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BAUZEITUND
Nr. 35
veranschlagten Plan die beiden Pampen 4,5 °/ 0 Steigung,
und in Neckargartach sollten sechzehn wertvolle Häuser
so in die Auffüllung kommen, daß sie teilweise wertlos
geworden wären. Unter diesen Umständen fiel die Wahl
auf den wesentlich günstigeren ersten Plan.
Baulast. Eine rechtliche Verbindlichkeit zur Er
bauung der Brücke bestand weder für den Staat noch
für die beteiligten Gemeinden. Da aber ein dringendes
Bedürfnis nicht nur für die unmittelbaren Anwohner,
sondern für die ganze Umgegend vorlag, so wurde die
Ausführung aus Staatsmitteln beschlossen, wobei jedoch
die beteiligten Kreise zu Beiträgen herangezogen wurden.
Diese zu dem Bau geleisteten Beiträge sind die folgen
den : Amtskörperschaft Heilbronn 80 000 M., Stadt Heil
bronn, außer dem von dem Beitrag der Amtskörperschaft
auf sie entfallenden Anteil von 58000 M., unentgeltliche
Abgabe von Grundflächen im Werte von 6800 M. sowie
Herstellung einer Zufahrtstraße zu 50 000 M., Neckar
gartach 55 000 M. und 1150 M. für Grundstücke, Salz
werk Heilbronn 25000 M. und 13 000 M. für Salzbahnver
legung, Verein der unteren Stadt in Heilbronn 26 000 M.
Mit Hinzunahme weiterer kleinerer Zuschüsse der Ge
meinden Biberach, Frankenbach, Fürfeld sowie der
Chemischen Fabrik Wohlgelegen erreichten die Beiträge
schließlich die Summe von 204 200 M.; den Rest mit
369 300 M. hatte der Staat zu leisten, und dieser Betrag
wurde von den Landständen bei der Verabschiedung des
Etats für 1903 und 1904 aus Anlehensraitteln verwilligt.
Berechnung. Für den Standfestigkeitsnachweis
wurde eine gleichmäßige Belastung von 400 kg/qm, eine
Dampfwalzenlast von 16 t sowie ein spezifisches Gewicht
des Betons von 2,4 angenommen. Die zur statischen
Bestimmtheit der Konstruktion und zur Ermöglichung
einer Bewegung der Gewölbe bei Temperaturschwan
kungen erforderlichen Gelenke im Scheitel und in den
Kämpfern sollten aus Granitquadern in derselben Art
und Form hergestellt werden, wie solche schon in den
Gewölben der neuen Betonbrücke über den Neckar bei
Hochberg mit gutem Erfolg verwendet worden waren.
Ihre Berechnung erfolgte auf Grund der Hertzschen
Formeln, jedoch unter Berücksichtigung derjenigen von
der Hertzschen Entwicklung abweichenden Erfahrungen,
die bei eigens zu diesem Zweck angestellten Druckver
suchen Baudirektor v. Bach gesammelt hat und deren
wichtigste die ist, daß nicht, wie Hertz annimmt, mit der
Zunahme der Größe des Wölbungsradius r des einen
Gelenkteils auch die zulässige Belastung P im selben Ver
hältnis wächst, daß vielmehr die Vergrößerung von r sich
bei den Werten, die für Gelenkquader überhaupt in Be
tracht kommen, weit weniger einflußreich erweist, als sich
nach Hertz erwarten läßt. Die Versuche führten außer
dem zu dem merkwürdigen Ergebnis, daß Steine aus
demselben Bruche und den gleichen Felsmassen ganz
verschiedene Festigkeit zeigten, was, wie aus den Unter
suchungen von Prof. Dr. Sauer hervorging, von dem ver
schiedenen Verwitterungszustand der Steine herrührt.
