Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

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BAUZEITUNG 
Nr. 28 
von Altar, Kanzel und Orgel, 4. Künstlerische Gestaltung 
der Kirchen bezüglich der Ausstattung des Raumes und 
des kirchlichen Kunstgewerbes, 5. Erhaltung und Er 
neuerung der Kirchen, 6. Die Kirche im Stadtbild, 7. Die 
Dorfkirche und der Friedhof. Ein gewiß sehr anregendes 
und lohnendes Programm. 
Anmeldungen sind an die Geschäftsstelle des II. Tages 
für protestantischen Kirchenbau, Dresden, Sttibel-Allee 
Nr. 2 a, zu richten. 
Torliaus und Baukasten 
Im Berliner Architekten-Verein hielt kürzlich der Pro 
fessor für Architektur an der Technischen Hochschule in 
München, Karl Hocheder, einen Vortrag über vorstehendes 
Thema, über den wir dem „Zentralblätt der Bauverwaltung “ 
(Verlag von W. Ernst & Sohn, Berlin) folgendes entnehmen: 
Professor Hocheder erblickt in den beiden Begriffen Tor 
haus und Baukasten die Vertreter zweier entgegenstehender 
Erscheinungsformen der alten und der neuen Städte 
baukunst als Ergebnisse der Einwirkung zweier ver 
schiedener Vorstellungsweisen beim Gestaltungsvorgang. 
Er nimmt an, daß die schönen Baubilder alter Städte 
zustande gekommen sind durch ein Vorwiegen der Vor 
stellungsweise nach räumlicher Gestaltung in der 
Absicht, eine behagliche Wohnlichkeit auch unter freiem 
Himmel zu erzielen, ohne die Verkehrsrücksichten dabei 
zu vergessen. Diese Verkehrsrücksichten würden in der 
heutigen Städtebaukunst noch zu einseitig in den Vorder 
grund gestellt und bildeten somit die Ursache jener Ein 
förmigkeit aller neuen Städtebilder. Die einseitige Berück 
sichtigung dieses Verkehrs habe die Aufmerksamkeit von 
den die räumliche Wirkung hervorrufenden Zusammen 
hängen zu sehr abgelenkt und bewirkt, daß der einzelne 
Bau zu sehr betont werde, der nun für sich allein ohne 
Zusammenhang mit seiner nächsten Nachbarschaft die Be 
achtung in höherem Maße in Anspruch nehme. Dadurch sei 
allmählich statt eines Zusammenschlusses zu einer höheren 
Einheit als Wesen künstlerisch befriedigender Städte 
bilder ein zusammenhangloses Nebeneinander entstanden, 
das sich mit dem Ausdruck „Baukasten“ zutreffend 
bezeichnen lasse. Gegenüber diesem aufiockernden Neben 
einander bestünden in der baulichen Masse alter Städte 
Zusammenhänge, die anscheinend unabhängig von den 
vorhandenen Verkehrszügen seien und die herbeigeführt 
würden durch „Torbauten“, unter denen der Verkehr 
hindurchgeleitet sei. Es sei damit die für die räumliche 
Wirkung von Plätzen und Straßen erforderliche Ge 
schlossenheit ohne Vernachlässigung der Verkehrsanfor 
derungen ermöglicht worden. Zu dieser Geschlossenheit 
habe auch die alte Gasse vielfach beigetragen, die heute 
aus dem Stadtplane — unter bestimmten Voraussetzungen 
nicht ganz mit Recht — völlig verschwunden sei. Die 
unsern neuzeitlichen Plätzen und Straßenzügen mangelnde 
Geschlossenheit glaubt Professor Hocheder auch für unsre 
Verhältnisse wieder erreichen zu können durch eine vor 
sichtige Anwendung des Torhauses an Stellen, wo früher 
enge Gassen mündeten. Hierdurch würde hei der heute 
nun einmal ausgebildeten Wobnweise nach der Straße 
die Belassung der breiten Nebenstraße ermöglicht, ohne 
daß an hervorragenden Stellen einer Stadt die unerläß 
liche Geschlossenheit entbehrt werden müßte.
	        

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