3. November 1906
BAUZEITUNG
357
VOLKSSÜ-luLft. ro* BENSMeiM.ftis.B
WCTrnewcRBSCNTujuRr.
In engerer Wahl
Architekten Klatte & Weigle, Stuttgart
Infektion, weil die enge Belegung der Häuser und Häuser-
komplexe zahllose Anlässe zum Verkehr und zur persön
lichen Berührung schafft. YonEinfluß auf die übertragbaren
Krankheiten ist deshalb besonders a) die Beschränkung
der Zahl und Größe der Wohnräume, die fortwährende
starke Annäherung der Personen untereinander unver
meidbar macht, b) die gemeinsame Benutzung von Lager
stätten, die in überfüllten Wohnungen sehr verbreitet ist.
3. Die üeberfüllung der kleinen und mittleren Wohnungen
mit Schlafleuten, eine typische Erscheinung der Wohnungs
not, fördert die Verbreitung und Verschleppung übertrag
barer Krankheiten. 4. Die Hausindustrie, die überall
Boden gewinnt, wo Wohnungsnot zum Sparen anregt,
kann zur Verbreitung von übertragbaren Krankheiten
beitragen unter den Arbeitern in und unter den Ab
nehmern von Arheitserzeugnissen aus infizierten Räumen.
5. üeberfüllung und mangelhafte Beschaffenheit der Woh
nungen erschwert die Reinhaltung der Räume, der Ge
räte, der Wäsche, des Körpers. Die Unreinlichkeit fördert
die Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten, indem
sie die Disposition der Bewohner zu Erkrankungen er
höht und die Aufspeicherung von Krankheitserregern
begünstigt. 6. Die Durchführung der modernen Seuchen
bekämpfung , die Absonderung der von ansteckenden
Krankheiten befallenen Personen und Vernichtung der
Krankheitserreger anstreht, kann in überfüllten und
schlechten Wohnungen bis zur Unmöglichkeit erschwert sein.
Dieser Vortrag hot für die Behörden und Bewohner
von Metz ein aktuelles Interesse, weil in der Stadt, der
alten Grenzfestung, die bisher durch die Rayonbestim
mungen ganz erheblich eingeschntirt und in der freien
Entfaltung gehemmt war, mit Bezug auf die Wohnungs
frage nicht unerhebliche Schwierigkeiten zu überwinden
waren und zudem in Metz und Umgegend der Typhus
endemisch herrscht. Erst jetzt, nachdem seit einigen
Jahren die in weitem Gürtel die Stadt umschließenden
Außenforts fertiggestellt und die alten inneren Festungs
wälle und Gräben gefallen sind, ist es möglich, der
hygienischen Seite der städtischen Verwaltungseinrich
tungen die erforderliche Aufmerksamkeit und Fürsorge
zuzuwenden, was denn auch bereits in weitgehendem Maße
geschehen ist. A.
Häusersenkimg in Cannstatt
Man schreibt uns hierüber von unterrichteter Seite:
In der Kasernenstraße in Cannstatt haben sich die teil
weise schon seit 1. Oktober d. J. bewohnten Neubauten
Nr. 14, 16 und 18 an der Rückseite in bedenklichem
Maße gesenkt, so daß die Polizeibehörde die Räumung
dieser Häuser anordnete. Es hängen nach hinten Ge
bäude Nr. 14 32 cm, Nr. 16 41 cm und Nr. 18 20 cm.
Bedeutendere Risse sind nur in den Nebenseiten der
Häuser, insbesondere in den Souterrains, wo dieselben
eine Weite bis zu 6 cm haben, bemerkbar. Die Häuser
stehen durchweg auf festem gewachsenem Lehm, der mit
ca. 2,60 kg pro Quadratzentimeter belastet ist, so daß die
Fundation der Häuser zu keinen Bedenken Anlaß gab.
Die Fundamente greifen ca. 1 m unter die natürliche
Terrainoherfläche. Zur Kasernenstraße ist bis jetzt nur
die bei den Häusern ca. 3 m hohe Auffüllung hergestellt,
und zwar schon seit längerer Zeit. An den Neben- und
Rückseiten wurde die erforderliche Auffüllung in etwa
gleicher Höhe erst in den letzten Monaten hergestellt
und soll seither eine merkliche Setzung nicht mehr wahr
genommen worden sein. Bei der Sockel- und Rohbau
abnahme sollen die Häuser noch vollständig intakt und
in senkrechter Stellung gewesen sein. Es ist daher an
zunehmen, daß, nachdem die Dächer der Häuser einge
deckt waren und das Regenwasser durch die Rinnen in
größeren Mengen in die Auffüllung und das natürliche
Terrain sich ergoß, der Untergrund derart durchweicht
wurde, daß die Setzung nicht ausbleiben konnte. Es
hätte hier gewiß durch sorgfältigere Ableitung des Ab
wassers viel vermieden werden können. Ein vorläufiges
Wohnungsverbot hätte wohl auch müssen erlassen
werden wegen des mangelhaften Zugangs zu den Häusern
und des noch sehr feuchten und unfertigen Zustandes
derselben.
Die Bauleitung besorgte der Bauherr Ludwig Oß-
wald, früherer Bureaudiener in Ostheim, selbst ge
meinschaftlich mit dem ungeprüften Bauführer Joseph
Götz in Cannstatt. Die Beton- und Maurerarbeiten
führte der ungeprüfte Maurer Eugen Bürkle von
Schmiden aus.