Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

21. September 1907 
BAUZBITDNG 
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der in der Mittelachse gelegenen Abgangstreppe die beiden 
Reinigungsräume, an welche sich die Toiletten anschließen. 
Hechts- und linksseitig an den äußeren Umgängen der 
Schwimmhalle sind kleine halbgewundene Treppen ange 
baut, die die Yerbindung mit den über den Reinigungsbädern 
liegenden Massenauskleideräumen für Schüler herstellen. 
Im Souterrain der Schwimmhalle sind ein Teppich 
trockenraum und verschiedene Heizkammern eingebaut, 
während der ganze hintere Raum unter den Reinigungs 
bädern für die Apparate und für eine Werkstätte aus 
gebaut bezw. eingerichtet ist. Anschließend an diese 
Räume sehen wir den Wasserreiniger für die Dampf 
kessel und das stattliche Kesselhaus, an welches sich der 
30 m hohe Dampfschornstein und das Kohlenlager an 
gliedern. 
Das Bestreben des Bauherrn war von Anbeginn darauf 
gerichtet, nicht durch Aeußerlichkeiten zu glänzen, sondern 
in erster Linie durch Gediegenheit, Solidität und vor 
nehme Ruhe dem Haus zu einem bleibenden Wert zu 
verhelfen. 
Die Fundierung bot keine besonderen Schwierigkeiten, 
immerhin war teilweise eine tiefere Gründung als normal 
erforderlich, die jedoch ohne Verzögerung des Bautermins 
in Zementbeton vorgenommen werden konnte. Auch der 
Aufbau des ganzen Untergeschosses bis auf Erdgeschoß 
höhe besteht aus Zementbeton, während von hier ab 
Ziegelmauerwerk mit umfangreichen Isolierungen und Bei 
gabe von Zement für den ganzen Oberbau zur Anwendung 
kam. Alle Decken sind durchweg massiv ausgeführt und 
teils in Beton zwischen Eisenträgern, teils als sog. eisen 
armierte Betondecken konstruiert. 
Besondere Sorgfalt wurde auf diejenigen Böden ver 
wandt, welche fast den ganzen Tag über von Wasser 
berieselt werden, wie z. B. im Brause- und Vollbade- 
raum, dem Dampfbad und den Reinigungsbädern; hier 
wurde außer wasserdichtem Zementputz eine Asphalt- 
Bleiisolierung angebracht, welche dann wieder dicht in 
Zement geschlossen und hierauf mit den Fußbodenplatten 
abgedeckt wurde. Was an Isolierungen der Wände und 
Decken zum Schutz gegen Wärme, Kälte und Feuchtig 
keit u. s. w. erforderlich war, ist außer dem bewährten, 
dichten, feingeplätteten Zementputz noch mit Kork er 
reicht worden, der, wie z. B. im Luftbad, gegen Wärme 
verlust, im Dampfbad gegen Durchdringen von Feuchtigkeit 
einerseits und die stark wechselnden 
Witterungseinflüsse anderseits dienen 
mußte. So wurde auch auf die Aus 
führung der Gewölbetonne in der 
Schwimmhalle eine besondere Sorgfalt 
verwendet. Den starken Niederschlägen, 
welche sich in andern Schwimmhallen 
so oft als Mißstand zeigen und dem Bau 
Schaden bringen — insbesondere im 
Winter, wenn wenig gelüftet werden 
kann, oder bei starkem Temperatur 
wechsel —, wurde dadurch begegnet, daß 
das ca. 7 cm dicke Rabitzgewölbe mit 
Bimsbeton ausgestampft und mit Milch 
kalkmörtel verputzt wurde. Ferner ist 
zum weiteren Ausgleich der Temperaturen 
unter den Dachsparren eine 4 cm starke 
Korkisolierung mit einem Rapputz an 
gebracht und auch der zwischen Gewölbe 
decke und Dachfläche verbleibende Hohl 
raum des Daches mit einer besonderen 
Lufterwärmung versehen. 
Die Anwendung von Fliesen zur 
Wand- und Fußbodenbekleidung ist in 
allen Baderäumen und selbst auf den 
Vorplätzen durchgeführt, wird doch damit 
die größte und leichteste Sicherheit für 
Reinhaltung erzielt. Kalkfarben-, Kasein- 
und Oelanstriche wechseln je nach Zweckdienlichkeit 
und Wert des Aussehens miteinander ab, wobei teure 
Malereien oder dergl. streng vermieden wurden. Die 
Eingangshalle sollte in nichts beengend, sondern durch 
die Größe des Raumes wirken. Den Plattenboden 
bilden einfarbige Fliesen. Das Holzwerk, hell eichen 
gebeizt, gibt mit den graugelb getönten Steinwangen 
und den chamoisgelben Wänden eine angenehme Far 
benstimmung, welche sich mit der kassettierten Stuck 
decke harmonisch vereinigt. Rings um die Hallen wand 
bis empor zur Galerie schließt ein Marmorsockel den 
Anstrich ab. Das dunkelblaue schmiedeiserne Geländer 
hat Einsätze aus Duranabronze. Der ovale Lüster ist 
in Altmessing ausgeführt. Die Kunstverglasung der 
Fenster verleiht dem Ganzen eine feierliche Stimmung. 
Von den Baderäumen verdient die Schwimmhalle, die 
in ihren größten Ausdehnungen 11X 24 m mißt, be 
sondere Erwähnung. Weiträumig und in guten Verhält 
nissen gehalten, wölbt sich die mit kräftig ornamentierten 
Bändern (Gurtbogen) unterbrochene Hallendecke bis zur 
Höhe von 12 m empor. Der Boden des Bassins ist mit 
blauen Fliesen belegt, während die Wände ganz in Weiß 
gehalten sind. Die Hauptpfeiler der Schwimmhalle sind 
mit blauen Majolikaplatten bekleidet, die bis an die aus 
Stein gegliederten Kapitale heranreichen und so dem 
Ganzen eine sehr belebte Form geben. Die Umgänge 
im Parterre und Obergeschoß sind ca. 1,60 m hocb mit 
hellblauen, fein abgetönten Fliesen bekleidet, und rufen 
mit den vom satten Blau bis ins zarte Weißblau ab 
getönten großen Bogenfenstern eine feierliche harmonische 
Wirkung hervor. Besonders belebend bei der ganzen 
Ausstattung der Halle wix-kt die ringsum führende Galerie, 
die ein schmiedeisernes Geländer umgibt. Die Haupt 
farbenstimmung wird durch die Kunstverglasung der 
Fenster hervorgerufen, die von der einfachen schablonen 
haften Anordnung bis zu reicher Ornamentierung über 
geht. Reizvoll gestaltet sich das große von 0. Graf in 
München komponierte und von H. Drinneberg in Karls 
ruhe ausgeführte Glasgemälde, das in feiner Stimmung 
das azurblaue Meer an italienischer Steilküste erschauen 
läßt. Nicht unerwähnt sei der monumentale Brunnen aus 
fränkischem Kalkstein im Hintergrund des Schwimmbassins. 
Das aus grotesken Fratzen sprudelnde Wasser dient sowohl 
der Erneuerung als auch der Umwälzung des Bassininhaltes.
	        
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