Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

372 
BAUZBITUNG 
Nr. 46 
Kunst sehr stark vertreten war. Bei der Begrüßungsver 
sammlung im Belvedere am 5. Sept. abends konnte somit 
auch die stattliche Zahl von gegen 300 Teilnehmern fest 
gestellt werden, die allerdings zum überwiegenden Teil 
aus Theologen bestand, doch waren auch die namhaftesten 
Kirchenbaumeister ziemlich vollzählig vertreten. Am 
ersten Tag sprach Prof. Dr. Clemen-Bonn über Kirche 
und Kunst; er faßte sich dahin zusammen, man solle 
nicht von alter und neuer Kunst reden, es gebe bloß 
gute und schlechte Kunst; die Geistlichen mögen die Tore 
für die Kunst weit aufmachen. Geh. Hofrat Dr. Gurlitt 
verfocht den Gedanken, man soll eine Kirche nicht auf 
einmal fertig planen, sondern sich Zeit lassen und auf 
die Zukunft vertrauen. Wie im Mittelalter, so möge auch 
jetzt wieder ein ganzes Geschlecht an einem Gotteshaus 
bauen, entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen. Am 
zweiten Tag wurde das Haupt 
thema des Kongresses behandelt 
von Superintendent D. Dibelius 
und Baurat Gräbner: die axiale 
Kanzelstelluug. Die anschließende 
Debatte war sehr lebhaft für und 
wider. Die Ergebnisse lassen sich 
etwa dahin zusammenfassen: bei 
symmetrischer Grundrißanlage mit 
beiderseitigen Emporen wird die 
axiale Stellung von Kanzel und 
Altar stets am Platz sein. Da 
gegen wird bei unsymmetrischer 
Grundrißbildung der Grundsatz, 
jede Kultstätte für sich auszu 
bilden, mehr in den Vordergrund 
treten. Jedenfalls ist die axiale 
Stellung nicht als die alleinselig 
machende anzusehen. Weiter wur 
den noch behandelt die Themen; 
Erhaltung und Erneuerung der 
Kirchen, Die Kirche im Stadtbild 
sowie Die Kirche und der Fried 
hof. Der zum Schluß noch vor 
gelegte Ahänderungsentwurf für 
die „Eisenacher Ratschläge “ wurde 
dem Protokoll des Kongresses 
nicht beigegehen, ein Zeichen für 
den auf dem ganzen Kongreß durch 
klingenden Gruudton; „Geben Sie 
Gedankenfreiheit.“ Der Dresdner 
Kirchenhautag bedeutet somit 
zweifellos einen Sieg der Kunst 
über das Schema, die Schablone. 
Es war ein Verdienst des ersten 
Redners, Prof. Dr. Giemen, diese Note gleich zu Anfang 
erfolgreich angeschlagen zu haben. 
Die an den Vortrag anschließende Debatte drehte sich 
namentlich um die auf dem Kongreß aufgetretene For 
derung des allmählichen Baues der Gotteshäuser. Dieser 
Gedanke wurde allgemein als für die Jetztzeit undurch 
führbar bezeichnet. Darauf wurde Oberbaurat Dolmetsch 
noch um nähere Angaben über Kosten der Markuskirche 
sowie über Akustik gebeten. Hinsichtlich des letzteren 
Punkts machte er interessante Angaben über die 
ihm patentierte Korkbekleidung. Sodann drehte sich 
die Erörterung noch um die am Turm anzuhringenden 
Engel. Aus der Mitte des Vereins wurde die Ansicht 
vertreten, daß die Engel zweifellos dem Turm etwas 
Feierliches verleihen und wohl am besten als Ver 
längerung der Lisenen ausgebildet werden. 
