Wettbewerb Empfangagebäude für den Hauptbahnhof in Leipzig Gesamtansicht
In engerer Wahl Architekten Bruno Taut und Ad. Retter, Stuttgart
FÜR WÜRTTEMBER
BADEN HESSEN
SASS - LOTHRING
IV. Jahrgang
Stuttgart, 14. September 1907
Inhalt: Wettbewerb Empfangsgebäude für den Hauptbahnhof in Leipzig. —Weltkongreß für Wohnungs
reform. — Verbandstag der Deutschen Baugewerks-Berufsgenossenschaften. — Ein Arbeiterdorf im
kleinen. — Neue Bauordnung Württembergs. — Adolf von Ernst. — Mahnung an Bauteohniker. —
Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher.
ZH
Alle Rechte Vorbehalten
Wettbewerb Empfangsgebäude für den Hauptbalmliof in Leipzig
Wir lassen heute ein drittes Projekt, das der Archi
tekten Bruno Taut und Adolf Retter- Stuttgart, folgen
und gehen hierzu nachstehende Erläuterung:
Grundlegend für den Entwurf war die Idee der Raum
gestaltung des Bahnhofs, das Verhältnis der großen Hallen
zueinander. Die Ankommenden gelangen aus den langen
Zughallen durch die Perronsperre in den höheren Quer
bahnsteig, der, durch große Eenster hell beleuchtet, einen
ersten angenehmen Eindruck bedeutet, wobei die ruhige
Wirkung des Materials desselben (Beton), im Gegensatz
zu den Bisenhallen, stark mitsprechen wird. Die Archi
tektur ergibt sich aus dieser Idee von selbst: derjenige
Teil des Bahnhofs, in dem der lebhafteste Verkehr statt
findet, erhebt sich am höchsten und hält das Ganze auch
in der Erscheinung des Aeußeren zusammen. Das Hoch
ziehen dieses Raumes bringt auch den praktischen Vor
teil der einfachen Entlüftung und Rauchabhaltung von
dem eigentlichen Empfangsgebäude mit sich.
Lageplan und Grundriß. 1 ) Die Disposition des
selben ist möglichst den Direktiven der Kgl. Eisenbahn
verwaltungen entsprechend erfolgt. Wie nach dem Aus
schreiben gestattet, wurde die Bauflucht auf die Länge
der Wartesäle zwischen den beiden Schalterhallen um
2 m nach vorn geschoben, unter AVeglassung eines vor
springenden Mittelbaues. Davor wurde eine Terrasse zum
Sitzen für die Besucher der Wartesäle angeordnet, welche
gleichzeitig als Ueberdeckung der Vorfahrt für die Ge
päckfuhrwerke dient und für die Beleuchtung der Gepäck
i) Die Nummern der Raumbezeiohmmgen entsprechen den An
gaben des Programms.
räume teilweise mit Glasbedeckung versehen wurde. Die
gegebene Bauflucht der Eckbauten nach vorn wurde je
für den ganzen Gebäudeteil bis zur Schalterhalle durch
geführt, dagegen blieben die Seitenflügel ohne Vorsprung
für Eckbauten bis zur Vorderflucht hin. Die Gebäude
teile seitlich der Schalterhallen (Rücklagen) sind in der
Tiefe durch Lichthöfe geteilt und die in Vorplatzhöhe
durchgehenden Elure derselben mit Glas abgedeckt. Licht
höfe sind auch im Wirtschaftsteil (Mittelbau) angelegt.
Die Beleuchtung der Wartesäle u. s. w. erfolgt außer
durch Fenster teilweise durch Oberlichter, die in der
Dachfläche liegen.
Material. Die Fassaden sind von einem grobkörnigen
Stein, eventuell Tuffstein, angenommen, soweit sie nicht
verputzt sind, die Vordächer von Kupfer, ebenso die
gesamte Dachdeckung. Die Schalterhallen erhalten Sand
steinfassaden, Betondecken mit bemaltem Spiegel und
über der großen Treppe eine Bronzeeinstellung zur Auf
nahme der Uhr. Die Ausstattung der Wartesäle soll in
einer durch die Verwendung guten Materials vornehm
wirkenden Art geschehen.
Die Ausführung des Querbahnsteigs ist von Eisen
beton angenommen. Die Eisenbetonwände ruhen nach
vorn auf den Gebäudewänden, gegen die Längshallen auf
Eisenbetonbögen auf. Ebenso sind die ganze Decken
konstruktion, die Dachfläche und die Binder von Eisen
beton. Für den Temperaturausgleich ist die ganze Halle
je auf Bogenlänge durch Luftfugen geteilt konstruiert.
Die Versteifung geschieht an diesen Stellen durch Gurte,
welche die beiden Langseiten verbinden.
Baukosten. Dieselben werden sich, da das Empfangs-