Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

bauzeiton 
FÜR WÜRTTEMBERG 
BADEN HESSEN 
SASS-LOTHRIN 
Stuttgart, 5. Januar 1907 
Inhalt: Historisches Museum der Pfalz in Speyer. -— Ein unterseeischer r reSäPöfcfclä* "Tjandesproporz- 
wahl. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher/"— Briefkasten. — Zur 
geil. Beachtung. 
Alle Rechte Vorbehalten 
Historisches Museum der Pfalz in Speyer 
Architekt Professor Gabriel v. Seidl, München 
Jahrhundertelang haben Krieg und Druck und Bangen 
auf der schönen Pfalz gelastet. 
Frei zu atmen und froh-tatkräftig zu schaffen hat erst 
das 19. Jahrhundert uns wieder gegönnt. 
Kaum waren die letzten Kriegsstürme, die über unser 
Land dahingetobt hatten, verbraust, da begann ein emsiges 
Sammeln aller historischen Beste, die jahrhundertelang 
dauernder Brand und Bauh und Zerstörungssinn noch 
übriggelassen hatten. 
So spärlich die Zahl der Sammler war und so gering 
deren Mittel waren, so gewaltig und imponierend ist das 
Ergebnis, das der Fleiß der nimmermüden Sammler in 
der Pfalz im Laufe von 90 Jahren erzielt hat. 
Es ist die Stadt Speyer, deren Verständnis und Opfer 
sinn dem „Historischen 
Museum der Pfalz“ seit 
30 Jahren nicht bloß ein 
freundliches Obdach ge 
boten, sondern neben der 
Landrate der Pfalz auch 
noch namhafte Mittel ge 
währt hat, um manch ein 
köstlich Sammlungsstück 
zu erwerben. 
Aus diesem zielbewuß 
ten einmütigen Zusam 
menwirken des Histori 
schen Vereins der Pfalz 
und der Stadt Speyer ist 
jene Sammlung erwach 
sen, die den stolzen Namen 
„Historisches Museum der 
Pfalz“ führt, eine Sammlung, die zurzeit schon über 
zwanzig Säle füllt. Zur Aufnahme weiterer Gegenstände, 
die aufgenommen werden wollen und sollen, fehlt es an 
Baum. Wir dürfen es aber niemals zugeben, daß Funde 
und Zuwendungen unserm Museum ferne bleiben, draußen 
verkümmern und verloren werden oder aber ins Ausland 
gehen, lediglich aus dem Grunde, weil wir keinen Platz 
haben, um sie unsrer Sammlung noch einverleiben zu 
können. 
Mit der Größe der Sammlung hält gleichen Schritt 
ihr innerer Wert. 
Indem wir an einer Inkunabel im Werte von 3000 M., 
an dem Bronzekopfe des Meisters Lysippus im Werte 
von mindestens 50 000 M., an dem etrurischen Dreifuße 
im Schätzungspreise von 40000 M., an dem unschätzbaren 
Kodex der Traditiones possessionesque Wizenburgenses, 
der zum größten Teile von Meister Otfried, dem Sänger 
des Christ, um das Jahr 850 geschrieben ist, an dem 
Schranke mit dem Frankenthaler Porzellan, dessen "Wert 
über 100000 M. in Geld darstellt, vorübergehen und 
staunend die Blicke auf der Sammlung der Terra sigil- 
lata-Gefäße ruhen lassen, die in solcher Schönheit 
und Menge wohl kaum in einem Museum vereinigt an 
zutreffen sind, und indem wir im Weiterwandern uns 
verwundern über die Menge und Kostbarkeit der alten 
Gräberfunde, Steinwerkzeuge, Bronzen, des Schmucks, 
der Geräte, Münzen, alten Waffen, Siegelstöcke, Kaiser 
urkunden, Pläne, Stiche, 
Zeichnungen und Gemälde 
— da kommt es klar uns 
zum Bewußtsein: hier ist 
der Pfälzer Nibelungen 
hort, ein Schatz, der mit 
2 Mill. Mark nicht über 
schätzt ist, aber mit dem 
Zehnfachen der Summe 
nicht wiederum zusammen 
gebracht werden könnte, 
wenn er je, was Gott 
verhüten wolle, einem 
elementaren Ereignisse 
zum Opfer fiele. 
Aus Gründen der 
Sicherheit wurde, zumal 
die dermaligen Bäume 
ursprünglich nicht für Museumszwecke erstellt waren, 
die Notwendigkeit eines Neubaues stetig mehr anerkannt. 
Es wurde unter dem Namen „Historisches Museum der 
Pfalz“ 1899 ein Bauverein gegründet, der unter dankens 
werter Unterstützung des Staates, der Provinz, der Stadt 
Speyer und vieler Freunde und Gönner den Baufonds mit 
Glück und Energie so gefördert hat, daß nunmehr zur 
Ausführung des Projektes geschritten werden kann (Bau 
fonds zurzeit 520000 M. ausschließlich des Bauplatzes von 
5000 qm). 
Am 24. November 1904 legte Prof. Gabr. v. Seidl dem 
Vereinsvorstand unter dem Vorsitz des Begierungs- 
präsidenten v. Neuffer die Zeichnungen zu dem projek- 
Museum in Speyer, Entwurfsskizze. Arch. Prof. G. v. Seidl, München
	        

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