Bauzeit™
FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S-LOTHRINGEN'
Stuttgart, 1. Juni 1907
Inhalt: lieber Abwasserreinigung. — Das Einfamilienhaus. — Baupolizei. — Zum Wettbewerb Schulhaus-
bauteu für Stuttgart und üntertiirkheim. — Plakat für Ludwigsburg. — Yereinsmitteilungen. — Wett
bewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher. — Anfragen.
■ HAUSTEIN • -
Alle Rechte Vorbehalten
Uelber Abwasserreinigung’
(Schluß)
Von Baurat Eeuffer
C) Chemische Klärung.
4. Für die Abwasser aus der Färberei und Bleicherei
der Firma Adolff in Backnang.
In diesem Betrieb werden saure und basische Chemi
kalien verwendet; sorgt man im Ahsitzbecken dafür, daß
beiderlei Abwasser (die sauren und die alkalischen) Zu
sammentreffen und sich innig mischen, so kann eine
genügende Klärung vorerst ohne besondere Zusätze er
wartet werden. Die Anlage ist erst kurz im Betrieb.
Würden sich Anstände zeigen, so ist der Zusatz von Aetz-
kalk zunächst ins Auge gefaßt; welch andre Zusätze
aber außerdem noch angezeigt sind, müßte durch Proben
festgestellt werden (Fig. 6).
Aus den angeführten Beispielen geht hervor, daß
alle diese Abwasser zuerst in einer Sammelgrube zur Buhe
gebracht werden und von da durch ein unter Wasser ein
tauchendes Ueberlaufrohr in eine zweite Klärgrube gelangen.
Durch die Tauchwände am Einlauf soll das zuströmende
Wasser nach unten geleitet werden, um das schon zur Buhe
gekommene vor sich herzutreiben. Die Tauchwand in der
Nähe des Auslaufs verhindert das Abziehen der schwimmen
den Bestandteile (z. B. Fette) und bewirkt das Abfließen
der etwa 30 cm unter dem Wasserspiegel befindlichen
Wasserteile, die als die reinsten gelten. Der Wasser
spiegel im zweiten Becken soll 10—20 cm tiefer liegen
als im ersten, um beim Uebertritt von einem Becken ins
andre das Abwasser reichlich mit der Luft in Berührung
zu bringen.
Die Größe der Sammelgrube I wird meist so bemessen,
daß der höchste Tagesanfall angesammelt werden kann;
dieser Grundsatz erleidet aber je nach dem Schmutz
gehalt des Abwassers eine Aenderung; bei wenig ver
unreinigtem Wasser und großen Mengen wird man den
Baumgehalt kleiner bemessen können; das Abwasser
soll mindestens etwa 24 Stunden ruhen, um Zeit zur
Ausscheidung der schwebenden und schwimmenden Stoffe
zu haben.
Will man das Abwasser von den organischen, nament
lich von den zum Faulen geneigten und üblen Geruch
verbreitenden Stoffen befreien, so werden noch ein oder
zwei Oxydationsfilter angefügt. Letztere bestehen be
kanntlich aus einer Füllung von Koks, Schlacke oder
sonst porösem wasserhartem Material. Diese Filter
sind entweder Staufilter oder Tropffilter. Bei den Stau-
filtern bleibt das Abwasser 1—2 Stunden eingestaut
und wird alsdann abgelassen; erst 2—4 Stunden nach
dem Ablassen darf das Filter, um an der Luft sich zu
erholen, wieder gefüllt werden.
Das Tropffilter aber ist dauernd im Betrieb und
verlangt, daß das Abwasser in feinen Tropfen über die
Oberfläche des Filters verteilt wird.
Die Tropffilter werden neuerdings den Staufiltern
wegen geringeren Anspruchs an Bedienung vorgezogen;
allein da das Abwasser gerne durch Ausschwitzungen
die feinen Verteilungsausschnitte verlegt, so funktionieren
die Tropfkörper auch nur dann ohne Anstand, wenn sie
gut beaufsichtigt und fleißig gereinigt werden; außerdem
verbreiten sie im Sommer wegen der in den Verteilungs-
rinuen unvermeidlich sich ansetzenden Ablagerungen leichter
einen üblen Geruch als die Staufilter. Eine aufmerksame
Bedienung ist auch hier nicht zu entbehren. Bei den
Staufiltern erfolgt das Ablassen und Füllen von Hand
oder auch durch Einsetzen eines besonders konstruierten
Hebers, wie dies oben in Fig. 2 zu ersehen ist; der Heber
tritt in Tätigkeit, wenn das Porenvolumen des Filters
mit Abwasser gefüllt und das Wasser seinen höchsten
Stand erreicht hat. Damit die Entleerung aber jedesmal
auch zur gewollten Stunde eintritt, wird die Hauswasser
leitung zu Hilfe genommen, an der sich ein Schwimmer
hahn öffnet. Diese Vorrichtung erscheint einfach, allein
sie bedarf dennoch einer fleißigen üeberwachung.
Mit der Benutzung des Wasserklosetts ist meist eine
Vorrichtung verbunden, wodurch 10 1 Spülwasser nach
gesandt werden. Die Erfahrungen mit den zahlreichen
Stuttgarter biologischen Klärgruben aber haben ergeben,
daß das so erzeugte Abortwasser noch zu • konzentriert
ist, als daß die Oxydationsfilter die Mineralisierung der
organischen Verunreinigungen genügend herbeizuführen
imstande wären. Dies hat daher neuerdings zu der Be
stimmung geführt, daß nun auch die Haushaltungs
wasser in die Kläranlage geleitet werden sollen und daß
in Ermanglung solcher (wie bei Banken, Geschäftshäusern,
Schwimmbädern u. s. w.) die Verdünnung durch Zusatz
aus der Wasserleitung zu bewirken ist.
Die von der Begierung des Neckarkreises ausgegebenen
neuen Vorschriften für die Herstellung und den Betrieb
einer biologischen Beinigungsanlage geben noch weiteren
Aufschluß über diesen Gegenstand; sie werden auf be
sonderen Wunsch abgegeben. (Vergl. auch Nr. 26 von 1905
der „Bauzeitung für Württemberg etc.“)
Aus den Vorschriften, die in die Erlaubnis
urkunden zur Einleitung der Abwasser in das öffentliche