Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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BAUZBITUN« 
Nr. 41 
beziehung des Wasserturms hingegen weniger geglückt. 
Nach wie vor steht der Gigant abseits, ein Titane in 
Rosenfesseln. Es will uns scheinen, als wäre es am 
besten, an dem Turm nicht weiter zu experimentieren. 
Nicht einbauen, er ist einmal als freistehendes Monument 
geschaffen, sondern belassen als Denkmal einer ver 
gangenen Zeit. Eine grüne Wand, hohe, dichte Bäume 
hinter ihm und zu beiden Seiten würden zweifellos den 
Eindruck verbessern, ein An- und Umbau wird auch 
einem ersten Künstler schwerfallen und eher mißlingen. 
Ein Beweis für diese Behauptung liegt auch in der sonst 
traumhaft schönen Umrißbeleuchtung des Ganzen, auch 
in ihr dominiert der Riese zu sehr. 
Ganz unumgänglich ist der Schluß der Augustaanlage, 
soll der Friedrichsplatz den höchsterreichbaren Grad der 
Vollendung erhalten, und der andern Straßen, wenn auch 
der Widerstand der Bürgerschaft in dieser Hinsicht un 
überwindlich scheint. Es kann hier keine Halbheit ge 
schaffen werden, wo es sich um ein erstes Denkmal neu 
zeitlichen Städtebaus, neuzeitlicher Platzgestaltung handelt, 
üeber die Lösung der Einzelheiten nachzusinnen, ist noch 
Zeit. Es ist ein großer Vorteil in künstlerischer Hin 
sicht, daß die xlusstellung in ihrem Ehrenhof Gelegenheit 
gab, diese Hauptprobleme zu studieren und die Lösung 
anzudeuten. Zur eigentlichen Ausstellungsarchitektur 
gehört die Erörterung dieser Fragen gerade nicht, sie 
drängt sich aber dem künstlerisch fühlenden Besucher 
sofort auf. 
Ueber das Wasserturmrestaurant, die anschließenden 
Pergolen, Terrassen, Brücken und Gänge ist nichts Be 
sonderes zu erwähnen, es ist hier mit geringen Mitteln 
viel Wirkung geschaffen. Sehr angenehm wirken die 
Umrisse der flankierenden Eckpavillons; zu den Bogen 
linien in dem Platz und um ihn kontrastieren die geraden 
Linien und ebenen Flächen der Bauten recht gut. An 
allen Punkten des Platzes, in, auf und unter den Bauten 
zeigen sich hübsche Einzelbilder, die eingehend zu studieren 
hohen Genuß bietet. Der Architekt besonders hat hier 
Gelegenheit zu denken, zu sinnen, manche Anregung 
drängt sich fast von selbst auf. 
Die an den sämtlichen Ausstellungsbauten angeordnete 
Umrißbeleuchtung zeigt die Umrisse der Architekturen 
auf dem Friedrichsplatz als gelungen. Sie wirkt gut, 
wenn auch nicht gerade hochkünstlerisch. Auch die im 
Bassin des Platzes angelegte Leuchtfontäne ist wohl mehr 
als ein dem Vergnügen wie der Kunst geweihtes Werk 
anzusehen; immerhin entsteht aus dem Zusammenwirken 
aller Faktoren ein einzigartiges Bild, das auch der strengste 
Schönheitsrichter als schön bezeichnen muß. Als geeignet 
zu weihevollem Fest zeigte sich das Ausstellungsatrium 
am Vorabend des Geburtsfestes des Landesherrn. Einen 
mit Worten nicht zu beschreibenden künstlerischen Ein 
druck machte hier die lautlose Ansammlung Tausender 
in lauer Sommernacht, das Glänzen farbiger Kacheln, 
der mächtig von der Turmterrasse zu den Platzwänden 
und zum Ohr dringende Klang der Chöre und der 
Posaunen. Schönheit und Wahrheit, Sein, kein Schein. 
Soviel vom Eingang der Ausstellung, dem Präludium. 
Es folge der Kunsttempel Billings als erstes Hauptstück. 
yill.Tag für Denkmalpflege in Mannheim 
(Forts.) Von Baurat H. Wagn er-Darmstadt 
An die Verhandlungen des ersten Tages, die erst gegen 
5 Uhr nachmittags beendigt waren, schloß sich ein kurzer 
Rundgang durch die Mannheimer Jubiläumsausstellung 
unter sachverständiger Führung an. Abends um 7 Uhr 
fand im Musensaale des Rosengartens die öffentliche ge 
meinschaftliche Sitzung des Tages für Denkmalpflege 
und des Bundes Heimatschutz statt. Hierbei hielt 
Prof. Schultze-Naumburg einen Vortrag mit Licht 
bildern über Aufgaben des Heimatschutzes. Der Vor 
tragende besprach eingehend die Stellung des Heimat 
schutzes zu den verschiedenen Möglichkeiten, bei denen 
dieser sich betätigen kann, insbesondere gegenüber dem 
Neuschaffen, das mehr wie das Bestehenlassen oder 
das Erhalten ausschlaggebend für die Zukunft des Heimat 
bildes ist. Und hier ist es wieder das Neuschaffen auf 
dem Gebiete der Baukunst, auf deren Entwicklung näher 
eingegangen wurde, die Gestaltung der Nutzbauten, die 
Anwendung der hierbei zur Verwendung kommenden 
Materialien, die Technik der Ausführung, die von Ein 
fluß auf das Aussehen der Landschaft sind. Die hier 
vielfach entgegenstehenden Interessen müßten ausgeglichen,
	        

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