7. Dezember 1907
BAUZBITÜNG
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Krankenhaus in Plochingen. Obergeschoß
stattung, welche, soweit sie nicht dem Mobiliar des bis
herigen Ritterzimmers entnommen werden konnte, eine
Schenkung der Herzogin Wera bildet. Eine Türe führt
hinaus auf eine geräumige Plattform, die Decke der
äußeren Hälfte des Operationszimmers, von welcher aus
man den terrassenförmig ansteigenden, kunstvoll angelegten
Zier- und Gemüsegarten, welcher sich bis an die Grenze
der Weinberge hinauf erstreckt, übersehen kann.
Auf der Terrasse zur rechten Seite steht eine als
Isoliergebäude für ansteckende Krankheiten bestimmte
ausgemauerte Wellblechbaracke mit Raum für 14 Betten
und Wärterzimmer, zu welcher man vom rechten Flügel
des Hauses her auf mäßig ansteigendem Fahrweg gelangt,
während auf der linken Seite das Waschhaus mit dem
dahinter angebauten Hühnerstall und dem Hühnerhof liegt.
Nach hinten und oben von diesem steht das Leichenhaus.
Es gleicht äußerlich einer kleinen Kapelle und enthält
vorn den Obduktions-, hinten den Aufbahrungsraum. Treten
wir zurück in das Ritterzimmer, welches den Mitgliedern
der Genossenschaft bei Besuchen und Konventssitzungen
als Aufenthalt dient, so kommen wir zunächst wieder in
den langen und hellen, die Hinterfront des Hauses ein
nehmenden, durch die Treppe geteilten und durch Wind-
Hügel abgeschlossenen Gang, der demjenigen des 1. Stockes
entspricht.
Auch im 2. Stockwerk haben wir neben der Treppe
ein Badezimmer mit zwei Wannen; aber im 1. Stock
befindet sich noch ein zweites Badezimmer am Nordende
der Flur, ebenfalls mit zwei Wannen, so daß das Haupt
gebäude im ganzen über sieben Wannenbäder verfügt. Die
Hauptzimmerflucht liegt gegen Südwest, entsprechend der
Vorderfront des Hauses. Bei der Einteilung der Kranken
zimmer ist auf Antrag des Hausarztes darauf Bedacht
genommen worden, möglichst viele Zimmer mit ein und
zwei Betten zu schaffen und die Ausstattung der Kranken
zimmer so zu gestalten, daß sie einen angenehmen und
behaglichen Aufenthalt gewähren können. Die Zimmer
der I. Klasse mit ihren hübschen Eichenmöbeln und
Polstergarnituren bieten schon einen gewissen Komfort
und werden auch verwöhnteren Ansprüchen genügen,
während die Zimmer der II. Klasse zwar einfacher ge-
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_ Stuttgart
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halten, aber durchaus gemütlich und wohnlich eingerichtet
sind. Die Königin hat in höchst dankenswerter Weise
durch Schenkung einer großen Anzahl hübscher Bilder
dafür gesorgt, daß der Blick der Kranken auf den hohen,
mit weißer, leicht ins Bläuliche tönender Lackfarbe ge
strichenen Wänden eine angenehme Abwechslung findet
und die Eintönigkeit des Krankenzimmers wohltuend be
lebt wird.
Nur bei den Eckzimmern der Vorderfront des Hauses
ist von der erwähnten Anordnung Abstand genommen
worden. Sie sind geräumiger als die andern Zimmer
und für vier Betten gerichtet. Der Vorzug dieser vier
Eckzimmer ist aber der, daß man von ihnen aus unmittel
bar auf einen glasverandaartigen, in die Heizung ein
geschlossenen Vorbau hinaustreten kann. Die Vorbauten
sind als Liegehallen für Blutarme, Brust- und ähnliche
Kranke gedacht. Sie sichern denselben Luft, Sonne,
Licht und Bewegungsfreiheit. Neben diesen saalartigen
Krankenstuben gibt es noch mit Fenstern nach der Seite
des Hauses gegen Osten je ein Kinderzimmer mit vier
Betten auf jedem Stock. Im 2. Stock befinden sich
außerdem noch zwei Schwesterzimmer mit zusammen drei
Betten.
Im ganzen wird das Krankenhaus zunächst über
20 eingerichtete Krankenzimmer und eine Irrenzelle mit
46 Betten verfügen, zu welchen noch die 12 Betten der
Isolierbaracke kommen werden. In Zeiten aber, zu
welchen erhöhte Anforderungen an das Krankenhaus ge
stellt werden möchten, etwa beim Ausbruch eines Krieges,
wird es nicht unmöglich sein, die Belegfähigkeit des
Hauses noch um ein erhebliches zu steigern.
Eine Treppe höher im Dachgeschoß liegt noch eine
ganze Anzahl schmucker, hoher und stattlicher Räume
(im ganzen ] 8). Geradeaus treten wir in eine als künf
tiges Wohnzimmer des Assistenzarztes gedachte große
helle Stube, neben welcher sich ein geräumiger Schlaf
raum befindet. Ein Blick durchs Fenster gewährt eine
prächtige Fernsicht. Die übrigen im Dachgeschoß ge
legenen Zimmer sollen teilweise als Schlafräume für
das Dienstpersonal und als Vorratsräume, zum Teil auch
noch als Krankenzimmer Verwendung finden.