Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

18. August 1906 
BAUZBITUNG 
265 
weht um die Grabmale, die aus der Zeit 
der ürgroßeltern uns erhalten sind ? Wessen 
aber ist der Geist, der uns empfängt, 
wenn wir die Friedhöfe der Gegenwart. 
betreten? „Eitelkeit, fade Sentimentalität 
und künstlerische Roheit reichen sich hier 
die Hand.“ Erst in neuester Zeit fängt 
man an sich zu besinnen, daß hier eine 
Aenderung geschaffen werden muß, und 
bedeutende Künstler haben sich eingehend 
mit der Friedhofarchitektur beschäftigt. 
Die Dresdner Ausstellung, auf die wir 
noch zurückkommen, bietet reiches Studien 
material, und erfreulicherweise übernimmt 
es die Wiesbadner Gesellschaft für bildende 
Kunst, Ausstellungen von Grabmälern in 
den größeren Städten Deutschlands zu 
veranstalten. Die zurzeit in Stuttgart be 
findliche Ausstellung zeigt uns an vielen 
Beispielen aus allen Kunstperioden, in 
welch feiner Art man Grabmäler ausbilden 
kann; gut angebracht sind auch die aus 
gestellten Gegenbeispiele. Wir empfehlen 
einen Besuch dieser vorzüglichen Studien 
sammlung aufs beste. 
Reutlingen. Fach umfangreichen, 
durch das städt. Hochbauamt stets über 
wachten Vorarbeiten und weitgehenden 
Vorsichtsmaßregeln hat Werkmeister Rtick- 
gauer von Stuttgart gestern vormittag die 
Hebung eines 1000 qm Fläche umfassenden 
Shedbaus der Fabrik von Elrich Gminder 
an der Tübingerstraße um 6,20 m ohne 
jeden Zwischenfall durchgeführt. Diese 
Hebung ist sowohl nach dem Flächen 
inhalt als nach der Höhe von 6,20 m die 
umfangreichste, die Rückgauer bis jetzt 
durchgeführt hat; sie ist um so beachtens 
werter', als sie ohne den zuvor geplanten Einbau nach der 
Hebung von 2,50 m ganz freistehend vorgenommen wurde. 
Karlsruhe. Jubiläumsausstellung für Kunst 
und Kunstgewerbe. Diese während der Monate 
August, September und Oktober ständig geöffnete, von 
den Angehörigen der badischen Kunst und des badischen 
Kunstgewerbes gemeinsam und mit Unterstützung der 
Stadt veranstaltete, überaus sehenswerte Ausstellung ist 
mit großem künstlerischen Aufwand in dem von Wein 
brenner im Anfang des 19. Jahrhunderts erbauten mark 
gräflichen Palais eingerichtet. Der Eingang zur Aus 
stellung liegt unmittelbar gegenüber dem Hauptbahnhof. 
In dem hübschen Garten aus alter Zeit wurde ein moderner, 
stilvoller Sommerbau errichtet, der sich um einen ent 
zückend ausgestatteten achteckigen Hof mit Springbrunnen 
und Wasserkünsten gruppiert und die Erzeugnisse der 
interessanten und gefälligen modernen Raumkunst auf 
genommen hat. In angenehmster Weise erklärt sich hier 
das heutige Wohnungskunstgewerbe in seiner praktischen 
und künstlerischen Seite von selbst. 
Vom Ausstellungsgarten führt der Weg durch die 
Restauration und das stattliche Treppenhaus in die 
großen Räume des eigentlichen Palais. Hier wurden durch 
geschickte Ueberbauung zweier Lichthöfe vier Säle für 
die mit vornehmstem Geschmack ausgewählten und 
gruppierten Oelgemälde und plastischen Werke der 
badischen Künstler gewonnen. In den übrigen weiten 
Räumen des Palastes sind untergebracht: die kultur 
historisch so interessanten Ehrengeschenke des großh. 
Fürstenpaares aus früheren Zeiten, die graphischen 
Künste, die Kunsttöpfereien, die Kunststickereien und 
andre Werke der Kleinkunst. Zwei Säle sind speziell 
der berühmten Schwarzwaldkunst gewidmet. 
Neben dieser Ausstellung veranstaltet die Stadt 
gemeinde vom 31. August bis 27. September 
eine Stadtgeschichtliche Ausstel 
lung in den Räumen der großherzogl. 
