Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

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BAUZEITUNG 
Nr. 34 
Gewissenhafte allerdings opfert Zeit und Geld, um sich 
die nötigen Unterlagen durch eine Ortsbesichtigung selbst 
zu verschaffen, aber dieser wird erst recht nicht zu den 
Mindestfordernden gehören. 
All diese Zweifel könnten nicht aufkommen und jene 
Opfer an Zeit und Geld würden dem Unternehmer er 
spart werden, wenn die Arbeit im Yerdingungsanschlag 
möglichst ausführlich beschrieben wäre. Da der Projektant 
in dem gegebenen Falle ohnehin ein genaues Nivellement 
und eine Untersuchung der Bodenverhältnisse vornehmen 
mußte, so war es doch wahrlich keine allzu große Arbeit, 
wenn er die erforderlichen Leistungen mit möglichster 
Anschaulichkeit so dargestellt hätte, daß der Unternehmer 
sich davon ohne weiteres ein klares Bild machen konnte. 
Aehnliche Beispiele, auch aus andern Branchen, könnten 
noch zu Hunderten angeführt werden, wohl jeder Unter 
nehmer weiß davon aus seiner eignen Praxis ein Lied 
zu singen. Das sind die Fallstricke im Submissionswesen, 
welche schon so manchen Unternehmer zugrunde gerichtet 
haben. Allen Wünschen der Gewerbetreibenden in bezug 
auf eine Verbesserung des Submissionswesens vermag der 
Staat zwar nicht Rechnung zu tragen, aber in dem von 
mir berührten Punkte wäre doch wohl eipe Abhilfe ohne 
Beeinträchtigung fiskalischer Interessen sehr leicht zu 
schaffen. Die oberen Behörden hätten nur mit allem 
Nachdruck darauf zu halten, daß der Inhalt der Ver- 
dingungsanschläge jeden Zweifel über Umfang und Art 
der Lieferung oder Leistung ausschließt und der Unter 
nehmer, namentlich bei kleineren Objekten, nicht genötigt 
ist, durch kostspielige Ortsbesichtigungen die erforder 
lichen Unterlagen sich selbst zu verschaffen. Sache der 
Handels- und Handwerkskammern aber würde es sein, 
die maßgebenden Stellen unter Anführung tatsächlicher 
Vorkommnisse auf diesen wunden Punkt immer wieder 
hinzuweisen, bis der gewünschte Erfolg erreicht ist. 
Fontaine. 
Kongreß für protestantischen Kirclienbau 
in Dresden 
Das Programm für die Tagung vom 5. bis 7. Sep 
tember d. J. in Dresden ist erschienen und teilen wir 
folgendes daraus mit: Die Kongreßverhandlungen finden 
in der Andreaskirche am Stephanienplatz Donnerstag 
und Freitag statt, jedesmal von 10 bis 2 Uhr. Ober- 
konsistorialrat D. Dibelius eröffnet die Versammlung. 
Danach wird Prof. Dr. Clemen von der Universität Bonn 
über das Thema „Kirche und Kunst“ sprechen. Clemen 
ist Konservator der Altertümer der Rheinprovinz und hat 
sich nicht nur durch seine kunstwissenschaftlichen Ver 
öffentlichungen, sondern auch durch seine vielseitigen 
Bestrebungen zur Pflege der Kunst einen Namen gemacht, 
vornehmlich bei den verschiedenen großen Ausstellungen 
alter Kunstwerke, die in den letzten Jahren am Rhein 
abgehalten wurden. Ueber künstlerische Ausgestaltung 
der Kirchen haben gleichfalls Männer von Ruf ein Referat 
übernommen: Geh. Baurat 0. March-Charlottenburg, 
Pfarrer David Koch-Unterbalzheim und Geh. Hofrat 
Dr. Cornelius Gurlitt-Dresden. March hat sich schon 
auf der ersten Tagung für protestantischen Kirchenbau 
als ein Führer zu klarer zielbewußter Ausbildung des 
evangelischen Kirchenbaues erwiesen und das seitdem in 
der Praxis betätigt. Koch ist Herausgeber des Christ 
lichen Kunstblattes und durch seine trefflichen Bio 
graphien über Steinbausen und Ludwig Richter gar wohl- 
bekannt. Gurlitt hat eminent gelehrte Werke über kirch 
liche Kunst geschrieben und gehört auf diesem Gebiete 
zu den hervorragendsten Gelehrten der Gegenwart. Ueber 
die vielerörterte Frage der Stellung von Altar und Kanzel 
bezw. Orgel werden sich D. Dibelius, Baurat Gräbner- 
Dresden und Pfarrer Veesenmeyer-Wiesbaden verbreiten. 
