Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

374 
BAÜZBITUNG 
Nr. 47 
Pulverturm Konstanz Kheintorturm 
Zeichnung von Diplomingenieur H. Wielandt, Konstanz 
sei schon deshalb weniger geeignet, weil er ja niemals 
in württ. Bauordnung geprüft werde. Nun, dies wissen 
wir, die wir das zweite Staatsexamen hinter uns haben, 
besser. Kaum dürfte wohl in dieser Materie eingehender 
geprüft werden können! Und daß der Techniker auch 
späterhin diesen Zweig seines Wissens nicht vernach 
lässigt, beweist mir der Ausspruch eines juristischen 
Prüfungskommissars, der zu uns Kandidaten sagte: „In 
der Bauordnung müßten eigentlich meine technischen 
Kollegen prüfen, diese sind dort doch besser zu Hause 
als wir Juristen.“ 
Ferner soll der Jurist vermöge seiner allgemeinen 
Bildung und seines schärferen logischen Denkvermögens 
besonders für fragliche Stellung qualifiziert sein. Nun, 
das sind ja alteingewurzelte Vorurteile, deren Bekämpfung 
Ehrensache aller andern Berufsstände sein sollte. Zuerst 
die allgemeinere Bildung des Juristen; man vergleiche 
doch einmal die Frequenzlisten der allgemeinbildenden 
Fächer auf Technischer Hochschule und Universität. 
Gelegenheit, solche Fächer zu hören, ist auf der ersteren 
Hochschule ebenso reichlich vorhanden wie auf der andern, 
und daß diese Gelegenheit eifriger benutzt wird als auf 
der Universität, dafür ist nicht schwer der Beweis zu 
erbringen. Und dann das schärfere logische Denkver 
mögen! Als ob die mathematische Vorbildung des Tech 
nikers das Denkvermögen nicht mindestens ebenso schule 
wie das Studium der verschiedenen Gesetzbücher! Im 
übrigen glauben wir nicht, daß der Vorstand der Bau 
polizei sehr häufig in die Lage kommen wird, spitzfindige 
juristische Fragen zu entscheiden. Treten je einmal solche 
an ihn heran, dann werden eben juristische Sachverständige 
gefragt. Genau ebenso wie bei Prozessen in technischen 
Angelegenheiten technische Sachverständige gehört werden 
und wohl kein Jurist den Ehrgeiz besitzen wird, in rein 
technischen Fragen selbständig entscheiden zu wollen. 
Faßt man allerdings die Stellung eines Baupolizei 
vorstands derart auf, daß der Inhaber derselben sich 
darauf beschränkt, Baugesuche, die auf ihre formelle 
Richtigkeit von einem niedergeprüften Techniker geprüft 
werden, zu entscheiden — nun, dann genügt allerdings 
ein Jurist als Verwaltungsmann. Wir meinen aber, der 
Techniker könnte in dieser Stellung sehr wohl auch positiv 
tätig sein, er könnte nach Kräften darauf hinwirken, 
daß nach einem großen einheitlichen Gedanken, ent 
sprechend den Grundsätzen der modernen Haus- und 
Städtebaukunst, gebaut wird. Ein solcher Baupolizei 
vorstand würde niemals eine Bauweise zulassen, wie sie 
seinerzeit auf der Stützenburg mit so erschreckendem 
Erfolg angewendet wurde. Nicht ein schroff abweisender 
Polizeibeamter sollte es sein, sondern ein wohlwollender 
und verständiger Berater für alle, die bauen wollen. Aller 
dings ein schöpferisch tätiger Architekt wäre wohl für 
diesen Posten kaum zu gewinnen, darin pflichten wir 
dem mehrfach zitierten Juristen bei. Ist aber auch gar 
nicht nötig. Ein Künstler müßte er sein, gewiß, aber 
ohne schöpferisch tätig zu sein, ein solcher würde in 
Bälde wegen Mangels an Betätigung verkümmern. Allein 
es gibt gewiß nicht wenig künstlerisch fein empfindende 
Architekten, denen die theoretische, mehr kritisierende 
Seite ihres Berufes näherliegt als die praktische. Sagt 
man doch: ein Architekt, der zu „schreiben“ anfängt, 
hört auf zu „schaffen“. Für solche Künstler wäre die 
Stellung eines Baupolizeivorstands wie geschaffen. W. F. 
Aussichtstürme 
Wir geben heute eine,Fortsetzung von Beispielen der 
in voriger Nummer behandelten Aussichtstürme und fügen 
einige Abbildungen von alten Türmen bei, die unsern 
Lesern als Vergleich willkommen sein werden. 
Yereinsmitteilimgen 
Architekten-Klub Stuttgart. Versammlung am 
18. November 1907. In der gutbesuchten Versammlung, 
in der auch eine Anzahl der jüngeren Stuttgarter Archi 
tekten vertreten war, wurde zunächst die Frage des 
Vereinsanschlusses an den Bund Deutscher Architekten
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.