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BAULEITUNG
Nr. 30
gar nicht in Betracht, wenn sie durch eine kürzliche
Wiederherstellung , wie hei den ehengenannten alten
Bauten, wieder behoben worden ist. Gegen ihre hohe
Einschätzung spricht auch ganz entschieden, daß seihst
Bauten, die kurz vor dem großen technischen Wechsel
in der Ziegelindustrie errichtet wurden, die also solche
Alterserscheinungen noch nicht aufweisen, durchaus nicht
ihres Baustoffes wegen als Störenfriede im Straßenbilde
auftreten. Das gilt von fast allen Bauten, die der ersten
durch Schinkel angeregten Wiederaufnahme des Back
steinbaues in Berlin entstammen; ich nenne neben des
Meisters eignen Werken die Michaelskirche von Söller
und das alte Zellengefängnis in der Invalidenstraße, und
als schlagendes Beispiel, wie prächtig sich solch Back
steinbau in das Grün einer feingegliederten Landschaft
einordnet, die reizende Kirche von Sakrow bei Potsdam,
die wobl jedem Besucher der schönen Havelseen als eins
ihrer feinsten Schmuckstücke erinnerlich sein wird. Es
Saalbau Jägerstraße Berlin Architekt Emil Sohaudt
Aus der „Berliner Architekturwelt“ Verlag von Ernst Wasmuth, Berlin
sind das alles Bauten, deren Farbe bei aller Wärme des
Grundtons milde abgestimmt ist.
Also auch in der Weihe des Alters liegt die bessere
Wirkung alter Backsteinbauten nicht begründet, und doch
ist der Unterschied so groß, daß man in der gleichen
Stadt sich an der Erscheinung alter Backsteinbauten er
freut, während neuere verletzend wirken. So steht in
Gardelegen der Backsteinbau des Bathauses durchaus har
monisch im Straßenbilde, ein benachbartes neues krebsrotes
Haus sprengt dagegen den schönen Eindruck des ganzen
Marktplatzes sozusagen in die Luft. (Fortsetzung folgt)
Mißerfolge bei Anwendung von Eisenbeton
im Hocliban
Von Baurat Sohmid
In den letzten Jahren ist mir wiederholt vorgekommen,
daß ich an schadhaft gewordene Eisenbetonbauten gerufen
wurde, über deren innere Beschaffenheit weder der
Bauleitende noch der Bauunternehmer Auskunft
zu geben vermochten.
Der Bauleitende suchte sich meist damit hinaus
zureden, daß er betonte, es handle sich um eine
„Spezialkonstruktion“, auf die er sich nicht näher
eingelassen habe, es sei Sache des Unternehmers,
die Decken so herzustellen, daß sie die vorge
schriebene Tragfähigkeit, sagen wir beispielsweise
250 kg/qm, haben. Er, der Bauleitende, habe
sich nicht weiter darum zu kümmern, wie der Unter
nehmer seine Aufgabe erfülle. Dieser Erklärung
konnte ich in der Kegel keine Berechtigung zu
erkennen. Zum mindesten schätzt dieselbe die
Pflichten des Bauleitenden so nieder ein, daß sich
der Bauherr künftig zu besinnen haben wird, ob
und wozu er eine Bauleitung aufstellen will. Der
Bauunternehmer iversprach, die Angaben über
Eiseneinlagen, Deckendicke u. s. w. zu liefern. In
einem Fall waren sie aber verloren gegangen, im
andern hatte sie ein Bauführer nicht zurückgeliefert,
im dritten wurden nachträglich gefertigte Werk
zeichnungen eingereicht u. s. w. Der Bauleitende
war im letzteren Fall nicht in der Lage, zu be
urkunden, daß die Ausführung mit diesen Plänen
übereinstimmte. Einmal erklärte — wie schon
früher erwähnt — ein Bauleitender mit sichtlicher
Befriedigung über seine Leistungen, daß drei
Eisenbahnwagen Eisenstäbe angeliefert und ver
wendet worden seien. Die nötige Menge Eisen
sei im Beton eingelegt!
Kurz: Statische Berechnungen und Werkzeich
nungen lagen in der Regel keine vor oder sie waren
so mangelhaft, daß nichts mit ihnen anzufangen war.
Auf diesen Grundlagen sollte nun die üeber-
nahme ausgesprochen oder verweigert, ein Rat zur
Instandsetzung der schadhaften Konstruktionen
erteilt werden!
Daß hier nur die an und für sich kostspielige,
umständliche und manchmal gewagte Belastungs
probe übrigbleibt, habe ich in einem früheren Auf
satz schon hervorgehoben.
Für diesmal ist mir daran gelegen, darauf hin
zuweisen, daß von der Baupolizei allgemein auf
die Vorlage von statischen Berechnungen und
Werkzeichnungen gedrungen werden sollte.
Eine Verschärfung der baupolizeilichen An
ordnungen ist nicht beliebt. Ich bin mir darüber
ebenso klar wie über den Umstand, daß man bei
uns in Württemberg in Beziehung auf Vorlage
statischer Berechnungen und Werkzeichnungen bis
lang sehr nachsichtig gewesen ist.
Man hat diese Nachsicht schon damit gerecht
fertigt, daß unter ihrer Herrschaft auch nicht mehr