Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

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BAUZEITEN G 
Nr. 43 
zwar durch Ueberbauung 
eines Teils desselben. Um 
bei der großen Zahl (35) 
auch hier etwas zu siebten, 
lassen sieb die Arbeiten am 
einfachsten danach scheiden, 
ob sie eine symmetrische oder 
unsymmetrische Anordnung 
vorsehen. Im ersteren Fall 
ist entweder die Möglichkeit, 
die Westfront durch ihr pa 
rallele Gebäude einzurahmen, 
um geradlinig auf das Portal 
hinzuführen, wie es zum 
Beispiel die Entwürfe „Böb- 
linger“ (42) oder „Alice“ (47) 
tun. Aber schon der Ge 
danke, so den Münsterplatz 
vom Münster abzurücken, wird unbedingt von der Hand 
zu weisen sein. Eine zweite Möglichkeit, in der Achse des 
Münsters, ihm gegenüber, große gegen das Münster sich 
öffnende Flügelbauten zu erstellen, die also den Münster 
platz umfassen, wird durch den Entwurf (eine von zwei 
Varianten) „Schwaben“ (31) vertreten. Dieser Entwurf, 
an dem vielleicht mancher Beschauer achselzuckend vorbei 
geht, hat unzweifelhaft etwas Großartiges. Der Ver 
fasser, dem dabei der römische Petersplatz vorschwebt, 
denkt sich einen innen auf Säulen ruhenden, gegen 
Westen offenen Halbrundbau, mit einem nicht ganz in 
der Mitte, sondern in Südwesten, also bei der Hirsch 
gasse, angebrachten gewaltigen Bogendurchgang. Freilich 
ist der ganze Plan zu fremdartig, steht unsrer heimat 
lichen Bauweise zu fern, als daß irgend ernstlich daran 
zu denken wäre. Die Gesamtheit der symmetrisch an 
gelegten Projekte tut dem Vorhandenen viel zu viel Ge 
walt an; sie wollen sich allesamt dem Münsterplatz, wie 
er nun einmal ist, nicht einfügen und beweisen nur, was 
freilich viele schon vorher wußten, daß es ein Unding 
ist, in der Altstadt Ulms einen symmetrischen Platz 
schaffen zu wollen. 
Das Ausscheiden auch dieser Entwürfe führt endlich 
zu denjenigen, die in zwangloser, nicht durch äußeres 
Ebenmaß, sondern nur durch die Harmonie der Wirkung 
III. Preis. Verfasser: Regierungsbaumeister Schuster, Stuttgart 
bedingter Anordnung Bauten 
zu erstellen vorschlagen. 
Weitgehende Meinungsver 
schiedenheiten zeigen sich 
hier bezüglich des Maßes der 
Ueberbauung. Daß aber ge 
rade auf die Einhaltung eines 
weisen Maßes ausschlag 
gebender Wert gelegt werden 
muß und auch tatsächlich 
gelegt worden ist, zeigt der 
Spruch des Preisgerichts. 
Manche Arbeiten gehen sehr 
weit; wenn wir übrigens eine 
derselben (Variante von 47), 
die den alten Platz völlig, und 
zwar mit Arbeitermietka 
sernen zubaut, als Kuriosum 
anführen, so hindert das nicht, daß unter diesen Entwürfen 
einige von durchaus künstlerischem Empfinden und Können 
Zeugnis ablegen. Namentlich das (an sich durchaus nicht 
von vornherein zu verwerfende) Bestreben, die zwei unteren 
Stockwerke des Turms, also Vorhalle und Martinfenster, 
mit einer nächsten Umgebung zu völlig intimem ge 
schlossenen Bilde zusammenzufassen und so die packendste 
Steigerung der Wirkung zu erzielen, hat manche Be 
werber veranlaßt, eine Baumasse bis nahe an den West 
turm zu führen. Daß dieser Gedanke zu sehr hübschen 
Möglichkeiten sich ausgestalten läßt, dafür ist als Bei 
spiel der talentvolle Entwurf: „Fortiter in re, suaviter 
in modo“ (62) anzuführen; mit reicher und doch streng 
im Zaum gehaltener Phantasie entrollt der Künstler eine 
Reihe malerischer Durchblicke bis zu dem mehr hofartig 
traulich gedachten Vorplatz selbst. Doch, wie gesagt, 
eine Bauanlage, die den Platz zu sehr einschränkt oder 
ihm gar das Gepräge eines solchen ganz nimmt, kann 
nicht voll befriedigen. So fällt der Blick endlich auf 
die Lösung, die nach dem Urteil der Preisrichter am 
besten dazu führen kann, der Schwierigkeiten Herr zu 
werden, und die wir als übereinstimmenden Grund 
zug in sämtlichen preisgekrönten Entwürfen 
linden: Die Einschiebung einer Gebäudewand zwischen 
der dem Durchgangsverkehr dienenden Verlängerung der 
Angekaufter Entwurf. Verfasser: Regierungsbaumeister Karl Jung, Stuttgart
	        
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