Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

24. August 1907 
BAUZEITUNG 
271 
Haus auf der Grundfläche des Botanischen Gartens unter 
Hinzunahme der Generaladjutantur gedacht, das kleine 
Haus etwas abwärts auf der Grundfläche der Hofgärtnerei, 
mit seinem vorderen Teil in die Anlagen vorspringend. 
Beide Häuser richten die Eingangsfront gegen die An 
lagen. Zwischen den Theatergebäuden ist ein kleinerer 
Verwaltungsbau angenommen mit vorliegenden Arkaden. 
Nachdem dieses Projekt die Zustimmung sämtlicher Mit 
glieder der Unterkommission gefunden hatte, gelangte 
diese zu dem einstimmigen Beschluß: 
1. der Gesamtkommission die Wahl des Platzes 
des Botanischen Gartens unter Bezugnahme auf 
die beiden Situationsskizzen des Oberbaurats v. Reinhardt 
vorzuschlagen, wobei, soweit tunlich, eine noch weiter 
gehende Schonung der Anlagen anzustreben wäre; 
2. es für den Fall der Wahl dieses Platzes als 
dringend wünschenswert zu erklären, daß auf dem Areal 
des Kgl. Marstalls gegenüber den beiden Theatern eine 
diesen gleichwertige Gebäudeanlage, etwa entsprechend 
dem Entwurf des Oberbaurats v. Reinhardt, zur Aus 
führung kommt. 
Bei der noch weiter gehenden Schonung der Anlagen 
in Ziff. 1 dieses Beschlusses war in erster Linie an eine 
weitere Zurückverlegung des kleinen Hauses und des ent 
sprechenden Vorbaues auf der Marstallseite gedacht. 
Nachdem dieses Ergebnis der Unterkommission erst 
mals in der Vollkommissflon zur Beratung gestellt 
worden war, wurde auf eine hier aus der Mitte der 
Mitglieder ergangene Anregung zunächst noch Prof. Theodor 
Fischer veranlaßt, einen von ihm ausgegangenen weiteren 
Gedanken der Errichtung der beiden Häuser nördlich der 
verlängerten Schiller straße weiter auszuarbeiten. Dieses 
Projekt ist im Grundriß aus der Skizze C zu ersehen. Das 
kleine Haus öffnet sich hier gegen den künftigen Bahn 
hofplatz, das große Haus kommt in die Mittelachse der 
Anlagen zu liegen mit dem Eingang nach der künftigen 
Schillerstraße. Auf der andern Seite des großen Hauses 
gegen die Neckarstraße zu schließt sich das Verwaltungs 
gebäude an. Zwischen beiden Gebäuden sind Durch 
fahrten vorgesehen. Dem kleinen Haus und dem Ver 
waltungsgebäude sind kleinere Bauten mit Läden und 
Arkaden vorgelegt. Angesichts des bedeutenden Umfangs, 
den das Verwaltungs-(und Kulissen-) gebäude bei dem 
vorhandenen Raumbedürfnis zu erhalten hat, will der 
Architekt das letztere in seiner Firstlinie dem kleinen 
Theater gleichhalten. Außerdem soll der Einklang der 
ganzen Anlage dadurch weiter gefördert werden, daß in 
dem Verwaltungsgebäude ein großer überdachter zentraler 
Lichthof angenommen wurde, welcher mit dem kleinen 
Bühnenhause korrespondiert und in dem der große Maler 
saal untergebracht werden soll. Im Zusammenhalt mit 
der Wirkung der den beiden seitlichen Gebäuden vor 
gelegten kleineren Bauten würde sich nach der Absicht 
des Architekten ein hinreichendes Gleichgewicht der 
Massen in der Gesamtanlage erreichen lassen. Auf diese 
Weise sollte der oberste, von dem Bahnhofneubau un 
berührt bleibende Teil der Anlagen in seiner ganzen Aus 
dehnung und Schönheit als ein großer Erholungsplatz 
erhalten bleiben. Erst unterhalb der Theater sollte dann 
der eigentliche Park beginnen. Die grüne Landschaft 
ringsum würde einfachere Formen der Gebäude ermög 
lichen. Sodann käme mit diesem Plan angesichts der 
Nähe des Bahnhofs zum Ausdruck, daß die Theater dem 
ganzen Lande dienen sollen. Auch diesem Projekt fehlte 
es nicht an lebhafter Unterstützung. Doch wurden auf 
der andern Seite auch sehr erhebliche Bedenken geltend 
gemacht: In erster Linie würde dieser Plan den schmerz 
lichsten Eingriff in den Zusammenhang der Kgl. Anlagen 
bilden, während die Durchführung der Schillerstraße allein, 
wie das Beispiel im Tiergarten in Berlin zeige, die 
Geschlossenheit des Parkes verhältnismäßig viel weniger 
stören würde. Die Anlagen würden nicht nur beschränkt, 
sondern zerschnitten. Die Einheit wäre zerstört. Sodann 
käme das Theater doch weitab vom Mittelpunkt der 
Stadt, während anderseits die allzu große Nähe beim 
Bahnhof mit seinem Lärm, Rauch und Wagenverkehr 
auch nicht als vorteilhaft angesehen wurde. Beide Bühnen 
würden in recht bedenkliche feuergefährliche Nähe zu 
stehen kommen. Der Untergrund sei gerade bei der 
Eberhardsgruppe, wie sich bei früheren Bohrungen er 
wiesen habe, sehr schlecht, die gesamten Gebäude müßten 
auf einen Pfahlrost gegründet werden, und es sei sehr 
zweifelhaft, ob das Projekt mit seinen Vorbauten die zur 
Verfügung stehenden staatlichen Mittel nicht weit über 
schreiten würde. Auch blieben die Bedenken bestehen, ob 
es gelingen würde, die drei nebeneinander stehenden 
Gebäude in eine künstlerisch befriedigende Verbindung 
zu bringen. Endlich wurde bei diesem Projekt bedauert, 
daß es an einer unmittelbaren Verbindung des Verwaltungs 
gebäudes mit dem kleinen Haus fehlen würde, wobei 
übrigens anzufügen ist, daß, wie die in der Unter 
kommission auch hierauf angestellte nähere Prüfung er 
geben hat, mit den heutigen technischen Mitteln eine 
den Anforderungen der Intendanz entsprechende Ver 
bindung der beiden Gebäude sich doch erreichen ließe. 
Angesichts dieser teilweise recht schweren Bedenken 
verblieb sowohl die Unterkommission als die Gesamt 
kommission in erster Linie bei dem Vorschlag des Bota 
nischen Gartens, welchen das Finanzministerium schon 
vor einigen Jahren für das große Haus ins Auge gefaßt 
hatte. Man war sich dabei wohlbewußt, daß auch dieses 
Projekt schmerzliche Opfer verlangt, in erster Linie den 
Botanischen Garten, sodann die Kgl. Hofgärtnerei und 
endlich wohl auch die Generaladjutantur mit ihrem Garten. 
Wenn man das große Haus zur Schonung der Anlagen 
möglichst nahe an die Schloßgartenstraße rücken wollte, 
so ergab sich — abgesehen von der Anpassung seiner 
Rückseite an die Neckarstraße — in seiner Stellung zur 
Achse des oberen Anlagensees eine gewisse Schwierigkeit, 
der Oberbaurat v. Reinhardt in der Variante B zu be 
gegnen suchte. Anderseits wurde aber als durch 
schlagender Gesichtspunkt für dieses Projekt gewürdigt, 
Skizze C
	        

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