billing, Karlsruhe, Prof. M. Dülfer, Dresden, Stadtbaurat
H. Erlwein, Dresden, Prof. Th. Fischer, Stuttgart, Baurat
Grässel, München, Geh. Hofrat Prof. Dr. Gurlitt, Dresden,
W. Lossow, Dresden, Prof. H. Pfeiffer, Braunschweig.
Prof. O. Rieth, Berlin, Prof. B. Schmitz, Charlottenburg.
Zürich. Ingenieur August Waldner, Herausgeber
und Redakteur der von ihm gegründeten „Schweizerischen
Bauzeitung“, ist am 29. Juni nach langem Leiden in
Cannes, 62 Jahre alt, gestorben. Der Dahingeschiedene
war einer der geschätztesten Techniker der Schweiz und
hat die genannte Bauzeitung zu einer der vornehmsten
und bestgeleiteten Fachzeitschriften gestaltet.
Personalien
Württemberg. Uebertragen: die Stelle des Vorstands der
Baugewerkschule in Stuttgart dem Professor P. Sohmohl, Vorstand
der Beratungsstelle für das gesamte Baugewerke an der Zentral
stelle für Gewerbe und Handel daselbst, unter Verleihung des Titels
eines Direktors auf der VI. Stufe der Rangordnung; die Stelle eines
Flußmeisters am Neckar mit dem Wohnsitz in Heilbronn dem
tit. Flußmeister Huber in Heilbronn. Verliehen: dem Landes
feuerlöschinspektor Gmelin der Titel eines Bauinspektors.
Badeu. Erteilt: dem Vorstand der Wasser- und Straßeu-
bauinspektion Donaueschingen, Oberbauinspektor H. Frey, die
Erlaubnis zum Tragen des ihm verliehenen Prenß. Roten Adler
ordens IV. Klasse. An gestellt: signaturmäßig der zweite Beamte
des Hofbauamts, Hofbauinspektor K. Freyß.
Hessen. Verliehen: dem Kirchenbaumeister L. Hofmann
zu Herborn das Ritterkreuz 2. Klasse des Verdienstordens Philipps
des Großmütigen mit der Krone.
Anfragen
Bei Beantwortung der Anfrage in Nr. 26 betreffend das Ver
halten des städtischen Baukontrolleurs wird man unter
scheiden müssen, ob es sich bei der Kontrolle um ein Bauwesen
handelt, das noch im Bau begriffen ist, oder um ein fertiges Gebäude.
Im ersteren Falle ist die Beiziehung des Besitzers aus verschiedenen
Gründen — wenn er nicht zugleich Techniker ist — nicht wohl
tunlich; in letzterem Falle ist dieselbe manchmal zweckmäßig, da
sie die Ausstellung etwaiger Anstände vereinfachen kann. Häufig
ist vom Bauherrn seinem Architekten die Vollmacht erteilt, die
Rechte und Pflichten, welche aus dem Bauwesen erwachsen, den
Behörden gegenüber bis zur bauordnungsmäßigen Fertigstellung des
Gebäudes wahrzunehmen; dann empfiehlt es sich, bei der Kontrolle
diesen oder dessen verantwortlichen Bauführer beizuziehen.
Eine gesetzliche Verpflichtung in dem angefragten Sinne be
steht aber nicht, es ist ohne Zweifel dem Takte und der Erwägung
des Beamten überlassen, was im einzelnen Falle zur pflichtmäßigen
Vornahme der Kontrolle vorzukehren und zu beobachten ist.
Auch bezüglich der Frage 2 ist zu sagen, daß es selbstverständ
lich einer besonderen Erlaubnis des Besitzers eines Pabrik-
etablissements zum Betreten des letzteren nicht bedarf, daß man
sich aber dem Besitzer oder dessen Vertreter im allgemeinen heim Be
treten der Fabrik vorstellen wird. In dem speziellen Fall lag nun
der Raum unmittelbar an der Straße, er war offen und vielleicht
schon von außen wahrzunehmen, daß eine Bauerei in demselben
vorgenommen wird; in einem solchen Fall durfte das betreffende
Lokal meines Erachtens ohne weitere zeitraubende Förmlichkeiten
betreten werden.
Gemäß § 139 b der Reichs-Gewerbeordnung ist den Gewerbe
aufsichtsbeamten (Gewerbeinspektoren) sowie den Polizeibehörden
bezw. deren Organen, die Revision von Gewerbebetrieben jeder
zeit (nächtliche Revisionen nur, wenn die Anlage nachts im Betrieb
ist) zu gestatten. H. Burkhardt,
Stuttgart, 3. Juli 1906. städt. Bezirksbaumeister.
Verantwort!. Schriftleiter: Adolf Fausel n Stuttgart. Adresse filr alle Sendungen
Bauzeitung-Stuttgart, Hegelatr, 68. Druck: Deutsche Verlags-Anstalt in Stuttgart