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BAUZEITUNG
Nr. 22
Eaum für einen Kinderspielplatz noch für Anlage eines
Hausgartens fehlt. In derartigen kleinen, abseits vom
Verkehr liegenden Reihenhäusern genießt man fast alle
Vorzüge des Landlebens. Denn die Häuser sind niedrig,
die Luft kann ungehindert zu allen Räumen zutreten,
zumal die Behörde oder Baugesellschaft dafür gesorgt
hat, daß die Gärten der Reihenhäuser sämtlich aneinander
stoßen. Die Räume an der Hinterfront, die hier die
eigentliche Hauptfront bildet, sehen gleichsam in einen
Park hinaus, und wenn wir des Morgens erwachen, hören
wir die Vögel jubilieren, die sich hier, so nahe dem Ge
triebe der Großstadt, eingenistet haben. Wenn wir zum
Fenster hinausblicken, haben wir nicht nur den Genuß
des grünen Fleckchens Erde, das wir mit unserm Gelde
bezahlt haben, sondern wir sehen auch die schönen
Blumen, welche unsre fleißigen Nachbarn kultivieren, die
blühenden Obstbäume, die springenden Brunnen. Denn
die Freude am eignen Heim regt uns dazu an, es in
allen seinen Teilen zu schmücken; wir werden nicht nur
die Räume unsers Hauses möglichst freundlich und be
haglich einrichten, sondern schließlich auch jeden Baum
und jeden Strauch in unserm Gärtchen liebgewinnen und
die Kinder zur Pflege der Beete, zur Säuberung der
Wege u. s. w. anhalten.
Jede Mietswohnung steht zu unsern tatsächlichen
Wünschen und Erfordernissen in einem argen Mißver
hältnis. Wir werden kaum erwarten, daß uns von zehn
Röcken, die andre tragen, auch nur einer wie angegossen
sitzen werde. Wie sollen wir nun erwarten, daß von
zehn Wohnungen, die zufällig frei sind, eine unsrer
ganzen Familie passen werde? Von zehn Wohnungen,
die wir sehen, sind uns sechs zu kostspielig, zwei sind
völlig ungeeignet, und von den letzten beiden nehmen wir
eine, weil sie anscheinend die wenigsten Mängel besitzt
oder weil wir zu müde sind, noch weiter umherzulaufen.
Lassen wir uns aber selbst ein Familienhaus bauen, so
können von vornherein durch zweckmäßige Grundriß
gestaltung alle wichtigen Erfordernisse unsers Familien
lebens, ein fernerer Zuwachs der Familie u. s. w. berück
sichtigt werden. Es muß im Entwurf mit einem späteren
Neubau gerechnet werden. (Schluß folgt)
Baupolizei
—x. M. Daß „die Bauvorschriften in der Praxis“
vielfach nicht verstanden werden und daraus häufig Un
annehmlichkeiten für den Beamten und den Gesuchsteller
entstehen, ist begreiflich. Die Baupolizeibehörden nun
aber haben nach § 67 der Vollziehungsverfügung das
Recht, „Baurisse, welche erkennen lassen, daß deren Ver
fertiger das erforderliche Verständnis für technische Kon
struktionen nicht besitzt“, zurückzuweisen. Eine kon
sequente Handhabung dieses Paragraphen wird nicht nur
im Interesse der Architekten und Baumeister liegen,
sondern wird auch die Autorität der Baupolizei wesent
lich steigern. Dabei aber dürfte der Umstand nicht un
beachtet bleiben, daß ein vollkommenes Verständnis der
einem Steigen und Fallen unterworfenen Bauvorschriften
nur dem möglich sein wird, der mit besonderem Eifer
tagtäglich den Baupolizeiapparat verfolgt. Ferner müßte
vorausgesetzt werden, daß die Baupolizeibehörden in
klaren, einem Fachmann verständlichen Sätzen ein Bau
statut verabreichen, woraus zu ersehen ist, was erlaubt
und was verboten ist. Unser gegenwärtiges Ortsbaustatut
sagt das nicht, und dadurch wird jedenfalls der größte
Teil der von Bezirksbaumeister Burkhardt Beschuldigten
gerechtfertigt sein.
Daß selbst bei den Baupolizeibehörden Unklarheiten
bestehen, beweist die zurzeit an der Tagesordnung stehende
Tatsache, daß vom Gemeinderat zur Genehmigung em
pfohlene Baugesuche vom Ministerium abgewiesen werden.
