FÜR WÜRTTEMBERG
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SASS - LOTHRINGEN
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STUTTGART, 1. SEPTEMBER 1906
Inhalt: Die neue Straßenbrücke bei Neckargartach. — John Euskin. — Naturrote Tonplatten. —
Yereinsmitteilungen. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher.
Alle Rechte Vorbehalten
Die neue Straßenbrücke bei Neckargartach
Nach einem Vortrag des Erbauers, Oberbaurats v. Schaal, im Wurttembergischen Verein für Baukunde
Vorgeschichte. Für die Dörfer Neckargartach,
Frankenbach, Biberach, Unter- und Obereisesheim, Für
feld und Bonfeld, die am linken Neckarufer liegen und
zusammen etwa 10 000 Einwohner zählen, ist die Stadt
Heilbronn am rechten Neckarufer der Erwerbs- und Ver-
kehrsmittelpunkt. Für den lebhaften Verkehr dieser Ort
schaften mit Heilbronn diente als feste Verbindung bisher
allein die vom Staat erbaute und in seiner Unterhaltung
befindliche Brücke in Heilbronn; die nächsten Fahrbrücken
liegen 26 km flußabwärts bei Eberbach und 13 km fluß
aufwärts bei Lauffen. Allerdings sind noch zwei Fähren
vorhanden, aber deren Betrieb muß bei höherem Wasser
stand und bei Eistreiben eingestellt werden; außerdem
bildet das Fährgeld eine sehr unangenehme Zugabe, die
namentlich bei Arbeitern immerhin ins Gewicht fällt. Da
die Zufahrten der genannten Brücke in Heilbronn nur
auf dem rechten Ufer hochwasserfrei gelegen sind, links
dagegen im üeberschwemmungsgebiet liegen, so war der
Fuhrwerkverkehr bisher stets ganz unterbrochen, sobald
ein größeres Hochwasser kam. Bei kleineren Hoch
wassern war noch der Umweg über die Lauffeuer Brücke
möglich, bei größeren stehen auch ihre Zufahrten unter
Wasser. Aber auch der Fußgängerverkehr war im Ueber-
schwemmungsfall in der Umgebung von Heilbronn be
deutend gehemmt, und die Arbeiter konnten nur auf
großen Umwegen zu ihren Arbeitsstellen gelangen. Die
Anwohner wünschten unter diesen Umständen schon
längst eine weitere Brücke, besonders da infolge der
allgemeinen Steigerung des Verkehrs, der Entstehung
des Salzwerks sowie der Entwicklung des Heilbronner
Industrieviertels der Mangel einer festen Verbindung
zwischen dem 3600 Einwohner zählenden Neckargartach
und dem Heilbronner Industrieviertel immer mehr empfun
den wurde. So begann denn im Jahr 1895 für den Bau
einer Brücke bei Neckargartach eine lebhafte Bewegung,
die in mehreren Bittschriften an die Regierung Ausdruck
fand und schon im Jahr 1901 ihr Ziel erreichte, indem
die Kammer der Abgeordneten der Regierung die Er
bauung dieser Brücke zur Berücksichtigung empfahl.
Daraufhin erhielt die Ministerialabteilung für den Straßen-
und Wasserbau den Auftrag, die Einzelpläne und Kosten
voranschläge zu dem Bauwerk ausarbeiten zu lassen.
Entwurf. Als Ort für die Errichtung der neuen
Brücke konnte nur die Stelle bei Neckargartach in Be
tracht kommen, wo im üeberschwemmungsfall das ge
samte Hochwasser sich in einen verhältnismäßig engen
Schlauch zusammendrängt. Im einzelnen wurden zwei
Entwürfe für zwei verschiedene Uebergangsplätze aus
gearbeitet, nach dem einen sollte die Brücke bei der
Fähre, nach dem andern 160 m weiter unten erstellt
werden. Bei beiden Entwürfen war eine Dreigelenk
bogenbrücke aus Beton mit fünf Oeffnungen von je 40 m
Spannweite und Pfeilhöhen von 1 / 8 bis 4 / 10 sowie mit einer
Gesamtbreite von 10,8 m angenommen. Ferner sollte
beidemal die Einengung des Hochwasserquerschnitts
durch entsprechenden Vorlandabhub ausgeglichen werden,
so daß für das Hochwasser von 1882 nur ein Aufstau
von 15 cm berechnet wurde, der unbedenklich ist. Während
nun aber nach dem einen Entwurf mit Uebergang 160 m
unterhalb der Fähre bei einem Kostenaufwand von
573 500 M. die Steigungen der Zufahrten 4 bezw. 1,05 %
betrugen, die Brücke mitten nach Neckargartach hinein
führte und der Abbruch von nur zwei Gebäuden not
wendig wurde, hatten nach dem zweiten zu 625000 M.
Die neue Straßenbrücke bei Neckargartach, Gesamtansicht