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BAUZEITUNG
NR. 11
bau nicht erschöpft. Gerade dadurch, daß sie die Be
wohner ihres Industriehofs zu einer Art Wirtschafts
organisation verknüpft, befähigt sie wahrscheinlich die
selben, der großstädtischen Grundrente ganz und gar zu
entrinnen. Ist auf die angedeutete Weise Werkstätten-,
Kraft-, Licht-, Wärmebedarf organisiert, besteht eine sich
ergänzende Zusammenfassung von Gewerben, finden sich
Ansätze einer Organisation von Transportmitteln wie für
Rohstoffeinkauf und Waren vertrieb, so sind die Hemm
nisse beseitigt, die einer sonst volkswirtschaftlich wün
schenswerten Abwanderung derjenigen Gewerbetätigkeit,
die nicht unbedingt an die Großstadt gefesselt ist, im
Wege stehen. Dies um so mehr, als ja die sonst so
schwierige Beleihungsfrage in der gemeinnützigen Ge
sellschaft selbst ihre Erledigung gefunden hat.
Die gemeinnützige Gesellschaft für Werkstättenbau stellt
sich somit als eine wichtige Handhabe aller Dezentrali
sationsbestrebungen dar. Mit ihrer Hilfe wird eine An
siedlungsbewegung (sei es nun in der Form der „Stadt
verjüngung“ von Dr. K. v. Mangoldt, der „Industrie
wohnstraße“ von Latscha undTeudt oder der „Gartenstadt“
Howards) bedeutend leichter vorwärts kommen. — Auch
wenn die Dezentralisationsbewegung sich im Anschluß an
die Kleinstädte entwickeln sollte, wird unsre gemein
nützige Gesellschaft die wertvollsten Dienste leisten können.
Hier könnte sie auch als kommunale Einrichtung gedacht
werden. In der Kleinstadt würde sie ein vorzügliches
Mittel sein, um mühselige Klein- und Heimindustrien zu
reorganisieren und volkswirtschaftlich leistungsfähig zu
machen. Hier könnte sie der Ausgangspunkt eines in
dustriellen Aufschwungs des ganzen Orts, ein Kristalli
sationskern für neue industrielle Entwicklung werden.
WETTBEWERB FÜR EIN REALGYMNASIUM IN
ALTENESSEN (VGl.dib Abbildungen Seite 84und 85)
Bei dem Wettbewerb für Pläne zu einem Realgymnasium
in Altenessen (nach Frankfurter Reformsystem) wurde,
wie schon seinerzeit kurz mitgeteilt, Architekt Hein
rich Mehlin-Stuttgart mit dem I. Preis ausgezeichnet.
Der Freundlichkeit des genannten Herrn verdanken wir
die bildlichen Darstellungen des preisgekrönten Entwurfs.
Zunächst sei aus den Programmbedingungen das Wesent
lichste mitgeteilt. Gefordert wurden; 9 Klassenzimmer
von verschiedenen Größenabmessungen, Gesangssaal und
Kombinationsklasse, Turnhalle, zugleich Aula, Direktor
zimmer mit anschließendem Wartezimmer und Lehrer
zimmer, je 3 Räume für Physik und Chemie, Bibliothek,
Lehr- und Sammelzimmer für beschreibende Naturwissen
schaften, Zeichensaal, Wohnung des Schuldieners mit
besonderem Eingang, Aborte.
Das Projekt mußte die Möglichkeit vorsehen, daß zunächst
nur eine teilweise Ausführung, und zwar der Räume für
eine sechsstufige Anstalt (bis einschl. Obersekunda) erfolgt.
Hiebei kommen in Wegfall: a) 3 Klassenzimmer, b) Ge
sangsaal, c) 3 Räume für Chemie. Ferner ist die Mög
lichkeit vorzusehen, daß nach erfolgtem Ausbau zur
neunstufigen Yollanstalt außerdem noch eine Erweiterung
um 4 Klassen stattfindet. Des weiteren wurde verlangt
eine Direktorwohnung, bestehend aus 7 Zimmern nebst
Zubehör. Dieselbe ist in günstige Verbindung mit dem
Hauptgebäude zu bringen. Der Hauptunterricht findet in
den Stunden bis 1 Uhr mittags statt. Für Grundrisse
und Schnitte war der Maßstab 1:200, für die Ansichten
1:100 verlangt; Perspektiven waren von der Beurteilung
ausgeschlossen. An Preisen waren ein I. Preis von 2500 M.,
ein II. von 1500 M. und ein III. von 1000 M. ausgesetzt,
welche auch programmgemäß zur Verteilung gelangten.
