25. August 1906
BAUZEITÜNG
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Monumentalität des die Mitte einnehmenden hochragen
den marmornen Brunnens, der, mit Pflanzen und Blumen
reich geschmückt, die goldschimmernde Statue des Prinz-
Eegenten trägt. Diese ist eine Nachbildung der ehernen
Statue, welche der jüngst verstorbene Prof. v. Rümann
für die große Halle des Justizpalastes in München ge
schälten hat, während der Brunnen selbst, der bei einem
Durchmesser von 6,6 m über 5 m hoch ansteigt, eine
Schöpfung des genialen Erbauers des Staatsgebäudes,
Kgl. Bauamtsassessors Ullmann, ist. Eine niedrige zwölf
eckige Balustrade aus gelbem deutschen Marmor, von
dem sich überaus wirkungsvoll die zu vieren gruppierten
kapitällosen 48 Eüllungssäulchen aus rotgrünem deut
schen Marmor abheben, umschließt ein durch Stege
mit ihr verbundenes Pfeilersechseck, das an die Stone
henge der prähistorischen Zeit gemahnt und wie diese
einen Steinbalkenabschluß hat. Auf diesem stehen rings
um ganz einfach gehaltene Pflanzenkübel, während die
drei Außenseiten der Pfeiler in Kapitälhöhe mit ganz
flach gehaltenen Reliefs von Wassertieren geschmückt sind.
Die die Einlagen bildenden bunten Marmorarten sind
griechischen, ungarischen, französischen, belgischen und
italienischen Ursprungs, während der rotgrüne Marmor
der Balustradensäulchen, wie bemerkt, deutschen Ur
sprungs ist. Diese sind deshalb in besonderem Maße
geeignet, das Interesse zu erregen, um so mehr, als diese
Marmorart sich zurzeit einer steigenden Beliebtheit er
freut und infolge ihrer schönen und lebhaften Zeichnung
ganz dazu angetan erscheint, viele ausländische Marmor
arten zu verdrängen. Der Brunnen, an dessen künst
lerischer Durchführung Staatsbaupraktikant Friedrich
v. Kramer beteiligt ist, dient dem würdevollen Raum als
würdiges Schmuckstück und verkündet das Können der
JohannFunkschenMarmorwerke inNürnberg. Die Marmor
arbeit ist, sowohl was den Schliff und die Verfügung be
trifft, eine ganz hervorragende. Unsre Abbildung kann
leider die interessante Farbenwirkung nicht wiedergeben.
Fallstricke im Sulbiiiissioiisweseii
Wie die Dienstbotenfrage bei den Frauen, so bildet
das Submissionswesen mit seinen Schattenseiten bei den
Gewerbetreibenden eine schier unerschöpfliche Quelle von
Klagen und Yerbesserungsvorschlägen. Fast jede Zeitungs
nummer bringt Submissionsergebnisse, welche oft die
ungeheuerlichsten Angebotsunterschiede aufweisen, und
man fragt sich dabei immer wieder, wie solche Unter
schiede nur möglich seien. Die Meinung geht dann meist
dahin, die abnorm billigen Angebote seien auf leichtfertige
Kalkulation, auf einen Irrtum oder auf eine falsche Be
urteilung der tatsächlichen Verhältnisse zurückzuführen.
Dies mag in manchen Fällen zutreffen, und es kommt
auch vielfach vor, daß solche abnorme Angebote von
Leuten abgegeben werden, welche in finanzieller Be
ziehung auf unsicherem Boden stehen und nun um jeden
Preis Aufträge herbeischaffen wollen zur Befestigung ihres
wankenden Kredits. Nach meinen Erfahrungen werden
derartige Angebotsunterschiede aber auch sehr häufig
dadurch veranlaßt, daß die Verdingungsunterlagen nicht
bestimmt genug abgefaßt sind, und in dieser Beziehung
lassen sogar behördliche Ausschreibungen oft sehr viel
zu wünschen übrig.
Eine Gemeinde schreibt beispielsweise den Bau einer
Wasserversorgungsanlage aus und schildert die Aus
führung der Rohrgräben in folgender Weise: 6350 m
Rohrgräben in einer durchschnittlichen Tiefe von 1,50 bis
zu 2,30 m in jeder Bodenart auszuheben und nach dem
Verlegen der Rohre wieder auszufüllen, die in die Rohr
fahrt fallenden Hindernisse und- vorkommenden Wege
befestigungen (teils Pflaster, teils Chaussierung) zu be
seitigen und die letzteren später wieder in den vorherigen
Zustand herzustellen.
Aus dem Essighaus Bremen
Wie ist es dem Unternehmer möglich, auf Grund
solcher unbestimmten Angaben eine zuverlässige Kalku
lation zu machen? Entweder behandelt er die Sache
gleichgültig und stellt hohe Preise, welche ihm auch im
ungünstigsten Falle ausreichend erscheinen, und dann ist
er in der Regel des Durchfallens sicher, oder er legt seiner
Kalkulation leichtfertig die gtinstigten Verhältnisse zu
grunde und rechnet darauf, daß ihm die Verdingungs
unterlagen irgendeine Hintertür offen lassen, welche es
ihm ermöglicht, sich anderweitig schadlos zu halten. Der
Aus dem Rathaussaal in Bremen