18. August 1906
BAUZEITÜNG
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Entwurf zu einer Diele Architekten Kühne & Specht, Leipzig
es sich um die architektonische Raumgestaltung und um
die landschaftliche Wirkung, dabei insonderheit auch um
Denkmalpflege und Heimatschutz.
2. Anordnung des Plans.
Es sollen alle voraussichtlichen Verkehrsmittel: Straßen
nebst Gleisen, Reitwege, Radfahrwege, selbständige Fuß
wege, Eisenbahnen, Wasserwege sowie die Anlagen zur
Städtereinigung planmäßig festgestellt werden. Eisen
bahnen dürfen im Stadtgebiet nicht in gleicher Höhe mit
Straßen, müssen daher in der Regel über oder unter dem
Gelände liegen.
Nach Bedarf sind gewisse Straßen oder Bezirke vor
herrschend für Geschäftshäuser, für Fabriken, für Wohn
häuser, für ländliche Wohnungen zu bestimmen; ferner
sind Baustellen für öffentliche Gebäude vorzusehen und
gewisse Flächen von der Ueherbauung frei zu halten.
Als Hilfsmittel zu dieser Gruppierung dienen: geeignete
Lage, zweckmäßige Verkehrsmittel, passende Blockgrößen,
baupolizeiliche und gewerbliche Vorschriften.
Beide vorstehende Aufgaben erfordern eine beträcht
liche Ausdehnung der Entwürfe, wenigstens in den Grund
zügen, nach Umständen mit Einschluß von vorhandenen
und von beabsichtigten Vororten.
3. Straßen.
Im Straßennetz sind möglichst klar Hauptstraßen
und Nebenstraßen zu unterscheiden. Der Entwurf
soll zunächst die ersteren enthalten, wobei vornehmlich
radiale, ringförmige und diagonale Richtungen in Betracht
kommen. Von Nebenstraßen sind nur solche aufzunehmen,
welche durch örtliche Umstände bestimmt vorgezeichnet
sind. Die sonstige untergeordnete Teilung, mittels Wohn
straßen, Fabrikstraßen, Spazierwegen, ist erst nach dem
Bedürfnis einer näheren Zukunft vorzunehmen oder der
Privattätigkeit unter behördlicher Genehmigung zu über
lassen.
Sofern nicht erhebliche wirtschaftliche oder Verkehrs
hindernisse entgegenstehen, sind für neue Straßen zu
empfehlen; Rücksicht auf vorhandene Wege, Eigentums
grenzen, Uferlinien sowie auf bedeutsame Bauwerke und
Naturgegenstände; ferner Abschluß oder Unterbrechung
langer gleichartiger Strecken, Anschmiegen an Uneben
heiten des Geländes, Vermeidung von Einschnitten, kon
kaves Längsprofil. Der Beurteilung von Fall zu Fall
unterliegen die Fragen, ob eine Straße geradlinig oder
gekrümmt werden soll, ob ihre Einmündung in eine andre
rechtwinklig oder schiefwinklig anzulegen, ob Kreuzung
oder Versetzen einer Querstraße vorzuziehen, ob und wie
viel eine Straßenecke abzukanten sei.
Die Breite und Ausstattung der Straßen richtet sich
nach der Bedeutung des Verkehrs und nach der zulässigen
Höhe der Häuser. In Hauptstraßen ist eine ansehnliche
Breite zu wünschen, unter Umständen durch Vorgärten
im öffentlichen oder Privatbesitz vorzubereiten, welche in
Zukunft wieder entfernt werden. In Nebenstraßen ge
nügt eine geringe Breite, wozu Vorgärten treten können
bei voraussichtlich hohen Häusern, bei beabsichtigten
Baumreihen oder in Landhausbezirken. In der Quer
teilung der Straßen ist mannigfaltige Abwechslung er
wünscht; sie kann namentlich wegen ihrer Himmelsrichtung
unsymmetrisch, mit Vorgarten oder Baumreihe einseitig
angeordnet werden. Als Mindestmaße der Straßenbreite
sind anzunehmen: bei Straßen mit untergeordnetem Ver
kehr 8 m, mit Bahngleisen 17 m, mit Mittelpromenade
25 m. Zwischen Baumreihe und Hausflucht sollen 8 m
vorhanden sein.
4. Plätze.
Von Plätzen ist eine reichliche Anzahl, aber nur teil
weise eine erhebliche Größe derselben erforderlich. Nach
dem vorherrschenden Zweck sind folgende Regeln im
Verhältnis zu ihrer Bedeutung zu beachten;
Die Form der Plätze und die Lage der einmünden
den Straßen sind so zu wählen, daß die Verkehrslinien
vorzugsweise an die Ränder gelegt, sonst über die Fläche
möglichst zerstreut, keinenfalls auf einen Mittelpunkt ge
richtet werden.
Die Wände des Platzes sind tunlichst geschlossen zu
halten, über Straßenmündungen vielleicht torartig zu ver
einigen. Die Fläche kann in gewissen Fällen geneigt,
das Mittelfeld vertieft werden.
Für die Stellung öffentlicher Gebäude und Denkmäler
sind zu erwägen; etwaiger erhöhter Standpunkt, passende
Sehweite (zwei- bis dreifache Höhe), Zielrichtung aus
der Ferne oder Ueberraschung aus der Nähe, geschlossener
Hintergrund.
Pflanzungen von einer bedeutenden Architektur be
herrscht sollten gewöhnlich geometrisch regelmäßig an
geordnet werden; besitzen sie aber großen Umfang oder
Selbstzweck innerhalb einer baulich einfachen Umgebung,
so ist freie malerische Anlage vorzuziehen. Manchmal
eignet sich ein üebergang oder eine Vermittlung zwischen
beiden Arten des Gartenstils.
5. Formen der Bebauung.
Von den drei Wohnformen: Einzelfamilienhäuser,
Bürgerhäuser, Mietskasernen sind die beiden ersteren zu
begünstigen, die letztere ist nur in älteren Stadtteilen,
unter Milderung ihrer Uebelstände, zu erhalten, in neueren
dagegen zu bekämpfen.
Die Baudichtigkeit in wagerechter und in senkrechter
Richtung muß nicht nur aus hygienischen, sondern auch
aus wirtschaftlichen Gründen gesetzlich beschränkt werden.