Es werden ferner Geh. Hofrat Dr. v. Oechelhäuser, Pro 
fessor an der Technischen Hochschule Karlsruhe, und 
Superintendent Bürkner-Auma in Thüringen Vorträge 
halten über Erhaltung und Erneuerung der Kirchen. 
Oechelhäuser ist zurzeit Vorsitzender des Tages für Denk 
malpflege, steht also inmitten der Bestrebungen auf diesem 
Gebiete, da der Tag von allen deutschen Regierungen 
beschickt wird. Selbst mit der Denkmalpflege, und zwar 
in Baden, betraut, dürfte Oechelhäuser wie kein andrer 
befähigt sein, über deren Ziele einen klaren, allseitig 
gerechten Ueberblick zu geben. Bürkner, ein Dresdner 
Kind, hat sich durch seine christliche Kunstgeschichte 
als ein tüchtiger Kenner dieser Kunst erwiesen. Endlich 
sprechen noch Landesbaurat Th. Goecke über die Kirche 
im Stadtbild und Pfarrer Hüttenrauch-Halle über die 
Dorfkirche und den Friedhof. Goecke, der zugleich Professor 
für Städtebau an der Technischen Hochschule in Charlotten 
burg und Redakteur der in diesem Fache maßgebenden Zeit 
schrift „Der Städtebau“ ist, gehört zu den besten Kennern 
des Faches, das im letzten Jahrzehnt so viele hervorragende 
Köpfe beschäftigt und ganz neue Grundsätze entwickelt 
hat. Hüttenrauch hat vor kurzem ein gutes Buch über den 
Friedhof auf dem Dorfe geschrieben. So wird der Kon 
greß des Interessanten und des Wertvollen viel bieten. 
Wettbewerbe 
Bezirkskrankenhaus Tuttlingen. Das Preis 
gericht hat am 16./17. August nach eingehender Besich 
tigung der eingelaufenen Entwürfe wie folgt entschieden: 
I. Preis 1000 M. Bauwerkmeister Weippert-Stuttgart, 
II. Preis 700 M. Regierungsbaumeister Rieh. Dollinger- 
Stuttgart, IH. Preis 400 M. Architekten Bihl & Woltz- 
Stuttgart. Zum Ankauf wurde der Entwurf mit dem 
Kennwort „Heimatkunst“ empfohlen. 
Skizzen für die bauliche Ausgestaltung des 
Ausstellungsplatzes auf der Theresienhöhe in 
München. Für in München wohnhafte Künstler ist 
ein diesbezüglicher Wettbewerb zum 1. Oktober d. J. er 
lassen. Vier Preise von 2000, 1500, 1000 und 600 M. 
Kleine Mitteilungen 
Stuttgart. Sammlung vaterländischer Werke. 
Die Beratungsstelle für das Baugewerbe bei der Kgl. Zen 
tralstelle für Gewerbe und Handel plant die Herausgabe 
eines Sammelwerks, das eine Auswahl der Schätze unsers 
engeren Vaterlandes in sich bergen und vor allem schöne 
alte Dorf- und Städtebilder, malerische Straßenztige, 
interessante Holz- und Steinhauten, Brücken, Brunnen, 
Kirchen und Kapellen, sodann aber auch wertvollere 
Schmiedearbeiten, Möbel, Gedenk- und Grabsteine, AVappen 
und Hausschilder, AVasch- und Gartenhäuschen, die durch 
ihre Lage und Gestaltung sich auszeichnen, umfassen soll. 
Stuttgart. Die deutschen Baugewerksberufsgenossen 
schaften werden am 8. September hier im großen Rat 
haussaal unter Vorsitz des Landtagsabgeordneten Baurat 
Felisch-Berlin ihren 21. ordentlichen Verbandstag halten. 
Einen breiten Raum der reichhaltigen Tagesordnung 
nehmen die Verhandlungen über den Schutz der Bau 
arbeiter gegen Unfälle ein (Referenten; der Verbands 
vorsitzende, Baugewerksmeister Herzog-Danzig und 
Zimmermeister Nieß-Braunschweig). Da wiederholt und 
namentlich in letzter Zeit leichtfertige Verstöße von Ar 
beitern gegen die Unfallverhütungsvorschriften, ja mut 
willige Entfernungen von Schutzvorrichtungen festgestellt 
worden sind, so soll im Anschluß an die Verhandlungen 
über den Arbeiterschutz die Frage erwogen werden, ob 
im Interesse der Arbeiter auf eine Erhöhung der im 
§ 112 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes auf die 
Zuwiderhandlung gegen die Unfallverhtitungsvorschriften 
durch Versicherte gesetzten Strafe, die jetzt höchstens 
6 M. betragen darf, hingewirkt werden soll. Prof. Dr.
	        

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