16. November 1907
BAUZEITüNö
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Kleinen Kirche übertragen. Der Brunnen steht seit zwei
Jahren.
Die Stadt Karlsruhe hat an die Firma Wälder hier
Entwurf und Ausführung des städtischen Lagerhauses
mit Siloanlage am Karlsruher Hafen übertragen. Als
Architekt war damals Herr P. W. Kauschenberg (jetzt
wieder in Bremen) tätig. Der Bau, der in seiner Größe
das Hafengebiet beherrscht, steht seit einigen Jahren.
Die Stadt Karlsruhe hat Anfang dieses Jahres dem
Architekten Zinser hier Entwurf und Ausführung der
Erweiterung des hiesigen Schlachthofes übertragen. Be
gründet wurde diese Uebertragung vom Oberbürgermeister
in der Gemeinderatssitzung damit, daß die städtischen
technischen Beamten mit laufenden und andern Arbeiten
zurzeit überlastet seien und daß in diesem ganz besonderen
Falle Herr Zinser, der als Spezialist auf diesem Gebiet
bereits für die Stadt schon früher tätig gewesen sei, im
stande sei, billiger zu arbeiten, als es die Stadt durch
ihre Beamten könne.
In allen den angeführten Fällen handelte es sich um
große Objekte, namentlich bei den Bauten mit teilweise
sehr großen Bausummen. — Der Theaterbau und die
Ausstellungshalle der Herren Curjel & Moser dürfte eins
der größten Bauprojekte der Stadt im letzten Jahr
zehnt sein.
Wenn hiernach aber auch anzuerkennen ist, daß die
Stadt Karlsruhe bei den größeren künstlerischen Bauten
und den Gegenständen, die nicht in das reine Gebiet der
technischen Verwaltungen fallen, hiesige Firmen und Kräfte
heranzieht und, wie es scheint, auch auf diesem Wege
fortzuschreiten gedenkt, so ist dieser Weg doch noch
kein vollkommen richtiger. Es werden zurzeit von der
Stadt nur die großen Firmen und Künstler herangezogen,
die durch ihre anderweitigen Ausführungen bekannt sind.
Wenn nun auch zugegeben werden muß, daß bei Aus
führung die Stadt eine Gewähr durch frühere Aus
führungen wünscht, so ist das doch nicht nötig bei Ent
würfen. Es sollte die Stadt auch da, wo es sich zunächst
nur um die Erlangung von Entwürfen handelt, sich nicht
auf die wenigen Großarchitekten beschränken, sondern
sie sollte auch den Einzelkünstlern und den jungen
strebenden Kräften die Möglichkeit geben, sich an den
künstlerischen Bauaufgaben ihrer Stadt zu beteiligen.
Außerdem sollte die Stadt nicht nur die größten, sondern
auch die mittleren und kleinen Bauaufgaben den Privat
architekten überlassen und ihren Beamten vorwiegend das
Gebiet der technischen Verwaltung zuweisen.
Die Ortsgruppe Karlsruhe hat die Erringung dieser
Aussiohtsturm bei Pfullingen Architekt Prof. Theod. Fischer
Ausführung in Eisenbeton Luipold & Schneider, Stuttgart
zwei letzten Ziele in ihre Arbeitstätigkeit mit aufgenommen.
Sie bittet, daß der Bund Deutscher Architekten in ihrem
Streben sie dadurch unterstützt, daß er ihr ebenfalls das
Material, welches jetzt zunächst der Ortsgruppe Kiel
zufließt, zugängig macht, damit sie es bei ihren dem-
nächstigen Verhandlungen bei der Stadt benutzen kann.
(gez.) A. Neumeister.“
Baukunst auf der Mannheimer Jubiläumsausstellung 1907
Von Regierungsbaumeister Er.-Ing. Eberbach-Mannheim
V.
Ob ein Vergnügungspark ein unbedingt nötiger Be
standteil einer Ausstellung ist, ist wohl manchem zweifel
haft. Insbesondere scheint bei einer nach rein künst
lerischen Gesichtspunkten veranstalteten Ausstellung, einer
Kunst- und Gartenkunstausstellung die Anlage eines nur
dem Vergnügen gewidmeten Anhanges überflüssig. Es
dünkt uns aber, als wirke das Verweilen und Umher
schlendern auf solcher Stätte nach einem ernsten, immer
ermüdenden Studium von Kunstschöpfungen ausspannend,
erfrischend, und auch vermöge des sich zeigenden Gegen
satzes von Natur und Kunst recht anregend. Auch der
Liebhaber dramatischer Kunst will ja nicht immer klassische
Dramen und klassische Opern sehen und hören, es ver
langt ihn auch manchmal nach den Schöpfungen der
leichten Muse, nach Stücken, in denen lächelnden Mundes
die Wahrheit gesagt wird. Nach Anstrengungen des
Geistes und Gemüts leichte Unterhaltung, ein beschauliches
Sichgehenlassen. So ist der Vergnügungspark der Ort
der Abwechslung, geistigen Ausruhens nach ernster Arbeit
auf dem Gebiet der Kunst. Dem künstlerisch fühlenden
Besucher kann er noch mehr, nämlich eine wertvolle
Ergänzung des Bildes sein. In den Kunststätten steht
mancher in scheuer Ehrfurcht da, der erst hier am
fröhlichen Tummelplatz auftaut. Hier ist, wie der Dichter
sagt, des Volkes wahrer Himmel, und hier ist es, wo
zufrieden groß und klein jauchzt, menschlich denken,
fühlen und — tollen zu dürfen. Hier sehen wir in neuer
Darstellung Goethes Volksszenen vor dem Tor am Oster
tage, den ehrsamen Spießbürger, der Verwaltung und
Ausstellungsleitung in einer wenig schmeichelhaften Weise
in Beziehung zum Steuerzettel bringt, die vergnügungs
lustige junge Welt, den Handwerker und den Soldaten,
den Bauern aus dem fernen Dorf und Sonntags im Putz
diejenigen, deren Hände heute — nicht mehr Samstags
den Besen führen. Vom künstlerischen Standpunkt aus
ist also eine derartige Anlage nicht anzugreifen, besonders
wenn, wie hier, auch in der Einzelausbildung sich künst-