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BAUZBITUNG
Nr. 41
dann wundert man sich, daß das Feuer nicht mehr Schaden
anrichtet. Jedenfalls ist die wirksamste Waffe gegen
Feuer eine gutgeschulte Feuerwehr und genügende Wasser
verhältnisse; dies beweist am besten die Stadt Stuttgart,
wo, trotzdem große Viertel bestehen, die gar keine feuer
sichere Bauart haben, ein Brand in der Regel nur ganz
mäßige Ausdehnung nimmt. Man sollte die Verhütungs
maßregeln gegen Feuer in diesem Sinne mehr unter
stützen, weil dadurch auch den nicht feuersicheren
Ortsgebieten gedient wäre. Daß bei Theatern, Konzert
sälen, großen Warenhäusern u. s. w. in der Bauart großer
Wert auf Feuersicherheit und rasche, bequeme Entleerung
der Räume gelegt werden muß, ist selbstverständlich,
aber heim Wohnhausbau und beim Bau kleiner und
mittlerer Werkstätten, da könnte die Feuerpolizei im
wirtschaftlichen Interesse etwas zurücktreten; der Ver
brennungsprozeß wird bei dem Weiterschreiten der Kultur
doch jederzeit seine Schuldigkeit tun müssen. Der Ent
wurf der neuen Bauordnung sieht auch hier Erleichterungen
vor, und wünschenswert wäre es, daß auch die Ortsbau
statuten dies beherzigen und daß insbesondere die speziellen
Vorschriften und die Handhabung in liberalem Sinne
geführt würden. Ein heikles Thema zur Erörterung ist
die Sicherheitspolizei, welche hauptsächlich Konstruktions
sicherheit und Bauarbeiterschutz in sich schließt. Da
aber dieselbe einen großen wirtschaftlichen Einfluß nicht
ausübt, weil sie sich in der Regel an bewährte Kon
struktionsmethoden anlehnt, so kann eine Erörterung an
dieser Stelle unterbleiben. — Noch könnte man sagen, die
Kunst erfordere Geldmittel. Wohl gibt es Umstände,
wo die Kunst in der Bautechnik sehr viel Geld kostet;
aber im Bau einfacher, billiger Wohnungen und Fabriken
ergibt sich die rohe Form der Kunst, wenn man der
Zweckmäßigkeit und der Hygiene Rechnung trägt. Diese
Arbeit, wie auch die rohe Form in Linie und Farbe
schön zu gestalten, liegt dem Architekten oder Bau
meister ob und kostet im Verhältnis zu den Baukosten
fast gar nichts, weshalb hier die Kunst nicht angeführt
sein soll. Jedenfalls wäre es im wirtschaftlichen Interesse
eines Baulustigen, wenn er die Arbeitskraft des Archi
tekten, Baumeisters und Bauführers voll und ganz in An
spruch nehmen und bezahlen würde; die Kosten rentieren
in der Regel mehrfach, abgesehen von dem praktischen
und ästhetischen Nutzen.
Endlich sei noch erwähnt, daß Härten wirtschaftlicher
Art, die das Gesetz eben in vielen Fällen mit sich
bringt, im Dispensationsweg beseitigt werden können
und sollen.
Die Regierung hat ein großes Interesse an der wirt
schaftlichen Frage der Baupolitik; es könnte über kurz
oder lang eintreten, daß das Bauen kleinerer Wohnungen
unrentabel würde, und dadurch würde diesem Bedürfnis
in der Privatwirtschaft nicht mehr entsprochen. Staat
und Kommune müßten dann eingreifen; ob sie billiger
hauen werden? Die Steuerschrauben müßten jedenfalls
fest angezogen werden, und ohne Zukunftsmusik zu
blasen kann man sagen, daß dies im volkswirtschaftlichen
Interesse nicht liegen würde. Im Zeitalter des Auto
mobils konkurrieren nicht nur Private und Kommunen,
sondern auch Staaten, und es könnte eintreffen, daß
die in Gebäuden angelegten Gelder der Steuerschraube
entfliehen nach Ländern, wo ihnen ein wohligeres Dasein
heschieden ist. Was dann? Max Müller.
V ereinsmittei hingen
VVlirtt. Bailbeamten-Verein. Am 6. Oktober d. J.
fand die dritte Ausschußsitzung in diesem Jahre im Gesell
schaftsbaus des Vereins „Bauhütte“ in Stuttgart statt.
