24. August 1907
BAUZEITUNG
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Haus auf der Grundfläche des Botanischen Gartens unter
Hinzunahme der Generaladjutantur gedacht, das kleine
Haus etwas abwärts auf der Grundfläche der Hofgärtnerei,
mit seinem vorderen Teil in die Anlagen vorspringend.
Beide Häuser richten die Eingangsfront gegen die An
lagen. Zwischen den Theatergebäuden ist ein kleinerer
Verwaltungsbau angenommen mit vorliegenden Arkaden.
Nachdem dieses Projekt die Zustimmung sämtlicher Mit
glieder der Unterkommission gefunden hatte, gelangte
diese zu dem einstimmigen Beschluß:
1. der Gesamtkommission die Wahl des Platzes
des Botanischen Gartens unter Bezugnahme auf
die beiden Situationsskizzen des Oberbaurats v. Reinhardt
vorzuschlagen, wobei, soweit tunlich, eine noch weiter
gehende Schonung der Anlagen anzustreben wäre;
2. es für den Fall der Wahl dieses Platzes als
dringend wünschenswert zu erklären, daß auf dem Areal
des Kgl. Marstalls gegenüber den beiden Theatern eine
diesen gleichwertige Gebäudeanlage, etwa entsprechend
dem Entwurf des Oberbaurats v. Reinhardt, zur Aus
führung kommt.
Bei der noch weiter gehenden Schonung der Anlagen
in Ziff. 1 dieses Beschlusses war in erster Linie an eine
weitere Zurückverlegung des kleinen Hauses und des ent
sprechenden Vorbaues auf der Marstallseite gedacht.
Nachdem dieses Ergebnis der Unterkommission erst
mals in der Vollkommissflon zur Beratung gestellt
worden war, wurde auf eine hier aus der Mitte der
Mitglieder ergangene Anregung zunächst noch Prof. Theodor
Fischer veranlaßt, einen von ihm ausgegangenen weiteren
Gedanken der Errichtung der beiden Häuser nördlich der
verlängerten Schiller straße weiter auszuarbeiten. Dieses
Projekt ist im Grundriß aus der Skizze C zu ersehen. Das
kleine Haus öffnet sich hier gegen den künftigen Bahn
hofplatz, das große Haus kommt in die Mittelachse der
Anlagen zu liegen mit dem Eingang nach der künftigen
Schillerstraße. Auf der andern Seite des großen Hauses
gegen die Neckarstraße zu schließt sich das Verwaltungs
gebäude an. Zwischen beiden Gebäuden sind Durch
fahrten vorgesehen. Dem kleinen Haus und dem Ver
waltungsgebäude sind kleinere Bauten mit Läden und
Arkaden vorgelegt. Angesichts des bedeutenden Umfangs,
den das Verwaltungs-(und Kulissen-) gebäude bei dem
vorhandenen Raumbedürfnis zu erhalten hat, will der
Architekt das letztere in seiner Firstlinie dem kleinen
Theater gleichhalten. Außerdem soll der Einklang der
ganzen Anlage dadurch weiter gefördert werden, daß in
dem Verwaltungsgebäude ein großer überdachter zentraler
Lichthof angenommen wurde, welcher mit dem kleinen
Bühnenhause korrespondiert und in dem der große Maler
saal untergebracht werden soll. Im Zusammenhalt mit
der Wirkung der den beiden seitlichen Gebäuden vor
gelegten kleineren Bauten würde sich nach der Absicht
des Architekten ein hinreichendes Gleichgewicht der
Massen in der Gesamtanlage erreichen lassen. Auf diese
Weise sollte der oberste, von dem Bahnhofneubau un
berührt bleibende Teil der Anlagen in seiner ganzen Aus
dehnung und Schönheit als ein großer Erholungsplatz
erhalten bleiben. Erst unterhalb der Theater sollte dann
der eigentliche Park beginnen. Die grüne Landschaft
ringsum würde einfachere Formen der Gebäude ermög
lichen. Sodann käme mit diesem Plan angesichts der
Nähe des Bahnhofs zum Ausdruck, daß die Theater dem
ganzen Lande dienen sollen. Auch diesem Projekt fehlte
es nicht an lebhafter Unterstützung. Doch wurden auf
der andern Seite auch sehr erhebliche Bedenken geltend
gemacht: In erster Linie würde dieser Plan den schmerz
lichsten Eingriff in den Zusammenhang der Kgl. Anlagen
bilden, während die Durchführung der Schillerstraße allein,
wie das Beispiel im Tiergarten in Berlin zeige, die
Geschlossenheit des Parkes verhältnismäßig viel weniger
stören würde. Die Anlagen würden nicht nur beschränkt,
sondern zerschnitten. Die Einheit wäre zerstört. Sodann
käme das Theater doch weitab vom Mittelpunkt der
Stadt, während anderseits die allzu große Nähe beim
Bahnhof mit seinem Lärm, Rauch und Wagenverkehr
auch nicht als vorteilhaft angesehen wurde. Beide Bühnen
würden in recht bedenkliche feuergefährliche Nähe zu
stehen kommen. Der Untergrund sei gerade bei der
Eberhardsgruppe, wie sich bei früheren Bohrungen er
wiesen habe, sehr schlecht, die gesamten Gebäude müßten
auf einen Pfahlrost gegründet werden, und es sei sehr
zweifelhaft, ob das Projekt mit seinen Vorbauten die zur
Verfügung stehenden staatlichen Mittel nicht weit über
schreiten würde. Auch blieben die Bedenken bestehen, ob
es gelingen würde, die drei nebeneinander stehenden
Gebäude in eine künstlerisch befriedigende Verbindung
zu bringen. Endlich wurde bei diesem Projekt bedauert,
daß es an einer unmittelbaren Verbindung des Verwaltungs
gebäudes mit dem kleinen Haus fehlen würde, wobei
übrigens anzufügen ist, daß, wie die in der Unter
kommission auch hierauf angestellte nähere Prüfung er
geben hat, mit den heutigen technischen Mitteln eine
den Anforderungen der Intendanz entsprechende Ver
bindung der beiden Gebäude sich doch erreichen ließe.
Angesichts dieser teilweise recht schweren Bedenken
verblieb sowohl die Unterkommission als die Gesamt
kommission in erster Linie bei dem Vorschlag des Bota
nischen Gartens, welchen das Finanzministerium schon
vor einigen Jahren für das große Haus ins Auge gefaßt
hatte. Man war sich dabei wohlbewußt, daß auch dieses
Projekt schmerzliche Opfer verlangt, in erster Linie den
Botanischen Garten, sodann die Kgl. Hofgärtnerei und
endlich wohl auch die Generaladjutantur mit ihrem Garten.
Wenn man das große Haus zur Schonung der Anlagen
möglichst nahe an die Schloßgartenstraße rücken wollte,
so ergab sich — abgesehen von der Anpassung seiner
Rückseite an die Neckarstraße — in seiner Stellung zur
Achse des oberen Anlagensees eine gewisse Schwierigkeit,
der Oberbaurat v. Reinhardt in der Variante B zu be
gegnen suchte. Anderseits wurde aber als durch
schlagender Gesichtspunkt für dieses Projekt gewürdigt,
Skizze C