8. Juni 1907
dem oberen Teil des Klärbehälters, so daß ein freies
Durchstreichen von atmosphärischer Luft durch den Klär
körper von unten nach oben und ein hierdurch bedingter
lebhafterer biologischer Klärprozeß nicht herbeigeführt
wird. Es ist ebenso vorgeschlagen worden, bei Klär
anlagen die unangenehmen Gerüche durch einen Schorn
stein abzuführen, wobei aber keineswegs eine leb
hafte Luftzirkulation durch den Klärkörper erzielt wird,
da hierzu unbedingt die freie Verbindung des mit Durch
brechungen versehenen Bodens des Klärbehälters mit der
atmosphärischen Luft erforderlich ist.“
Wenn schon die engherzige Auffassung des Patent
anspruches seitens des Herrn Baurats Braun nicht im
Sinne des Patentgesetzes gelegen ist, so geht überdies
aus der Patentbeschreibung hervor, daß diejenigen Unter
scheidungsmerkmale, die Herr Baurat Braun anführt, in
Wirklichkeit nicht bestehen. Es wird in der Beschreibung
ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Luftzu- und
-abfuhr auch auf andre Weise als durch einen Luftschacht
resp. einen Küchenschornstein geschehen kann. Tatsächlich
wird ersteres in manchen Fällen, letzteres immer getan.
Der Kern der Erfindung geht aus der Patentbeschreibung
klar hervor. Die von Herrn Baurat Braun gezogenen
Schlußfolgerungen müssen wir als vollkommen irrig be
zeichnen. Falls Herr Baurat Braun Gründe zu haben
glaubt, die Neuheit der Erfindung anzuzweifeln, so er
öffnet ihm das Patentgesetz Mittel und Wege, diese
Gründe zur Geltung zu bringen. Durch eine Zeitungs
polemik ist dieser Zweck jedoch nicht zu erreichen.
Stuttgart, 27. April 1907.
Süddeutsche Wasserwerke A.-G.
Anmerkung der Redaktion. Nachdem beide
Teile in ausreichender Weise zum Worte gekommen
sind, ist für uns die Erörterung der Angelegenheit an
dieser Stelle abgeschlossen.
Beratungsstelle für das Baugewerbe
— x. M. Dieses vielumstrittene, vielgetadelte Institut
au der Zentralstelle für Handel und Gewerbe hat nun
eine klare, eine bestimmte Form angenommen, und es
sind damit die vielen Phantasiegebilde, die der Name
desselben allenthalben hervorrief, einem sachlichen Urteil
bedeutungslos geworden.
Was der Praxis fehlt, muß die Praxis wissen! Nach
diesem der Zentralstelle nicht unbekanntem Satze hat
dieselbe auch für die Beratungsstelle für das Baugewerbe
einen Beirat aus Vertretern der Praxis gewählt, welcher
am Schluß dieser Zeilen angeführt ist. Im großen Sitzungs
saale des Landesgewerbemuseums trat derselbe am 3. Juni
d. J, zusammen. Es begrüßte dabei Präsident v. Most-
haf die Anwesenden mit herzlichen Worten, begründete
das Bedürfnis einer Beratungsstelle und übergab hierauf
dem Vorstand der Beratungsstelle, Direktor Schmohl,
den Vorsitz. Dieser erstattete in längerer Rede Bericht
über die bisherige Tätigkeit und gab seine Ideen kund,
die er zu verwirklichen strebte und wobei er der Unter
stützung und Beratung des Beirats bedürfe. An die
kapitelweise vorgenommenen Beratungen knüpften sich
rege Debatten. Hofwerkmeister Hangleiter wünschte,
daß künftighin bei den Wettbewerben keine komplizierten,
mehr in das Bereich des Technikers gehörende Aufgaben
gestellt werden mögen, sondern daß mehr Wert auf eine
pünktliche, meistermäßige Arbeit im Detail gelegt werden
soll, da das moderne Handwerk hauptsächlich hierin
kranke. Von der ständigen Bauausstellung im Landes
gewerbemuseum und von den geplanten Wanderausstel
lungen, welch letztere heuer erstmals in Hall stattfinden
soll, wurde befriedigend Kenntnis genommen. Bei dem
Kapitel „Meisterkurse“ kam es zu längeren Beratungen,
die schließlich mit einem allseitig für gut befundenen
39HM1