Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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BAUZEITUNG 
Nr. 16 
seiner Kompositionsfähigkeit gegeben und gezeigt, wie 
vorzüglich er die schwielige Sgraffitotechnik meisterte. 
Die Felder zwischen den Fenstern des dritten Stock 
werkes waren mit großen allegorischen Figurenmedaillons, 
den Symbolen der Kunst, des Dampfes und des Bades 
geschmückt, während den Abschluß ein ornamentaler Fries 
bildete, der direkt unter dem konsolgeschmückten Haupt 
gesims auslief. 
Der Putzgrund der Fassade war vorzüglich erhalten, 
und mit leichter Mühe und geringen Kosten wäre es 
möglich gewesen, die Fassade zu reinigen und die Aus 
besserungen fachgemäß durchzuführen, um das Kunst 
werk zu erhalten. 
Statt dessen hat der Gipsermeister 
alles heruntergeschlagen, eine Hand 
lungsweise, die um so tadelnswerter ist, 
als derselbe früher zu der Renovation von 
Sgraffitofassaden der Häuser Goethestraße 5 
und 7 sowie der städtischen Schulhäuser 
Schloß- und Kasernenstraße Gerüste er 
stellte und so mehrfach Gelegenheit hatte, 
den künstlerischen Wert solcher Werke 
kennen zu lernen. 
Nun wird ein ebensolches Werk in 
brutaler Weise zerstört und die einzig 
schöne Fassade durch eine geschmacklose 
Backsteinverblendung verunziert. 
Zu bedauern ist ferner, daß der Besitzer 
es versäumte, einen namhaften Architekten 
oder kunstverständigen Maler zu Rate zu 
ziehen. 
Daß einsichtige Kenner nicht beizeiten 
dagegen eingeschritten sind, rührt wohl 
davon her, daß niemand ahnen mochte, daß 
solcher Vandalismus in der erwachenden 
Aera der Denkmal 
pflege selbst in der 
Haupt- und Resi 
denzstadt Stuttgart 
möglich wäre. 
S tuttgart, 
April 1907. 
Gust. Kämmerer. 
A Vom Holz 
markt 
Das charakteri 
stische Merkmal am 
rheinischenHolz- 
raarkt war auch wäh 
rend der jüngsten 
Zeit die ausgeprägte 
Festigkeit, die sich 
in allen Sparten 
zeigte. Dieselbe muß 
um so mehr auffallen, als der Verkehr allerwärts im 
Holzhandel noch ruhigen Verlauf nahm. Die schwache 
Regung im Baufach verursachte die Ruhe im Handel, 
die sofort gebrochen sein wird, sobald die Tätigkeit im 
Baufach lebhaftere Formen angenommen hat. Was das 
rheinische Hobelholzgeschäft betrifft, so machten sich 
darin schon deutliche Anzeichen bemerkbar, die auf baldige 
Belebung schließen lassen. Liefen doch bei den Werken 
nicht nur Abrufungen auf getätigte Schlüsse ein, sondern 
wurden doch auch ständig jetzt neue Aufträge einge- 
sandt. Hobelholz ist durchweg sehr teuer. Am höchsten 
sind die Offerten in Pitch-Pine, was schon Veranlassung 
gegeben, daß das Interesse sich mehr dem billigeren Red- 
Pine zu wandte. Der Preisunterschied zwischen 1" starken 
Pitch-Pine- und Red-Pine-Hobelbrettern ist heute nahezu 
Evangelische Kirche in Mannheim, Hauptansicht. Architekt Baurat Th. Frey, Stuttgart 
0,60 M. per Quadratmeter. Während seither Red-Pine 
im Einkauf in Amerika viel leichter und auch billiger 
als Pitch-Pine beschafft werden konnte, hat seit neuerer 
Zeit insofern eine Aenderung Platz gegriffen, als auch 
ersteres eine festere Lage einnahm. Das Angebot von 
Pitch-Pine von Amerika aus ist zurzeit im allgemeinen 
nicht stattlich. Darauf gründen sich denn auch die durch 
schnittlich sehr hohen Forderungen. Heute wird von den 
amerikanischen Abladern für prima l"x6“ Pitch-Pine 
pro englischen Standard 19 Pfd. St. cif Rotterdam ge 
fordert. Nordisches Weißholz lag gleichfalls fest. Der 
süddeutsche Rundholzmarkt tendierte im großen ganzen 
fest, indessen war der Verkehr ganz ruhig. 
Die Flößerei konnte bisher immer noch 
nicht in Gang kommen, worunter das Ge 
schäft ja erheblich litt. Verkaufsunter 
handlungen, die in letzter Zeit mit der 
rheinischen und westfälischen Sägeindustrie 
geführt wurden, hatten meistens keine 
greifbaren Erfolge, weil sich die Säge 
werke hinsichtlich der Preise mit den 
Eignern nicht einigen konnten. Die Vor 
räte sind am Oberrhein annehmbar, aber 
durchaus nicht dringend. Gefordert wur 
den zuletzt für den rheinischen Kubikfuß 
Wassermaß frei Köln - Duisburg 0,68 M., 
teilweise auch mehr. Süddeutsche Bretter 
wurden häufiger verlangt. Dadurch er 
klären sich auch die nicht unwesentlichen 
Versendungen von Schnittwaren von den 
oberrheinischen Plätzen nach dem Mittel 
und Niederrhein. Breite Ware fand am 
meisten Beachtung. Heute werden ab 
Memmingen für die 100 Stück 16" 12" 1" 
unsortierte, feuerholzfreie Bretter 125 bis 
126 M. gefordert. 
Vom Schwarzwald 
aus wird für den 
Kubikmeter mit üb 
licher Waldkante 
geschnittene Kant 
hölzer 43—44 M. 
frei Waggon Mann 
heim verlangt. 
Bauteclmisclie 
Hnndschan 
Die Kalksand 
steinfabrikation, 
die in Norddeutsch 
land, Holland, 
Schweden und Ame 
rika bereits ganz 
enormeDimensionen 
angenommen hat, 
fängt jetzt langsam 
an, auch bei uns in Süddeutschland Fuß zu fassen. Während 
in obigen Ländern wohl schon ca. 600 Fabriken mit einer 
Gesamtproduktion von ca. 2 Milliarden Steinen jährlich 
in den letzten zehn Jahren erbaut worden sind, gab es 
in Württemberg bisher nur eine solche Fabrik, nämlich 
in Waldsee. Jetzt ist soeben eine zweite Fabrik in Be 
trieb gekommen, nämlich bei Ulm (Kalksandsteinwerke 
Ulm a. D.-Neu-Ulm, Inhaber Julius Lusser, Architekt, 
Bureau; Ulm a. D., Bahnhofstraße 16). Wir wollen kurz 
die Vorzüge zusammenstellen, welche die praktischen Bau 
meister den Kalksandsteinen nachrühmen, nämlich: 1. Der 
Kalksandstein hat hohe Festigkeit. 2. Der Kalksandstein 
ist salpeterfrei, welche Eigenschaft sehr wenige, selbst 
die teuersten Verblendsteine nicht immer haben. Viele 
Uebelstände und kostspielige Erneuerungen in den Bau-
	        
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