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BAUZEITUNG
Nr. 45
waltungswege in Deutschland, namentlich Preußen, aus
geführten Bauten zumeist keinen Anspruch auf Kunst
wert machen, sehr zum Schaden der Kunst und damit
unsrer gesamten Kultur.
Diese hier skizzierten Gedanken einmal weiter aus
zuspinnen und in die richtigen Kreise zu bringen, wäre
sicherlich eine dankenswerte Aufgabe des Bundes Deut
scher Architekten. ( gez .) Bruno Schmitz.“
(Schluß folgt)
Projekt für die Stuttgarter Tlieaterbauten
Vorschlag von Prof. Theod. Fischer, Stuttgart
In unsrer letzten Nummer haben wir den Entwurf von
Prof. v. Reinhardt veröffentlicht, welcher den Botanischen
Garten als Bauplatz wählt. Inzwischen ist vom König
dieses Projekt zur Ausführung angenommen, doch wird
es für weite Kreise von Interesse sein, auch .den Ent
wurf Eberhardsgruppe kennen zu lernen. Bevor wir zu
einer sachlichen Besprechung des Fisch er sehen Projektes
gehen, möchten wir das Bedauern darüber aussprechen,
daß trotz einer ausgiebigen Erörterung in der hiesigen
Tagespresse die einzelnen Projekte nicht öffentlich zum
Vergleich ausgestellt wurden. Es wäre dies um so mehr
wünschenswert gewesen, als der Laie ohne klare bild
liche Darstellung sich unmöglich vorstellen kann, wie die
ganze Anlage nach ihrer Ausführung aussehen wird.
Zunächst seien einige Fragen erörtert, die im all
gemeinen für die Theaterprojekte zu prüfen sind. Es ist
anscheinend zu wenig verstanden worden, in welchem
Maße die künftige Durchlegung der Straße vom Bahn
hof nach der Neckarstraße die Anlagen in ihrem Zu
sammenhang zerschneiden wird. Wir bringen zum Ver
gleich die schematische Darstellung der Stuttgarter Anlagen
und des Berliner Tiergartens. Wenn bei der Straßen-
durchlegung des großen, abgerundeten Tiergartens schon
von einem Zerreißen der Gesamtanlage gesprochen wird,
wie viel mehr muß dies erst bei einer so langgestreckten
Anlage wie in Stuttgart der Fall sein. Eine Straße von
20 m Breite mit einem Riesenverkehr, mehreren Straßen
hahngleisen u. s. w. wird hier eine vollständige Trennung
schaffen. Es wird dadurch von dem beliebtesten und
am meisten besuchten Teil der Anlagen ein Stück ah-
geschnitten, dessen Benutzung als Park durch seine ver
hältnismäßig geringe Tiefe zwischen zwei Verkehrsstraßen
wesentlich beeinträchtigt wird. Baudirektor v. Dollinger
macht dazu im „Schwäb. Merk.“ einen sehr bemerkens
werten Vorschlag. Man solle die neue Querstraße hinter
der Eberhardsgruppe durchführen, dadurch würde das
abgeschnittene Stück groß genug, um ein selbständiges
Dasein führen zu können. Die Querstraße münde dann
auf den ßahnhofvorplatz in nächster Nähe des einen der
beiden Hauptausgänge. In der Neckarstraße ergebe sich
der weitere wesentliche Vorteil, daß die Querstraße un
mittelbar in die Landhausstraie einmündet, die ihrer
Lage nach bestimmt ist, den Verkehr mit den Vororten
Ostheim, Gaisburg, Wangen u. s. w. aufzunehmen. Gleich
zeitig bleibe das Katharinenstift von dem äußerst lästigen
Lärm einer Hauptverkehrsstraße verschont. Nach den
bisherigen Verhandlungen mußte allerdings die Durch
führung der Schillerstraße als sicher vorausgesetzt werden.
Es wurde des weiteren der Ruf der Entrüstung darüber
laut, daß mancher der alten Bäume bei dem neuen Theater
bau fallen muß. Da ist doch entschieden zu betonen, daß
in zwingenden Fällen einer großzügigen, dauernden An
lage kleinere W erte zum Opfer fallen müssen. Mit klein
lichen Ideen läßt sich nie etwas Großes erreichen. Im
allgemeinen wird man doch in einer Parklandschaft ein
zu erstellendes Gebäude nicht auf die freien Flächen
setzen, sondern dasselbe so stellen, daß eine freie Fläche
dasselbe besser zur Geltung kommen läßt. Man wird also
in diesem Falle einzelne Bäume oder eine Gruppe derselben
opfern, wenn es nicht anders geht. Es ist kurzsichtig,
nun von Pietätlosigkeit oder dergleichen zu reden. Es
gibt eben nur zwei Arten von Pietät, die eine, echte,
immer der Größe dienend, die andre ängstlich, ent
wicklungsfeindlich. Sie haben beide ein Recht, die
warnende Stimme zu erheben, kümmern kann uns nur
der Vorwurf der einen. Das Bild der Anlagen strahlt
von Größe und Schönheit; man wird nun die Durch
schneidung der Anlagen durch große Verkehrsstraßen
hinnehmen, ohne darin eine besondere Pietätlosigkeit zu
erblicken, denn der Verkehr ist der Allgewaltige von
heute, unter dessen Herrschaft kein Platz ist für Gefühle.
Daß mit der Durchlegung der Straße ein Wesentliches
der Anlagen zerstört wird, dürfte nachher noch vielen
fühlbar werden. Das Verlangen, einen Park in so augen
fälliger Weise in zwei Teile zu zerschneiden, kann nur
dann erträglich sein, wenn aus der Erfüllung künstlerisch
Neues, schöpferisch Positives entsteht.
In dem Fischerschen Projekt glauben wir folgende
Gesichtspunkte zu finden: Die Trennung, welche die
breite Verkehrsstraße herbeiführen wird, muß als solche
frei und offen anerkannt und künstlerisch ausgebildet
werden. Die Anlagen verlieren ihre Zusammengehörigkeit;
der innere Teil wird von selbst wieder viel mehr seinem
ursprünglichen kompositioneilen Zusammenhang mit seiner
Basis, der Seitenfassade des Kgl. Schlosses, anheimfallen
und mit dem Kgl. Privatgarten um so leichter zu einer
Einheit zusammenwachsen, wenn die Schloßgartenstraße
dadurch, daß sie den Last- und Trambahnverkehr an die
neue Parallelstraße abgibt, ihren unschön trennenden
Charakter verliert. Prof. Fischer will nun diesem neuen
Platz vom Schloßflügel bis zur neuen Verkehrsstraße im
Gegensatz zu der außerhalb beginnenden freien Park
landschaft den Charakter einer monumentalen strengen
Gartenanlage geben in Uebereinslimmung mit der heute
einsetzenden Entwicklung der Gartenbaukunst. Zunächst
wäre also die Regellosigkeit des Gebüsches und der