in. JAHRGANG
FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S - LOTHRINGEN*
Inhalt: Die ästhetische und praktische Ausgestaltung des Klei n wohn unjfctfhaues. — II. T^g für pro
testantischen Kirchenbau. — Torhaus und Baukasten. —■ Entwurf eines Itdther-Denkmals fift?Stuttgart.
— Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Deutsche Schlosserschule ziiRoßwein i, S, —Aj||eine Mit
teilungen. — Personalien. — Bücher.
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Alle Rechte Vorbehalten
Die ästhetische und praktische Ausgestaltung des Kleinwohnungsbaues
Auf der Hauptversammlung des Ernst Ludwig-Vereins
am 20. Juni hat, wie schon berichtet, Geh. Oberhaurat
Hofmann-Darmstadt über das vorstehende Thema sich
eingehend verbreitet. Der wesentliche Inhalt des Vor
trags verdient nicht allein wegen des aktuellen Inhalts,
sondern auch wegen der Beherrschung des Stoffs und
Klarheit der Darlegung Verbreitung in weiteren Kreisen.
Redner leitete seine Ausführungen ein mit einem Hin
weis auf den bestehenden Zusammenhang zwischen den
Verhältnissen im Bauwesen und der Umwälzung des
Handels und Verkehrs, die sich seit dem 19. Jahrhundert
vollzogen hat. Hierbei ist der Wohnungsbau zu kurz
gekommen. Was früher natürlich war, ist heute ge
künstelt. Die Handfertigkeit wurde durch die Maschinen,
die Werkstätteausbildung durch die Schule ersetzt. Dem
gemäß gibt es heute eine andre Art Handwerker wie
früher, da die Handwerker mehr Kaufleute geworden
sind, die Industrieerzeugnisse verkaufen und verarbeiten;
letztere kommen sogar als Kunstware zum Vertrieb.
Hierdurch ist ein Mißklang erzeugt. Das ästhetische
Empfinden wurde durch eine schablonenhafte Bauweise,
ja eine Verödung der Bauweise verletzt. Die alte Aus
drucksweise mußte einer gekünstelten Platz machen, das
Wahre und Echte, Bodenwüchsige und Zweckentsprechende
der früheren handwerksmäßigen Kunst ist unsrer Zeit
verloren gegangen. Es fragt sich nun, ob es heute nicht
möglich ist, das Verlorene wiederzugewinnen. Demgegen
über darf man sich der Erkenntnis nicht verschließen,
daß man sich mit den veränderten Kulturverhältnissen
abfinden, sich ihnen anpassen muß. Wohl aber ist es die
Aufgabe, die alten Ueberlieferungen für die neue Zeit
wieder nutzbar zu machen.
Der Vortragende streifte hier die Bestrebungen, die
in diesem Sinne bezüglich des Wohnungswesens neuer
dings aufgetreten sind, wies auf England hin, wo man
20 — 25 Jahre früher als in Deutschland auf eine Ver
besserung der Wohnungsweise hinarbeitete, wo alle die
bahnbrechenden Momente, die zu einer Umgestaltung
namentlich des Kleinwohnungsbaues vom ästhetischen und
zugleich wirtschaftlichen Standpunkte aus führten, bereits
Gemeingut aller geworden sind, während in Deutschland
erst einzelne Künstler, einzelne Kreise diese vertreten
und noch darum kämpfen müssen.
Vier Anforderungen sind bei dem Bau von Eigen
heimen und Kleinwohnungen zu ei’füllen: Zweckmäßig
keit, die vor allem in der Raumbildung sich ausspricht,
Dauerhaftigkeit, aus der Konstruktionsweise sich
ergebend, Schönheit, durch die Wahl der Einzelformen
bedingt, Billigkeit, das selbstverständliche Ergebnis bei
Erfüllung der drei vorangestellten Forderungen. Im
einzelnen läßt die Zweckmäßigkeit bei dem Mangel an
wirklichen Raumkünstlern noch vielfach zu wünschen übrig.
Ein kurzer Hinweis auf das Wichtigste sei hier gegeben.
Alles muß in bestimmtem Verhältnis zueinander, aber
auch alles am richtigen Platze stehen, namentlich mit
Bezug auf die Möbelstellung. Die Höhe der Räume nehme
man nicht zu groß, 2,60—2,80 m lichte Höhe genügt. Davon
hängt auch die Abmessung der Fenster und Türen ab.
Unterkellerung erscheint erwünscht, wenn auch in be
scheidener Höhe (1,90 m im Lichten). Massive Böden
sind der Kosten halber oft auszuschließen. In der Treppen
anlage beschränke man sich. Dauerhaftigkeit wird durch
richtige Konstruktionsweise und sachgemäße Wahl der
zu verwendenden Baustoffe erzielt. Bei letzterer spielen
auch schon ästhetische Forderungen mit. Hier sei es
Grundsatz, keine Materialien in einer Ortschaft zu ver-
Einfamilienbäuser. Preis des Hauses 2900 M., des Stalles 170 M.
Architekt A. Wieukoop