Das Preisgericht erkannte unter den 67 eingelaufenen
Entwürfen einstimmig dem vorliegenden Entwürfe den
I. Preis zu. Bemängelt wurde die Lage zweier Schul
klassen nach Süden — ein Beweis, wie sehr die An
sichten in dieser Hinsicht immer wieder auseinander gehen.
EIN NEUES DEKORATIONSVERFAHREN
FLACHRELIEFS VON FR. ROCK-STUTTGART
Wir haben bereits bei der
Besprechung der Haustein-
Ausstellung auf dieses neue
Verfahren hingewiesen, das
vom Dekorationsmalermeister
Fr. Rock in Stuttgart er
funden wurde und allein aus
geführt wird (vgl. Nummer 5
der „Bauzeitung“). Die ab
gebildeten Decken sind von
Paul Haustein-Stuttgart ent
worfen und noch von der
Haustein-Ausstellung her in
den Räumen des Württember-
gischen Kunstgewerbevereins
im StuttgarterLandesgewerbe-
museum ausgestellt. Zur Her
stellung dient eine besondere
Stuckmasse, die außerordent
lich fest wird, durch beson
dere Zubereitung sogar wetter
beständig gemacht werden
kann, so daß derartige Flach
reliefdekorationen auch an den
Fassaden haltbar angebracht werden können. Im Inneren
können sie vielseitige Verwendung finden zur Decken
ausbildung, als Wandmusterung, als Brüstungen an Stelle
von Lincrusta oder ähnlichem; die Kosten der Her
stellung sind etwa die gleichen wie für sonst an ihrer
Stelle angebrachte Malereien und viel geringer als wie
für jedes andre Stuckverfahren oder Lincrusta.
DER BRAND DES LUDWIGSBURGER WAREN
HAUSES
beschäftigt unsre bautechnischen Kreise in außerordent
licher Weise, insbesondere gibt die Art der Verbreitung
des Feuers den Sachverständigen Anlaß, ihre Erfahrungen
und Ansichten zur Kenntnis zu bringen. Wir geben
in nachstehendem zwei Zuschriften Raum, die höchst
wertvolle und eingehende Ergänzungen zu den Aus
führungen in Nr. 10 enthalten. Die eine Zuschrift, die
Wahrnehmungen eines hiesigen Technikers wiedergebend,
lautet:
„Daß das Warenhaus selbst in ganz solider Weise kon
struiert und ausgeführt sein soll, dürfte insofern mindestens
bezweifelt werden, als die mit fünf Fensterachsen aus
Kunststein massiv gebildete Vorderfassade mit dem mäch
tigen Giebel in der Mitte des Gebäudes über dem ersten
Stock mit Ausnahme der beiden Eckpfeiler ausschließlich
auf einer zweistöckigen Metallkonstruktion -—■ nicht um
mantelten walzeisernen Unterzügen und ebensolchen ge
nieteten Ständern — ruht.
Die eisernen Ständer haben glücklicherweise für diesmal
noch standgehalten, es darf aber dabei nicht vergessen
werden, daß es sich hier um ein blitzartig aufgeflackertes
Feuer handelte und nur dank dem unermüdlichen Ein
schreiten der Feuerlöschmannschaften die Entwicklung
einer Gluthitze ausblieb, die eine Ausbiegung oder sonstige
Formänderung der eisernen Ständer und Unterzüge in
sichere Aussicht gestellt hätte.
Die Feuerwehrleitung hat in richtiger Erkenntnis der
drohenden Gefahr mit voller Energie ihre größte An
strengung auf die Abschwächung der Einwirkung der
Hitze auf die Metallkonstruktion gerichtet; wäre ihr dies
nicht gelungen, der Einsturz der Straßenaußenwand wäre
naheliegend gewesen, und wer hätte die unglücklichen
Folgen abzusehen vermocht?
Ob eine Asbestumhüllung der den gesamten Wohnungs
einbau tragenden eisernen Ständer empfehlenswert ist,
konnte auf Grund des in Rede stehenden Brandfalles