23. November 1907
BAUZBITUNG
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es wird aber auch in der Nähe des neuen Bahnhofs eine
ganze Reihe weiterer entstehen. Alle seitherigen An
lagen und die künftigen in der Nähe des Bahnhofs eignen
sich aber durch ihre Lage, welche Gärten bei den Hotels
ausschließen, nicht zu dem, was in Stuttgart am meisten
fehlt, zu Familienhotels. Es wird in Stuttgart, be
sonders in letzter Zeit, so viel darüber geklagt, daß
Fremde sich hier nicht auf halten. Wenn man sich um
siebt, so muß zugestanden werden, daß zwar für Durch
reisende gute Hotelanlagen bestehen, aber nirgends ist
ein ausgesprochenes Familienhotel mit Gartenanlage.
Ein nicht genug zu schätzender Vorteil der Lage
Stuttgarts ist sein mildes Klima im Frühjahr und Spät
jahr, auch der Winter ist meist in Stuttgart milder und
angenehmer als in den meisten deutschen Städten. Aus
dieser Eigenschaft gehört Kapital geschlagen, indem
Fremden der Aufenthalt in diesen Jahreszeiten durch
Schaffen von geeigneten Familien- und Parkhotels mög
lich gemacht wird.
Keine Lage von Stuttgart ist so sehr geeignet für
Parkhotels, besonders mit Rücksicht auf den neuen
Bahnhof, als die Lage beim Marstall. Es erscheint aus
geschlossen, daß hier Hotelaulagen mit großen Höfen
ausführbar sind, denn diese müßten die Mehrzahl ihrer
Zimmer nach dem Hof anlegen. Es sollten vielmehr
unter möglichster Beschränkung des Bauterrains bei den
Parkhotels auf dem Terrain des Marstalls offene Bau
blöcke mit Terrassen und Gärten gegen die Südlage im
Zusammenhang mit den Kgl. Anlagen erstellt werden.
Dadurch wird ein angenehmes Wohnen zur Frühjahrs
und Spätjahrszeit für Fremde möglich. Es wird der
K. Anlagen zwischen dem oberen und
den unteren Anlagenseen, Planskizze
Baugrund dadurch wertvoller werden, als wenn zu tiefe
Baublöcke entstehen, welche nur durch Hofbildungen
ausgenutzt werden können.
In dem von dem Unterzeichneten entworfenen Plan
ist der ganze neu zu erbauende Theaterkomplex in der
Front der Neckarstraße angenommen. Es müssen einige
Häuser bis zur Münze erworben und niedergelegt werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite ist das Marstallprojekt
nicht so tief ausgenutzt, wie in dem von der Kommission
angenommenen Projekt. Damit ist aber erreicht, daß der
obere und wichtigste Teil der Anlagen in seiner jetzigen
Ausdehnung zum größten Teil erhalten bleibt, ja sogar
gegen den Marstall noch erbreitert wird.
Dieser Plan mag auf den ersten Blick kühn erscheinen,
bedenkt man aber, daß durch das Wegschneiden des
vierten Teils der Anlagen vom Königstor bis zur
Kgl. Meierei und durch die Verwertung des Marstall-
areals zu bestgelegenen Parkhotels große Summen ge
wonnen werden, so dürfte der Aufwand für die weg
fallenden Häuser an der Neckarstraße reichlich aus
geglichen sein.
Für eine Monumentalbauanlage von der Bedeutung
eines Opern- und Schauspielhauses muß eine völlig ein
wandfreie Lage verlangt werden.
Im Kommissionsprojekt sind die Eingänge, sowohl
für das Opern- als für das Schauspielhaus, gezwungen
und genügen nicht dem großen Verkehr, wie er bei An
fang und Schluß der Theater stattfindet. Die Lage zur
Straßenbahn ist nicht flächig und direkt genug. Durch
das Rückliegen des Verwaltungsgebäudes und des Schau
spielhauses hinter die Hauser der Neckarstraße haftet
dem Projekt ein gewisser Hinterhauscharakter an, welcher
unter allen Umständen vermieden werden sollte.
Wenn es unsrer Zeit vergönnt ist, solch große Auf
gaben zu lösen, so muß die Lösung die Kritik aller
Zeiten aushalten können. Baurat 0. Hengerer
Jurist oder Techniker?
In Nummer 44 unsrer Zeitung hatten wir infolge
Erscheinens einiger Artikel in Stuttgarter Tagesblättern
um Zuschriften über genannte Frage bezüglich der Be
setzung der Baupolizeivorstandsstelle gebeten. Der Stand
punkt der Redaktion wurde schon in früheren Nummern
genügend zum Ausdruck gebracht. Doch glaubten wir
nochmals Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch geben
zu sollen. Wir erhalten folgende Zuschrift:
Vor einigen Wochen erschien im „ Schwäb. Merkur“ ein
Aufsatz über Reform der Stuttgarter Baupolizei, an
scheinend aus juristischer Feder, in dem neben manchem
Richtigen auch sehr viel Unzutreffendes zu finden war.
Namentlich schien der Verfasser über den Bildungsgang der
Techniker wenig orientiert zu sein, und wir nahmen deshalb
schon damals die Gelegenheit wahr, in derselben Tages
zeitung einige besonders auffallende Punkte zu berichtigen.
Auf Grund seiner unrichtigen Anschauungen über das
Wissen und Können der Techniker kam jener Jurist
natürlich zu dem Schluß, daß nur der Jurist zur Stellung
eines Baupolizeivorstands berufen sein könne. Wir sind
nun andrer Ansicht, wir meinen: auf diesen Posten ge
hört ein Techniker. Unter Techniker möchten wir aber
nur den höhergeprüften Techniker verstanden wissen,
denn nur ein solcher wäre, nach unsrer Ansicht, kraft
seiner allgemeinen Bildung und der ihm daraus er
wachsenden sozialen Stellung imstande, seinen juristi
schen Kollegen in der Gemeindeverwaltung die Wage
zu halten.
Für die Richtigkeit unsrer Ansicht wählen wir den
Weg des indirekten Beweises, indem wir die Behaup
tungen des Verfassers jenes Artikels Punkt für Punkt
zu widerlegen suchen.
Gleich eingangs sagt er unter anderm, der Techniker