Bauzeit™
für Württemberg
BADEN HESSEN ELr
SASS-LOTHRINGEN
Stuttgart, 19. Oktober 1907
Inhalt: Baukunst auf der Mannheimer Jubiläumsausstellung 1907. — Einfamilienhäuser. — VIII. Tag für
Denkmalpflege in Mannheim. — Berliner Untergrundbahn. — Neue Bauordnung Württembergs. — Ein
schweres Bauunglück. — Vereinsmitteilungen. —■ Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. —
Bücher. — Briefkasten.
DE
Nummer 42
TT
Alle Rechte Vorbehalten
Baukunst auf der Mannheimer Jubiläumsausstellung' 1907
Von Regierungsbaumeister Dr.-Ing. Eberbaoh-Mannheim
II.
Einen klassischen Beweis dafür, daß die Verhältnisse
und die Anschauungen in Mannheim nicht alltäglich, nicht
gewöhnlich sind, wie wir mit dem Wort amerikanisch
unsrer Einleitung andeuteten, bildet der Neubau der
Kunsthalle. Es handelte sich hier nicht, wie dies wohl
meist der Fall zu sein pflegt, darum, eine im Lauf langer
Jahre zu großem Umfang angewachsene Kunstsammlung
unterzubringen, ein würdiges Heim für eine solche zu
schaffen, nein, man ging den Weg in umgekehrter Rich
tung und schuf zunächst ein Haus für eine neu zu er
richtende Kunstsammlung. Die beste Weihe der Halle
war sicherlich die darin geplante internationale Kunst
ausstellung. Dem Neubau gingen ferner nicht, wie bei
andern Bauaufgaben häufig nötig, jahrelange eingehende
Erhebungen, gründliche Erwägungen, langatmige Begrün
dungen über Zweck, Notwendigkeit und Unaufschiebbar-
keit des Bauwesens voraus, rasch und plötzlich, ohne viel
Umstände wurde in letzter Stunde der Baubeschluß ge
faßt, beeinflußt natürlich in der Hauptsache von dem lange
gehegten Ausstellungsgedanken, der sich aber auch erst
kurz vor der Feststunde zur Kunst- und Gartenausstellung,
im Gegensatz zur auch langerwogenen Industrieausstellung,
verdichtet hatte. Nicht weniger praktisch und ebenso
kurz ging man beim Bauauftrag vor. Mit Recht verließ
man hier den zurzeit etwas ausgetretenen Weg des all
gemeinen oder beschränkten Wettbewerbs, vermied es,
die außerordentliche Aufgabe der städtischen Baubehörde
oder nach dem edlen Grundsatz, die Kirche im Dorf zu
lassen, einem eingesessenen Architekten oder einem Kon
sortium solcher zu überweisen. Rasch entschlossen rief
man vielmehr einen der Ersten im Reich der Kunst und
ließ ihm Schaffensfreiheit, in der richtigen Erwägung, daß
etwas Großes, Monumentales, Freies, ein richtiger Jubel
denkstein nur vom freien Künstlerfürsten geschaffen
werden könne. Es gelang. Der eingeschlagene Weg ist
wohl nicht ein Weg, sondern der Weg zur Erreichung
des Guten, des Wahren, des Schönen in der Kunst. Alle
Rückansicht der Billingsohen Kunsthalle mit dem Parkbrunnen von Ivo Hench, Mannheim