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BAÜZBITUNG
Nr. 47
Pulverturm Konstanz Kheintorturm
Zeichnung von Diplomingenieur H. Wielandt, Konstanz
sei schon deshalb weniger geeignet, weil er ja niemals
in württ. Bauordnung geprüft werde. Nun, dies wissen
wir, die wir das zweite Staatsexamen hinter uns haben,
besser. Kaum dürfte wohl in dieser Materie eingehender
geprüft werden können! Und daß der Techniker auch
späterhin diesen Zweig seines Wissens nicht vernach
lässigt, beweist mir der Ausspruch eines juristischen
Prüfungskommissars, der zu uns Kandidaten sagte: „In
der Bauordnung müßten eigentlich meine technischen
Kollegen prüfen, diese sind dort doch besser zu Hause
als wir Juristen.“
Ferner soll der Jurist vermöge seiner allgemeinen
Bildung und seines schärferen logischen Denkvermögens
besonders für fragliche Stellung qualifiziert sein. Nun,
das sind ja alteingewurzelte Vorurteile, deren Bekämpfung
Ehrensache aller andern Berufsstände sein sollte. Zuerst
die allgemeinere Bildung des Juristen; man vergleiche
doch einmal die Frequenzlisten der allgemeinbildenden
Fächer auf Technischer Hochschule und Universität.
Gelegenheit, solche Fächer zu hören, ist auf der ersteren
Hochschule ebenso reichlich vorhanden wie auf der andern,
und daß diese Gelegenheit eifriger benutzt wird als auf
der Universität, dafür ist nicht schwer der Beweis zu
erbringen. Und dann das schärfere logische Denkver
mögen! Als ob die mathematische Vorbildung des Tech
nikers das Denkvermögen nicht mindestens ebenso schule
wie das Studium der verschiedenen Gesetzbücher! Im
übrigen glauben wir nicht, daß der Vorstand der Bau
polizei sehr häufig in die Lage kommen wird, spitzfindige
juristische Fragen zu entscheiden. Treten je einmal solche
an ihn heran, dann werden eben juristische Sachverständige
gefragt. Genau ebenso wie bei Prozessen in technischen
Angelegenheiten technische Sachverständige gehört werden
und wohl kein Jurist den Ehrgeiz besitzen wird, in rein
technischen Fragen selbständig entscheiden zu wollen.
Faßt man allerdings die Stellung eines Baupolizei
vorstands derart auf, daß der Inhaber derselben sich
darauf beschränkt, Baugesuche, die auf ihre formelle
Richtigkeit von einem niedergeprüften Techniker geprüft
werden, zu entscheiden — nun, dann genügt allerdings
ein Jurist als Verwaltungsmann. Wir meinen aber, der
Techniker könnte in dieser Stellung sehr wohl auch positiv
tätig sein, er könnte nach Kräften darauf hinwirken,
daß nach einem großen einheitlichen Gedanken, ent
sprechend den Grundsätzen der modernen Haus- und
Städtebaukunst, gebaut wird. Ein solcher Baupolizei
vorstand würde niemals eine Bauweise zulassen, wie sie
seinerzeit auf der Stützenburg mit so erschreckendem
Erfolg angewendet wurde. Nicht ein schroff abweisender
Polizeibeamter sollte es sein, sondern ein wohlwollender
und verständiger Berater für alle, die bauen wollen. Aller
dings ein schöpferisch tätiger Architekt wäre wohl für
diesen Posten kaum zu gewinnen, darin pflichten wir
dem mehrfach zitierten Juristen bei. Ist aber auch gar
nicht nötig. Ein Künstler müßte er sein, gewiß, aber
ohne schöpferisch tätig zu sein, ein solcher würde in
Bälde wegen Mangels an Betätigung verkümmern. Allein
es gibt gewiß nicht wenig künstlerisch fein empfindende
Architekten, denen die theoretische, mehr kritisierende
Seite ihres Berufes näherliegt als die praktische. Sagt
man doch: ein Architekt, der zu „schreiben“ anfängt,
hört auf zu „schaffen“. Für solche Künstler wäre die
Stellung eines Baupolizeivorstands wie geschaffen. W. F.
Aussichtstürme
Wir geben heute eine,Fortsetzung von Beispielen der
in voriger Nummer behandelten Aussichtstürme und fügen
einige Abbildungen von alten Türmen bei, die unsern
Lesern als Vergleich willkommen sein werden.
Yereinsmitteilimgen
Architekten-Klub Stuttgart. Versammlung am
18. November 1907. In der gutbesuchten Versammlung,
in der auch eine Anzahl der jüngeren Stuttgarter Archi
tekten vertreten war, wurde zunächst die Frage des
Vereinsanschlusses an den Bund Deutscher Architekten