Zum Schluß daukte der Vorsitzende für die Fülle 
neuer Gedanken und Anregungen, die im Verlauf des 
Mittags und Abends zum Ausdruck kamen. —n— 
Wettbewerbe 
Wtirttembergischer Kunstgewerbe-Verein. Der 
Verein für Hebung des Fremdenverkehrs in Ludwigsburg 
hat den Kunstgewerbe-Verein mit dem Ausschreiben eines 
Plakatwettbewerbs betraut, worauf nicht weniger als 
154 Plakatentwürfe eingingen. Das Preisgericht hat wie 
folgt entschieden: Den I. Preis von 1000 M. erhielt der 
Entwurf mit dem Motto „Reifrock“ des Malers Max 
Kittler-Charlottenburg, den II. Preis von 500 M. der 
Entwurf mit dem Motto „Dido“ des Architekten A. Retter- 
Stuttgart, den III. Preis von 300 M. der Entwurf mit 
dem Motto „Weiher“ des A. Krause-Berlin. Zum 
Ankauf wurden empfohlen die Entwürfe von Th. G. Giers- 
berg, P. Schnorr, G. A. Cloß und F. Gubitz, sämtlich in 
Stuttgart, ferner die Plakate von F. Scholl-Dachau, Max 
Frey-Frankfurt a. M., E. Seifert- 
Hannover, E. Neumann-Suresnes, 
H. Jäger-Berlin. Die preisgekrön 
ten, empfohlenen und ein Teil der 
übrigen Plakate sind bis zum 
20. d. M. im Lokale des Kunst 
gewerbe-Vereins im Kgl. Landes 
gewerbemuseum in Stuttgart aus 
gestellt. 
Städtische Ausstellungs 
halle Frankfurt a. M. Das 
Preisgericht hat drei Entwürfe mit 
gleichen Preisen von je 12 000 M. 
ausgezeichnet, und zwar die 
Entwürfe folgender V erfassen: 
I. Architekt Prof. F. Pützer in 
Darmstadt in Verbindung mit der 
Aktien - Gesellschaft für Hoch- 
und Tiefbauten in Frankfurt und 
Brückenbau Flender A.-G. in 
Bernrath; 2. Architekten und Bau 
unternehmer Schaffner & Albert 
in Frankfurt in Verbindung mit 
der Maschinenbauanstalt Hum 
boldt in Kalk hei Köln; 3. Archi 
tekt Prof. Friedrich v. Thiersch 
in München in Verbindung mit 
denV ereinigten Maschinenfabriken 
Augsburg-Nürnberg, Zweiganstalt 
Gustavshurg hei Mainz. Zum An 
kauf empfohlen wurden die Ent 
würfe der Herren: 4. Architekten 
Jürgensen & Bachmann in Ghar- 
lottenhurg in Verbindung mit der 
Aktien-Gesellschaft für Hoch- und 
Tiefbauten in Frankfurt und der Eisenbauanstalt Aug. 
Klönne in Dortmund; und 5. Architekt Br. Möhring in 
Berlin in Verbindung mit der Gute-Hoffnungshütte in 
Oberhausen. 
Wettbewerb Volksbücherei Eger. Unter 38 Ent 
würfen errang den I. Preis mit 700 Kr. der des Archi 
tekten F. Glaser in Wien, den II. Preis von 500 Kr. der 
Entwurf der Architekten W. Ratz in Berlin und J. Stöberl 
in Wilmersdorf, den III. Preis von 300 Kr. der Entwurf 
der Prof. Kühn & Fanta in Reichenberg i. B. Der Ent 
wurf mit dem Kennzeichen eines schwarzen und weißen 
Raben im blauen Felde wurde zum Ankauf empfohlen 
und der Entwurf „Deutscher Volksratspiegel“ mit einer 
lobenden Anerkennung bedacht. 
In einem engeren Wettbewerb betr. Entwürfe 
für einen Camposanto für Meran, zu welchem 
die Architekten Langheinrich-München, Schmitz-Nürn 
berg und Weher-Wien eingeladen waren, wurde der Ent 
wurf des Prof. Jos. Schmitz-Nürnberg zur Ausführung 
gewählt. 
Altes Haus „hinter Lauben“ in St. Gallen 
(Aus dem Schweizerischen Kunstkalender 1907)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.