Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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BAUZEITUNG 
Nr. 16 
„An den Baugewerke-Verein Stuttgart! 
Die gestern abend hier tagenden Versammlungen der 
Organisationen der Maurer, Zimmerer und Steinhauer 
haben beschlossen, den mit Ihrer Organisation unterm 
18. Mai 1905 abgeschlossenen korporativen Arbeitsvertrag 
zu kündigen, was hiermit geschieht. Der Grund, der 
uns zu diesem veranlaßt, ist lediglich darin zu suchen, 
daß die jetzt bestehenden Lohn- und Arbeitsbedingungen 
nicht mehr den Ansprüchen einer Großstadt wie Stuttgart 
genügen. Bemerken wollen wir, daß wir gerne bereit 
sind, einen neuen Vertrag mit Ihnen abzuschließen, fügen 
aber gleichzeitig hinzu, daß wir von demselben wesent 
liche Verbesserungen unsrer Arbeitsbedingungen erhoffen. 
Hochachtungsvoll 
Zentralverband der Maurer, Zimmerer 
und Steinarbeiter Deutschlands.“ 
Die erhaltene Kündigung wurde einer am 21. De 
zember 1906 tagenden Meisterversammlung zur Kenntnis 
nahme unterbreitet und darauf folgende Antwort be 
schlossen ; 
„Stuttgart, den 21. Dezember 1906. 
An die Zentralverbände der Maurer, Zimmerer 
und Steinarbeiter Deutschlands, Zweigvereine Stuttgart! 
, Antwortlich Ihres Schreibens vom 30. November d. J., 
mit welchem Sie den unterm 18. Mai 1905 abgeschlossenen 
Arbeitsvertrag gekündigt haben, mache ich Ihnen laut 
Beschluß der heute stattgefundenen Meisterversammlung 
die Mitteilung, daß der Baugewerbe-Verein eventuell 
bereit ist, einen neuen Vertrag mit Ihnen abzuschließen. 
Ich ersuche nun hierdurch, die von Ihnen erhofften 
wesentlichen Verbesserungen Ihrer Lohn- und Arbeits 
bedingungen näher zu formulieren, und sehe ich dieser 
Mitteilung entgegen. Mit Hochachtung u. s. w.“ 
b) für Zimmerer über 19 Jahre von 56 Pf., 
c) für Steinhauer von 60—65 Pf. 
unter Wegfall der Akkordarbeit; 
3. achttägiger Zahltag; 
4. Durchsicht des alten resp. Feststellung eines neuen Wort 
lauts des Vertrags und präzisere Regelung aller Spezial 
fragen. 
Indem wir um wohlwollende Aufnahme der von uns 
für notwendig erachteten Wünsche bitten, sehen wir der 
Einladung zu gemeinsamen Verhandlungen in Bälde ent 
gegen. Hochachtungsvoll 
Der Zentralverband der Maurer, Zimmerer 
und Steinarbeiter Deutschlands.“ 
Diese Forderungen wurden am 1. März d. J. einer 
Meisterversammlung zur Beschlußfassung vorgelegt, mit 
folgendem Resultat: 
„Stuttgart, den 2. März 1907. 
An die Zentralverbände der Maurer, Zimmerer 
und Steinarbeiter Deutschlands, 
zu Händen der resp. Zahlstellen, hier! 
In der gestern abend stattgefundenen Meisterversamm 
lung des Baugewerke-Vereins hier wurden Ihre Forde 
rungen vom 21. Januar d. J. eingehend beraten und meine 
Person beauftragt, Ihnen unsre Beschlüsse wie folgt mit 
zuteilen ; 
ad 1. abgelehnt ; 
ad 2. a, b und c. Die Meisterschaft ist bereit, eine angemessene 
Lohnaufbesserung zu vereinbaren unter Beibehaltung des 
Wortlauts des §8 unsers jetzigen Vertrags; gewünscht 
wird noch unserseits, daß die Zulassung von Akkordarbeit 
nicht nur auf sogen. Spezialgeschäfte ausgedehnt werden 
kann, sondern auch auf einige Arbeitsleistungen bei den 
Zimmerern, z. B. Bodenlegen, Auftäferung u. s. w.; 
Diesem Ersuchen wurde stattgegeben wie folgt: 
„Stuttgart, den 21. Januar 1907. 
An den verehrl. Baugewerke-Verein Stuttgart! 
Antwortlich Ihres geehrten Schreibens vom 21. De 
zember 1906 teilen wir Ihnen hierdurch die von unsern 
Organisationen aufgestellten Forderungen mit, die als 
Grundlage bei der Beratung eines korporativen Arbeits- 
zu dienen hätten: 
Geständige Arbeitszeit im Sommer innerhalb der Tages- 
von 6* Uhr morgens bis 6 Uhr abends; 
Stundenlohn 
für Maurer über 19 Jahre von 55—57 Pf., 
ad 3. abgelehnt; 
ad 4. angenommen. 
Hochachtungsvoll u. s. w.“ 
Auf obige Mitteilung erhielten wir folgenden Bescheid: 
„Stuttgart, den 23. März 1907. 
An den Baugewerke-Verein Stuttgart! 
Die am 22. März d. J. tagende Mitgliederversammlung 
der Organisationen der Maurer, Zimmerer und Stein 
hauer hat nach Kenntnisnahme und eingehender Be 
ratung der Meisterantwort vom 2. März d. J. beschlossen, 
die Unterzeichneten zu beauftragen, an den geplanten Ver 
handlungen teilzunehmen und die am 21. Januar d. J. 
eingereichten Wünsche als Richtschnur zu 
betrachten. Mit Hochachtung u. s. w.“ 
Infolge dieser Aufrechterhaltung all der 
vorerwähnten Forderungen mußte der Aus 
schuß des Baugewerke -Vereins, um zwecklosen 
Weiterungen zu begegnen, vorerst die Ver 
handlungen ablehnen und die Arbeitnehmer 
davon in Kenntnis setzen, was mit folgendem 
Schreiben geschah: 
„Stuttgart, den 27. März 1907. 
An die Zentral verbände der Maurer, Zimmerer 
und Steinhauer Deutschlands, hier! 
Ihre in Erwiderung meines Schreibens 
vom 2. d. M. abgegebene Rückäußerung vom 
23. d. M. habe ich heute dem Ausschuß des 
Baugewerke-Vereins vorgelegt, welcher mich 
beauftragte, Ihnen nachstehende Mitteilung 
zugehen zu lassen: 
Ihre kundgegebene Absicht, die uns am 
21. Januar d. J. übermittelten Wünsche als 
Richtschnur bei den Verhandlungen zu ver 
folgen, hätte für uns lediglich den Zweck, 
zu tagelangen nutzlosen Diskussionen die 
Lümc;en5chnitt 
Evangelische Kirche in Mannheim 
C -B>. 
Architekt Baurat Th. Frey, Stuttgart
	        

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