Also, Richter, sage zuerst, was du willst, hernach richte!
„Schwierigkeiten erhöhen den Reiz einer Aufgabe,“
meint der Artikel in Nr. 21. Mit diesem Standpunkt
kann ich mich nicht einverstanden erklären, solange die
Nerven nicht durch Kupferdraht ersetzt werden können.
Die Wünsche über Baugewerkschule und Baugesetz
finde ich vom Standpunkt des Baupolizeibeamten aus
berechtigt. Die hauptsächlichsten Bau- und Feuerpolizei
vorschriften schon an die im Zusammenhang mit den
selben stehenden technischen Lehrfächer anzugliedern,
würde ich deswegen freudig begrüßen, weil dadurch das
trockene Paragraphenfutter schmackhaft gemacht werden
könnte und das Interesse zugunsten der Schule und der
Praxis gefördert würde. Im übrigen sollte Bedacht darauf
genommen werden, daß durch das Paragraphenwesen dem
Künstler und Techniker nicht zu viel Kraft entzogen
wird: Dämmen, nicht ausbauen!
Zum Wettbewerb Scliiilbaiisbauten für
Stuttgart und üntertürkheim
In einem Artikel in Nr. 21 der „Bauzeitung für
Württemberg etc.“ hält es Regierungshaumeister Heim
für unrichtig, Modelle bei Konkurrenzen zuzulassen. Es
ist mir begreiflich, wenn bei Konkurrenzen schon des
öfteren Perspektiven ausgeschlossen werden, weil diese
sehr oft „geschmeichelt“ sind, d. h. der Wirklichkeit nicht
entsprechen. Dieser Umstand ist bei einem Modell gänz
lich ausgeschlossen, denn es gibt bei der richtigen Be
trachtung nach allen Seiten ein klares Schaubild des
Objektes. Es ist doch unverkennbar, daß bei Anlagen,
wo große Terrainunterschiede Vorkommen, ein Modell von
großer Wichtigkeit ist. Dies bestätigt auch die letzte
Konkurrenz, denn es sind eigentlich nur Modelle für das
Schulhaus am Lerchenrain eingelaufen. Die Verfasser
der preisgekrönten Projekte erkannten fast alle für diesen
Fall die Notwendigkeit eines Modells. Ich glaube daher,
daß es bei größeren Konkurrenzen in Zukunft besser
wäre, die Perspektiven auszuschließen und Modelle vor
zuschreiben ; natürlich wäre dann eine Aufbesserung der
Preise sehr wünschenswert.
Stuttgart. A. Müller, Architekt.
Plakat für Ludwigsburg
Zur Erlangung von geeigneten Plakatentwürfen war
ein Wettbewerb ausgeschrieben, in dem der abgebildete
Entwurf mit dem zweiten Preise ausgezeichnet wurde.
Im Gegensatz zu den meisten andern Arbeiten ist dieser
Entwurf streng und architektonisch gehalten und entspricht
wohl am meisten den Anforderungen der modernen Plakat
kunst. Bei der regen erfolgreichen Beteiligung unsrer
Architekten an derartigen Wettbewerben dürfte die Ver
öffentlichung vorliegender Arbeit vielen willkommen sein.
(Siehe S. 176.)
Y ereinsmitteiliingen
Württ. Bauheamten-Verein. Einladung des
Ausschusses zu einer Sitzung am Sonntag, den
9. Juni d. J., vormittags KP/a Uhr in Urach in der
Bierbrauerei zum Berg. Tagesordnung; Bekanntgabe
der Einläufe, Neuaufnahmen, Berichterstattung über die
am 11. und 12. Mai d. J. in Darmstadt stattgefundene Sitzung
des Ausschusses süddeutscher Techniker verbände u. s. w.
Um 1 Uhr mittags findet ein gemeinschaftliches Mittag
essen im gleichen Gasthaus statt, wozu auch die übrigen
Vereinsmitglieder mit ihren Angehörigen und
Gäste herzlich eingeladen sind. Um 3 Uhr Besuch des
neuen Krankenhauses mit Gang durch die Stadt und
Rückweg über den Tiergarten zum Restaurant Leins zu
gemütlichem Schlußschoppen. Diejenigen Mitglieder und