Mit Rücksicht auf diese Versuche wurde der Halbmesser
des einen Gelenkquaders zu 6 m angenommen, wobei sich
die größte Berührungsbreite bei Vollbelastung zu 64 mm
berechnete. Dies ist rund 1 / 14 der Breite des ebenen
Gelenkquaders und, da der größte Druck, den der Granit
auszuhalten hat, zu 538 at berechnet wurde, so konnte
unter Einpassung dieser Verhältnisse in die Reihe der
Bachschen Versuchsergebuisse noch eine sechsfache
Sicherheit durch Interpolation erhoben werden. Die Ge
wölbe haben im Scheitel 0,75 m, an den Kämpfern 0,85 m
und in der Nähe der Bruchfuge rund 1 m Stärke. Die
größte Pressung im Gewölbe ist zu 38 at berechnet,
während der Druck der Fundamente auf den durchweg
aus Felsen bestehenden Baugrund im ungünstigsten Fall
7 at beträgt. Die in Kämpferhöhe 3 m breiten Zwischen
pfeiler wurden nicht für einseitigen Druck bemessen; es
war daher bei der späteren Gewölbebetonierung durchaus
symmetrische Belastung bei allen fünf Oeffnungen durch
zuführen.
Einzelheiten des Entwurfs. Die Fundamente
sollten eine Betonmischung von 1:3:6, die Pfeiler und
Widerlager dieselbe Mischung sowie eine Verkleidung
mit Heilbronner Sandsteinen erhalten. Für das Gewölbe
war die endgültige Zusammensetzung von Proben ab
hängig gemacht, die eigens zu diesem Zweck im Zement
werk Lauffen angestellt wurden. Nach außen, an den
Sichtflächen, sollte die Mischung feiner werden zur Er
möglichung eines späteren Ueberarbeitens. Auf den Bögen
waren Pfeilerreihen mit Stichbögen vorgesehen. Konsolen,
Gesimsstücke und Brüstungen sollten in Heilbronner
Sandstein ausgeführt werden. Die Wärmefugen, die von
den Kämpfergelenken aus sichtbar in die Höhe gehen,
sollten an den Gewölbestirnen 2 cm breit erscheinen,
während in der Betontafel, welche die Fahrbahn trägt,
sowie an den Gehwegen die offene Fuge durch über
einander verschiebbare Eisenplatten überdeckt wird. Für
die Bewegungsmöglichkeit der Scheitelgelenke mußte durch
Offenlassen von Brüstungsfugen vorgesorgt werden. Für
die Fahrbahn wurde eine 17 cm starke Granitpflasterung
auf einer 6 cm dicken Mainsandschicht vorgesehen, für
die Gehwege Betonierung mit Granitrandsteinen. Die
Betontafel unter der Fahrbahn hatte Gefall nach der
Mitte zu, wo sich das durch das Pflaster sickernde
Wasser unter einem längs durchlaufenden .n. - Eisen
sammeln und gußeisernen Abfallröhren zufließen sollte.
Auch die Abführung des Tagwassers aus den Kandeln
war mit solchen Abfallröhren gedacht. Die Lehrgerüste
mußten wegen der kurzen Zeit niedriger Wasserstände
am unteren Neckar für die ganze Gewölbbreite durch-
geftihrt werden. Dabei war im Lehrgerüst des ersten
Bogens, der das Fahrwasser des Flusses überspannt, für
den Schiffahrts- und Floßbetrieb in Sprengwerksform eine
Oeffnung von 9 m lichter Weite zu belassen, zu welcher
die Schiffe durch verschalte Pfahlreihen hingewiesen
wurden. Die Ueberhöhung wurde zu 10 cm bemessen,
für das Ablassen waren Schrauben und Sandtöpfe vor
gesehen. Die Zufahrten sollten 7 m Fahrbahnbreite und
2,15 m für beide Gehwege erhalten und die Böscbungs-
kegel über den höchsten Hochwasserstand hinauf ge
pflastert werden.
Die künstlerische Ausstattung wurde bei der
Ausführung in dankenswerter Weise von Prof. Th. Fischer