4. August 1906
BAUZEITUNG
245
{
Sammelsohulhaus in Stuttgart Ansicht von der Straße
hauses gelten. Die selbstverständliche Folge des Ein-
schrumpfens eines Sockelgeschosses wird ein Hereinbeziehen
der Küche und ihrer notwendigsten Nebenräume in das
AVohngeschoß sein, eine Anlage, die eine breitere Grundriß
entfaltung mit sich bringt, der ja im allgemeinen bei den
weiteren Grundstücksverhältnissen des Landes keine
äußeren Hinderungsgründe entgegenstehen. Und so kommt
schon hierdurch im Gegensatz zur Höhenentwicklung des
Stadthauses eine Tendenz zur Breitenentwicklung in den
Typus des Landhauses herein. Alle bäuerlich-ländlichen
Baustile zeigen diese Tendenz, vom westfälischen Bauern
hof bis zum Schweizerhaus und nordischen Blockhause,
und ihre Wirkung in der Landschaft, dies behagliche
Anschmiegen an die Umgebung, beruht darauf. Das
kann uns vielleicht ein interessanter Fingerzeig sein;
empfinden wir doch nirgends so sehr wie bei Bauten,
die sich dem bestimmten Stil einer Landschaft einpassen
sollen, daß wir nicht willkürlich ein modernes Etwas,
das vielleicht in der Stadt gar nicht auffallen würde,
dem Geist eines Stückes ausgesprochener Natur einver
leiben können. Meist gibt uns hier die einheimische
Volkskunst einen sicheren und wertvollen Anhaltspunkt,
nach welcher Richtung die Effekte liegen, die ein künst
lerisches Verschmelzen solch einer Schöpfung mit ihrer
Landschaft erreichen lassen. Man sollte Traditionen von
solcher Art nicht verachten.
Es liegt ja in der Natur der Sache, daß alle aus den
primitiven Verhältnissen der Volkskunst geborenen Ein
flüsse für ländliche Bedürfnisse weit stärker in Betracht
kommen als für städtische, darum sollte man gerade auf
dem Lande so viel wie möglich von ihnen zu retten
suchen. AVer weiß, ob nicht von hier aus ein Stück
Charakter auch auf unsre verfeinerteren städtischen Be
dürfnisse unbewußt tibergeht und wir dadurch in unsre
modernen Gestaltungen etwas hereinbekommen, was aus
der logischen Konstruktion, dem natürlichen Gestalten
der Bedürfnisse und dergleichen Gesichtspunkten noch
nicht hervorgeht: den nationalen Charakter. Bei aller
Freizügigkeit der Phantasie und bei aller individuellen
Kraft werden wir ihn nur erreichen, wenn wir sein
Wesen als das echte Erbteil aus alter Tradition erkennen
und es beizubehalten streben. Dafür mag uns die Kunst
der Väter dienen, dafür wollen wir sie heilig halten,
dann wird sie uns unbewußt befruchten, wo wir neuen
Anregungen auf eignen Pfaden nachgehen.
Die Bangwerbliclie Ausstellung im
Laudesgewerlbemuseum zu Stuttgart
(Schluß)
0. F. Schmidt in Stuttgart stellt einen Herd aus, der
neben der üblichen Einrichtung für Kohlen- sowohl als
auch Gasheizung noch eine Heißwasserbereitungsanlage,
die an die Herdheizung angeschlossen ist, einen sogen.
Boiler, zeigt. Die Anlage wird mit einer indirekten
Heizung betrieben, d. h. das Verbrauchswasser wird, um
eine Verkalkung der Röhren u s. w. zu vermeiden, durch
eine Rohrschlange erwärmt, die mit kalkfreiem Wasser
gefüllt ist. Außer dem AVasserkessel sehen wir noch ein
selbsttätiges Nachfüll- und Ausdehnungsgefäß für das
Nutzwasser, welches mit der Druckleitung verbunden ist,
und ein Nachfüll- und Ausdehnungsgefäß für das kalk
freie Wasser, das sich in Rohrschlangen, die durch Boiler
und Herd laufen, befindet.
Die Firma E. Reißer in Stuttgart stellt eine Spül
einrichtung aus Feuerton und einen AVaschtisch aus dem
selben Material aus. Beide Einrichtungen zeigen feines
Material und sorgfältige Arbeit. Von derselben Firma
ist noch ein hölzerner AVascbtrog mit Zinkblechkufen und
eine weiß emaillierte Badewanne ausgestellt.
AVeiter kommen wir zur Besprechung einer Reihe von
Spezialai-tikeln, die sowohl für den Rohbau als auch für
den inneren Ausbau in Betracht kommen.
A. W. Andernach in Beuel a. Rh. stellt Muster von
Kosmos-Falztafeln aus, die sich zu den verschiedensten
Zwecken eignen. Es sind imprägnierte Falztafeln, ähnlich
der Asphaltpappe, die im Querschnitt Schwalbenschwanz-