1. September 1906
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BAUZEITUNG
übernommen. Die ursprünglich vorgesehenen Bossen an
den Lisenen der Zwischenpfeiler und die Lisenen an den
Ortpfeilern wurden weggelassen, ebenso die hohen Py
lonen an den Ortpfeilern, an deren Stelle Gedenksteine
gesetzt wurden. Statt der Stichbögen in den Gewölbe
zwickeln wurden, wie in einem der ersten Entwürfe,
Halbkreisbogen gewählt und die Gewölbestirnen mit den
Pfeilerchen in eine Ebene gelegt, wodurch eine ruhige
Wirkung des Bauwesens erzielt worden ist. Die Ent
wässerung der Brückentafel wurde durch Wasserspeier
bewerkstelligt. lieber dem Flußpfeiler steht flußabwärts
ein runder Aufbau mit einem Brückenhäuschen, das im
Giebelfeld die Industrie zeigt, die über den Fluß hinüber
der Landwirtschaft die Hand reicht; auf dem First thront
ein weinseliger ISJeckargott. Die Bildhauerarbeiten sind
nach den Skizzen Fischers von dem Bildhauer Jakob
Brüllmann in Stuttgart in vollständig gelungener Weise
ausgeführt worden.
Ausführung. Mit der Gründung der Pfeiler
wurde am 10. August 1903 begonnen. Die Arbeiten
waren mit 6 °/ 0 Abgebot der bewährten Firma C. Baresel,
Unternehmung für Tiefbau in Stuttgart, übertragen. Die
Zementlieferung erhielt das Württ. Portlandzementwerk
Lauffen.
Die Baugruben, deren Sohle 6—9 m unter vergl. Ge
ländehöhe lagen, wurden auf 3 m Tiefe mit einfüßiger
Böschung ausgehoben, von da aus begann die Abteufung
mit Gevieren und Dielen, die mit dem Tieferwerden der
Baugruben entsprechend nachgetrieben wurden. Der
Wasserandrang, der auf der ersten Mergelschichte unter
dem Kieslager am stärksten war und bis zu 60 Sekundenliter
betrug, konnte mittels Kreiselpumpen von 250 mm Licht
weite bewältigt werden. Das eindringende Wasser hatte
indes so viel Druck, daß es in dicken Strahlen im Bogen
in die Baugrube sprang, wodurch das Ausheben der letzten
brüchigen Gesteinsschicht, ganz besonders aber die Her
stellung der den Wänden entlang zum Pumpensumpf
laufenden Entwässerungsrinnen sehr erschwert wurde;
auch hätte bei solchem Wasserzudrang ein gutes Beton
fundament nicht ausgeführt werden können. Man half
sich deshalb folgendermaßen: Längs der Spunddielen
wurden Latten befestigt und auf diese der Länge nach
bis auf den Boden herunterhängende Bahnen von starker
Dachpappe genagelt, die sich etwa 15 cm weit üher-
' deckten. Auf diese Weise wurden die Wände förmlich
austapeziert und das AVasser rauschte nun zwischen der
Dachpappe und der Mergelwand herunter, wurde unten
von den seitlichen Rinnen aufgenommen und dem Pumpen
sumpf zugeleitet. Bei dem Flußpfeiler wurde zunächst
in 2,5 m Entfernung von dem geplanten Pfeiler mit der
Dampframme eine Spundwand geschlagen und gehörig
abgedichtet, dann wurde ausgepumpt und ausgegraben,
wobei man innen an der Spundwand den Baugrund auf
1 m Breite ringsum stehen ließ und von da bis zu den
Felsschichten etwa einfüßig abböschte. Man erreichte so
ohne Anwendung von Latten eine völlig wasserdichte
Baugrube. Zum Schutz gegen Unterwaschen bezw. Aus
waschen des Betons wurde bei dem Flußpfeiler das ganze
Fundament mit Muschelkalkquadern verkleidet.
Auf diese Weise waren unter Aufbietung von 70 bis
100 Arbeitern und 8 Lokomobilen für Pumpen, Winden,
Gründung des ersten Flutpfeilers