Anwesend waren zwölf Ausschußmitglieder. Nach kurzer
Begrüßung durch den Vorsitzenden wurde die Verhand
lungsniederschrift der letzten Ausschußsitzung verlesen
und genehmigt, sodann gedachte der erstere in ehrender
Weise der im Laufe des letzten Sommers gestorbenen
Mitglieder: Oberamtsbaumeister Moser in Schorndorf,
Staatsstraßenmeister Depperich in Heilbronn und Ober
amtsbaumeister Hetzel in Aalen. Nach Bekanntgabe der
Einläufe, welche, soweit möglich, sofort zur Erledigung
kamen, wurden sechs neue Vereinsmitglieder aufgenommen.
Mit der bereits früher beschlossenen Abhaltung von
monatlichen Mitgliederzusammenkünften soll nun begonnen
werden, und zwar im Vereinszimmer der „Bauhütte“ in
Stuttgart, das in freundschaftlicher Weise gegen einen
kleinen Mietzins zur Verfügung gestellt wurde. Vorerst
sollen diese zwanglosen Zusammenkünfte jeden ersten
Dienstag eines Monats stattfinden, auch soll jedesmal
hierzu in der Vereinszeitung besonders eingeladen werden.
Zur Weiterbehandlung einer Eingabe um Vermehrung
der definitiven Baubeamtenstellen im Staatsdienst wurde
eine Kommission gewählt, ebenso eine solche für die
etwa nötig werdenden Schritte betreffend Anstellung der
Bauamtswerkmeister und Straßenmeister auf Lebenszeit.
Die Vorbildungsfrage wurde wieder eingehend besprochen,
doch wurde davon abgesehen, augenblicklich weitere
Schritte zu tun, dagegen soll die hierfür aufgestellte
Kommission in ihrer Tätigkeit fortfahren und, wenn an
gezeigt, bei der nächsten Sitzung Anträge bringen. Für
die nächste Ausschußsitzung in Stuttgart ist der 5. Januar
1908 in Aussicht genommen. Nach der Sitzung fand ein
gemeinschaftliches Mittagessen statt, dem ein Rundgang
durch die Altstadt folgte. Der Ausschuß.
Württ. Ingenieur-Verein. Am 3. Oktober fand die
Versammlung des Monats im großen Saale des Oberen
Museums in Stuttgart statt. Der Vorsitzende machte zu
nächst Mitteilung von dem Ableben von vier Vereins
mitgliedern, den Herren Cleß, v. Ernst, Mahler und
Mettler, deren Andenken durch Erheben von den Sitzen
geehrt wurde. Von den Verstorbenen hat sich namentlich
Baudirektor Prof. Dr.-Ing. v. Ernst durch eifrige Mit
arbeit und zahlreiche Vorträge große Verdienste um den
Verein erworben. Nach Erledigung des geschäftlichen
Teiles sprach Ingenieur R. Baumann über das Thema
„Der heutige Stand der Frage der Rißbildung in Kessel
blechen“. Er erläuterte die Ergebnisse der vorliegenden
Versuche und führte aus, daß die Kesselbleche in jedem
Stadium der Herstellung und Verarbeitung durch un
richtige Behandlung verdorben werden können. Er schloß
mit dem Hinweis darauf, daß die Kenntnis des Materiales
heute noch unvollständig und daß zur Lösung der be
rührten Frage die einmütige Mitwirkung aller beteiligten
Kreise erforderlich sei.
Kleine Mitteilungen
Württ. Kunstverein Stuttgart. Neu ausgestellt:
Feldweg, Abendfrieden, Bei Weimar, Im Hamburger
Hafen von Theodor Hagen; Spielende Kinder, Bei
Agnetendorf, Reigen von Ludwig v. Hofmann; Tiefurter
Allee, Weiden, Kartoffelfeld, Belvedere-Allee im Herbst
von Karl Lambrecht; Klaus Groth, Schneestimmung, Im
Garten nachts von Hans Olde; Dorfstraße, Dorf im Tal
von Ohr. Rohlfs; Waldteich im Herbst von Peter Bur
nitz ■[■ u. s. w.
• Personalien
Hessen. Verliehen; dem vertragenden Rat bei der Abtei
lung für Bauwesen des Ministeriums der Finanzen, Oberbaurat
R. Schmick, der Charakter als Geheimer Oberbaurat, dem Vor
stand des Tiefbauamts und der Badedirektion Bad Nauheim, Bau
rat l)r. K. Es er, der Charakter als Geheimer Baurat.
Verantwortliche Schriftleitung; Chefredakteur und Herausgeber Adolf Fausel,
Architekt W. Klatte, beide in Stuttgart Adresse für alle Sendungen: Bauzeitung-
Stuttgart, Büchsenstr. 26 B. Druck; Deutsche Verlags-Anstalt in Stuttgart