Orangerie an der Linkenheimerstraße. Sie 
wird eine reiche Sammlung von Plänen, 
Zeichnungen, Abbildungen u. dergl. bieten, 
aus denen der Werdegang der badischen 
Residenz, einer der jüngsten Großstädte 
des Deutschen Reiches, ersichtlich ist, und 
sie wird besonders Zeugnis ablegen von 
den Fortschritten, die Karlsruhe gerade 
unter der Regierungszeit Großherzog Fried 
richs gemacht hat. 
Der badische Kunstverein veranstaltet 
eine Ausstellung von Kunstwerken 
des 19. Jahrhunderts aus Karls 
ruher Privatbesitz. In den präch 
tigen Räumen des neuen Kunstvereins 
gebäudes, Karlsruhe, Waldstraße 3, sind 
129 Künstler mit 308 Werken vertreten, 
die sich im Besitze von 77 hiesigen Kunst 
freunden befinden. In intim - vornehmem 
Charakter zeigt diese lokale Jahrhundert 
ausstellung die Entwicklung des Kunst 
geschmackes etwa vom Jahre 1780—1880. 
Aus den ältesten Zeiten sind vertreten; 
Ridinger, Wächter, Carstens, Koch. Die 
in Baden tätig gewesenen Künstler herrschen 
vor, so die Namen: Canon, Feuei'bach, 
Schirmer, Lessing, Gude, Bracht, Lugo, 
Hildebrandt, des Coudres, Hoff, Füßli, 
Baisch, bis zu den neuzeitlichen Repräsen 
tanten: Schönleher, Keller, Ritter, Thoma, 
Dill, Trübner, Zügel, Grettge, Kalch 
reuth u. a. Auch die außerbadische Kunst 
ist durch Rottmann, Bamberger, Winter 
halter, Lier, Leibi, die beiden Achenbach 
und Courbet würdig vertreten. 
Diese Kunstvereinsausstellung bildet für Kenner und 
Kunstliebhaber im Anschluß an die Jubiläumsausstellung 
für Kunst und Kunstgewerbe im Markgrafenpalais eine 
hochinteressante, seltene und in dieser Zusammenfassung 
niemals gebotene Ergänzung. 
Karlsruhe. Zur Herstellung eines neuen Bahnhofes 
in Heidelberg wird eine Bahnbauinspektion in Heidelberg 
und zur Ausführung des Bahnhofumbaues in Durlach eine 
Bahnbauinspektion in Durlach errichtet. Die neue Bahn 
bauinspektion in Heidelberg erhält die Bezeichnung; Bahn 
bauinspektion III. 
Dariustadt. Prof. Dr. Scheffers an der hiesigen Tech 
nischen Hochschule, welcher einem Rufe zur Uebernahme 
der Professur für darstellende Geometrie an der Tech 
nischen Hochschule in Charlottenburg folgen wird, lehnte 
einen in den letzten Tagen an ihn ergangenen Ruf an 
die Technische Hochschule in Wien ab. 
Personalien 
Baden. Ernannt: Trigonometer H. K o c h in Karlsruhe zum 
Vermessungsrevisor, die Hochbauassistenten D. Voßler und J. Hügle 
in Karlsruhe unter Verleihung des Titels Baukontrolleure zu Zeich 
nern, der Vorstand der Bahnbauinspektiou Eberbach Oberingenieur 
W. Schwarzmaun unter Verleihung des Titels Baurat zum 
Kollegialmitglied der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, der 
Zentralinspektor Bahnbauinspeklor H. A b e 1 e in Durlach unter Be- 
lasssung des Titels Bahnbauinspektor zum Vorstand der Bahnbau 
inspektion Durlach, der Zentralinspektor Bahnbauinspektor R. Roth 
in Karlsruhe zum Vorstand der Bahnbauinspektion Eberbach und 
der Zentralinspektor Bahnbauiuspektor E. Müller in Karlsruhe 
zum Vorstand der Bahnbauinspektion Mannheim, beide unter Be- 
lassung des Titels Bahnbauinspektor, der Regierungsbaumeister 
Maschineniuspektor W. Rees bei der Verwaltung der Hauptwerk- 
Detail vom Freiburger Münster 
Vergl. S. 266
	        

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