Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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BAUZElTÜNG 
Nr. 44 
Teilansicht des Gartens von Prof. Länger 
atmet ganz römischen Geist, und es haben zweifellos 
die Vorbilder aus der römischen Kaiserzeit den Künst 
ler beeinflußt, wie sie diejenigen beeinflußt haben, die 
denselben Gedanken in den fürstlichen Gärten des acht 
zehnten Jahrhunderts, z. B. in Schwetzingen, ausgeführt 
haben. Durch eine geräumige Säulenhalle betreten wir 
den modernen Geist atmenden Vorraum und ßepräsen- 
tationsraum, Exedra würde der alte Römer vom Kaiser 
hofe sagen, eine einfache, aber vornehme Schöpfung. Der 
folgende Baderaum ist den Kuppelsälen der Caldarien 
gleich mit einer Kuppel überwölbt, in deren Scheitel 
nach südlichem Vorbild (Pantheon) eine Lichtöffnung an 
geordnet ist, offen, aber, wie Figura zeigt, für unser 
Klima und dann besonders für Ausstellungsbauten aus 
Gips eine gefährliche Einrichtung. Das Bassin ist ver 
tieft und mit echtem Material verkleidet. Der folgende 
Raum ist Ruheraum und zur Vornahme von Leibes 
übungen bestimmt. Die östlich an den Hauptraum an 
stoßende Vorhalle mit zwei hübschen seitlichen Er 
weiterungen führt zum Freiluftbad, einem in den Boden 
versenkten mäßig großen Bassin mit Stufenzugang. Dieser 
Gedanke ist sehr fruchtbar und wird zweifellos viele 
Nachahmer finden, um so mehr als die Anlage eines solchen 
Freibades nicht kostspielig und in unsrer Zeit der Spezial 
bäder sehr erwünscht ist. In hochkünstlerischer Weise 
ist ein schöner Rahmen um diesen Badplatz geschaffen. 
Saftgrüner Rasen schließt allseitig an, dichte hohe Tuja- 
hecken verwehren dem Spaziergänger oder dem neu 
gierigen Nachbar den Einblick, geben dem Ganzen 
heimelige Stimmung. Vornehmer Schmuck gesellt sich 
dazu in Gestalt der reizend aufgestellten Kinderhermen 
Floßmanns zur Seite, und inmitten des Gartens durch 
die liegende Figur ülbickers. Gerade an einem Orte, 
wo Gelegenheit geboten ist, zwischen künstlerischen und 
natürlichen Formen Vergleiche anzustellen, sollte die 
Aufstellung schöner Plastiken nicht versäumt werden. 
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Badhaus im Sondergarten von Prof. Länger 
Unsre modernen Bäder sollten nicht bloß Riesenwasch 
anstalten sein, sondern sollten auch wieder Orte zur 
Pflege der Kunst werden. Hier könnte ein großer Teil 
des Volks zur Kunst erzogen, sie in weite Volkskreise 
hineingetragen werden. Selbstverständlich wären hier die 
schönsten Werke der klassischen Kunst gerade gut genug. 
Dem ßaukünstler wäre es sicherlich leicht, das Milieu, 
die ganze Umgebung so zu gestalten, daß ein harmonischer 
Gesamteindruck zustande käme, der auch auf den Rohen 
und Derben seine Wirkung nicht verfehlt. Der Sinn für 
Schönheit, für Rhythmus in der Bewegung, im Muskel 
spiel, für die Lichtwirkungen auf dem Körper und dem 
Bild wäre hierdurch außerordentlich zu beeinflussen. 
Eine Fülle von Gedanken bietet somit dieser Garten. 
Er mag ja dem einen und andern in der Gesamtform 
und der Einzelheit nicht gefallen, eintönig, monoton er 
scheinen, der Künstler, Gärtner und Architekt wird viele 
neue Motive finden und zu mancher Weiterbildung und 
Variation des einen oder andern angeregt werden. Der 
Garten erscheint fast wie ein Haus, das für verschiedene 
Bewohner die verschiedensten Lebens- und Freudemöglich 
keiten bietet. 
Die das tiefliegende Sondergärtenmosaik trennenden 
Alleen wirkten hübsch und hatten jede schönen Schluß. Be 
sonders hervorzuheben ist deren nächtliche Beleuchtung 
durch Preßgasflammenreihen entlang triumphbogenförmig 
abgebogenen Gasröhren. Sie wirkte gut und sprach in ihrer 
Einfachheit an. Nicht dasselbe konnte von den vielen Be 
leuchtungen der Sondergärten durch Florentiner Lampen 
gesagt werden. Hier schien uns oft der Eindruck unklar 
und betäubend und es wäre an manchen Stellen weniger oft 
mehr gewesen. Immerhin boten sich an vielen Stellen recht 
reizvolle Bilder und angenehme Perspektiven. 
Der Gartenbauausstellung zweiter Teil, die künftige 
Mannheimer Prachtstraße, die Augustaanlage, war in 
ihrem nördlichen Teil ein Blumenparterre zwischen zwei 
Baumalleen, im südlichen eine Kette von Farbengärten, 
die in recht geschickter Weise unter die Straßenoberfläche 
vertieft und durch Treppen, Mauern, Werke der Plastik 
und Keramik recht vielgestaltig geschmückt waren. Eine 
Beschreibung läßt sich hier nicht wohl geben, ein Ein 
gehen auf die Einzelheiten und gewissenhafte, künst 
lerisch-strenge Gesamtprüfung gewährte aber zu allen 
Zeiten hohen Genuß. 
An Werken der Baukunst bot die Augustaanlage als 
hübsche Unterbrechungen in den Gartenanlagen einmal 
das Biedermeierrestaurant, an und in dem wir mit Aus 
nahme des Namens und eines „biedermeierisierenden“ 
Frieses nichts von Biedermeierei entdecken konnten. Der 
Umriß war in der Hauptsache klassischen Formen nach 
gebildet und nicht unschön. Die anschließenden Gewächs 
häuser Rubruck undBeyrodt zeigten sehr hübsche, moderne, 
von der bisherigen Alltäglichkeit abweichende Formen- 
gebung. Eine künstlerisch geübte Hand hat auch den 
Bau des Cafe Hagen geschaffen, es war in seiner Ein 
fachheit recht schön und vornehm. Aus der im all 
gemeinen fast spartanisch einfachen Ausstellungsarchitektur 
fällt der Pavillon der Weltfirma Lanz etwas heraus, er 
zeigt Anklänge zur Renaissance und zum Barock, er ist 
aber doch monumental, schön und von vorzüglichem Um 
riß. Gelungen ist auch der zentrale Innenraum mit 
hübschem Oberlicht. Zu rühmen ist auch die eigenartige 
Inneukulissenbeleuchtung. Die blitzblanke Lokomobile 
mit der Ventilsteuerung Lentz und die riesigen Zentrifugal 
pumpen im architektonisch gut ausgebildeten Maschinen 
anbau zeigen, daß die Maschinen wichtige Schönheits 
faktoren sind und in ihrer gleichmäßigen, gemessenen 
Bewegung einen ganz monumentalen Eindruck machen. 
Weniger kann man dies von den Gebäuden der Riesen 
fabrik sagen, die uns hier im Modell entgegentritt. Man 
kann ruhig behaupten, daß hier, wie im Fabrikbau über 
haupt, der richtige künstlerische Ausdruck für die Zweck
	        

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